Der letzte Test vor dem Zweitliga-Start ist geglückt – nicht nur mit einem Blick auf das Ergebnis: Der 1. FC Köln hat gegen den Ligakontrahenten VfL Bochum mit 2:1 gewonnen und kann dabei vor allem auf eine starke erste Hälfte zurückblicken. So gelungen die ersten 45 Minuten jedoch waren, so wacklig geriet der Auftritt nach dem Seitenwechsel. Insbesondere in Sachen Spielkontrolle ließ der effzeh jene Qualitäten vermissen, die ihn vor der Pause überzeugend agieren ließen.
“Die erste Hälfte war richtig gut, da können und müssen wir sogar ein, zwei Tore mehr erzielen. Das haben die Jungs sehr ordentlich und engagiert gemacht”, sagte Markus Anfang nach Spielende. “In die zweite Hälfte sind wir schleppender reingekommen, hatten dann eine Phase, die ok war, ehe es am Ende schwierig wurde und Bochum es gut gemacht hat“, zog der effzeh-Coach ein gemischtes Fazit nach den 90 Minuten im Franz-Kremer-Stadion. Einige Eindrücke konnten im liga-internen Duell gewonnen werden – wir versuchen sie aufzudröseln.
Die Marschroute des 1. FC Köln bleibt bestehen
Gerade in der ersten Halbzeit zeigte der 1. FC Köln nicht nur eine ansprechende Leistung, sondern auch den bekannten Weg dorthin auf. Hohes, aggressives Anlaufen des Gegners bereits weit in dessen Hälfte, schnelles Umschalten nach Ballgewinn und spielerisches Herauskombinieren aus der eigenen Deckung heraus: Das sind die Hauptzutaten des Kölner Spiels, das vor allem in der Anfangsphase herausragend funktionierte. Wenn es gelingt, den eigenen Druck hochzuhalten und das gegnerische Pressing zu überspielen, dann wird es in der 2. Bundesliga jeder Gegner schwer haben.
Besonders wichtig dabei: Das entsprechende Anlaufverhalten, das neben dem ewig emsigen Jhon Cordoba auch Simon Terodde zeigte. Immer wieder verlangte effzeh-Coach Anfang lautstark hohes Engagement seiner beiden Stürmer und auch der Mittelfeldreihe dahinter. Das gelang oft gut und sorgte sowohl für einige frühe Ballgewinne weit in der Bochumer Hälfte als auch sehenswerte Kombinationen. Tore entstanden daraus nicht, diese fielen im Anschluss an Standardsituationen, doch gute Chancen konnte sich der effzeh erspielen. Gerade auf der rechten Seite ergaben sich so größere Räume, die allerdings nicht immer optimal genutzt wurden.
Die Neuzugänge zeigen ihre Qualitäten
Im Spielaufbau dagegen präsentierte sich die Anfang-Elf in den ersten 45 Minuten häufig einfallsreich und ohne größere Fehler. Dabei im Fokus: Johannes Geis, der immer wieder mit geschickten Seitenverlagerungen (meist mit einem Kontakt) das angedachte Pressing der Bochumer ins Leere laufen ließ. Apropos Laufen: Der Neuzugang zeigte sich zwar passsicher und recht druckresistent, muss am passenden Freilaufverhalten jedoch noch arbeiten. Dennoch wurde Geis während der Partie des Öfteren gesucht und wirkte trotz der kurzen Zeit im Teams bereits angemessen integriert. Nach dem Seitenwechsel, das muss auch gesagt werden, verlor allerdings auch der Mittelfeldstratege den Zugriff aufs Spiel.
Auch in den Zweikämpfen war Geis längst nicht so präsent, wie es für einen Sechser in der 2. Bundesliga möglicherweise notwendig sein dürfte – ganz im Gegenteil zu Florian Kainz: Der zweite effzeh-Neuzugang in diesem Winter war auf der linken Außenbahn vor allem defensiv auffällig, überraschend viele Zweikämpfe entschied der Österreicher im Rückwärtsgang für sich und machte seine Seite im Zusammenspiel mit Jonas Hector, der als linker Innenverteidiger agierte, größtenteils dicht. Im Angriffsspiel war Kainz zumeist als Kombinationsspieler gefragt, konnte im Alleingang nur wenige Akzente setzen. So bereitete er mit einer wohltemperierten Flanke Hauptmanns Großchance vor – viel mehr stand noch nicht zu Buche.
Zwei Gewinner bei den „Etablierten“
Nicht nur die Neuzugänge konnten sich bei der Generalprobe gegen Bochum in den Vordergrund spielen, auch einige eher eingesessene Akteure machten auf sich aufmerksam. Allem voran überzeugte Jhon Cordoba auf ganzer Linie: Gegen den Ball mit enormen Laufpensum war der Kolumbianer an nahezu allen gefährlichen Situationen beteiligt und zeigte sich gleich zweimal extrem aufmerksam und kalt vor dem gegnerischen Tor. Auch im Kombinationsspiel war der Angreifer ein wichtiger Faktor, machte Bälle fest, leitete diese weiter und stellte den Gegner im direkten Zweikampf vor schier unlösbare Aufgaben. In dieser Form kann der effzeh auf Cordoba nicht verzichten!
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Das gilt auch für einen Kölner Spieler, der im ersten Halbjahr der Saison einen schweren Stand hatte: Niklas Hauptmann, bisher noch nicht so recht in Köln angekommen, bewies gegen Bochum erstmals, warum die „Geißböcke“ für ihn über drei Millionen Euro nach Dresden überwiesen haben. Laufstark, passsicher und aggressiv gegen den Ball: Der Mittelfeldmann war in der starken ersten Halbzeit der Antreiber im Kölner Team. Kaum verwunderlich, dass er geistesgegenwärtig die frühe Führung vorbereitete. Auch wenn ihm bei weitem nicht alles gelang und er gerade im letzten Drittel noch geradliniger werden kann: Hauptmann dürfte im Moment in der Mittelfeldzentrale neben Dominick Drexler die Nase vorn haben.
Probleme mit der Konstanz bleiben
Schon im ersten Halbjahr war es eine der schwierigen Aufgaben, regelmäßig die vorhandenen PS des Kaders auch auf die Straße zu bringen. Ein ähnliches Bild zeigte sich auch beim Test gegen den VfL Bochum: Erdrückte der effzeh die Gäste in der ersten Halbzeit förmlich und hätte durchaus höher als 2:0 führen können, wenn nicht sogar müssen, war der Faden nach der Pause komplett gerissen. In der Defensive schlichen sich wieder einmal Flüchtigkeitsfehler ein, die allerdings bis auf Ganvoulas Distanzschuss nach Fehlpass des eingewechselten Serhou Guirassy folgenfrei blieben. Auch im Spiel nach vorne offenbarten sich große Probleme, blieb der Ball doch in der zweiten Halbzeit kaum mehr über mehrere Stationen in den eigenen Reihen.
So konnte der effzeh dem Druck der Bochumer auf Dauer nur mit großer Mühe standhalten und hatte Glück, als Ganvoula erst mit einem satten Fallrückzieher an Horn scheiterte und dann im Nachsetzen die Präzision fehlte. Gerade solche Phasen der Passivität waren den „Geißböcken“ im ersten Halbjahr der Saison noch zu oft unterlaufen und hatten in Verbindung mit individuellen Fehlern für einigen Schaden gesorgt. Dass die übliche Wechselarie nach einer Stunde auf der einen und eine Viertelstunde vor Schluss auf der anderen Seite den Spielfluss noch mehr einbremste, kam dem effzeh gerade in der Abwehrarbeit doch zupass. Viel ließen die Kölner in der Schlussphase nämlich nicht mehr zu.
Flexibiliät wahren als Aufgabe
Mit den Wechseln zog auch eine taktische Umstellung ein: Begann die Anfang-Elf im mittlerweile gewohnten 3-5-2-System, ging es für die restliche Zeit in der eigentlich bevorzugten 4-1-4-1-Formation zur Sache. Das erforderte von den Spielern einmal mehr Flexibilität: Hector ging von der linken Innenverteidigerposition auf die Achterposition, einzig Johannes Geis, der über die vollen 90 Minuten eingesetzt wurde, sicherte vor der Abwehr ab. Schon zuvor hatte Anfang einige Akteure auf interessanten Position getestet: Kainz beispielsweise beackerte die linke Seite als Wingback allein – eine Rolle, die er zuletzt in Bremen seltenst einnehmen musste. Auch Hector, der gegen Union Berlin in einer Woche gesperrt fehlen wird, wurde in der Dreierkette eher positionsfremd eingesetzt und sollte wohl einen Dummy für den verletzten Czichos geben. Positionelle wie taktische Flexibilität: Die gilt es für den effzeh im anstehenden Halbjahr auf den Platz zu bringen – das dürfte noch so manche Überraschung für einzelne Spieler und die Zuschauer mit sich bringen.