Insgesamt ist es in der Arbeit mit einer Mannschaft bedeutend schwieriger, eine auf Prinzipien zu beruhende Spielidee zu entwickeln, die sich um das Agieren im eigenen Ballbesitz dreht. Nimmt man das Vier-Phasen-Modell aus der Ajax-Schule als Grundlage, scheint es am einfachsten, eine Mannschaft aufzubauen, die sich insbesondere im Arbeiten gegen den Ball und im Kontern nach Ballgewinn am wohlsten fühlt.
Was getan werden muss, wenn eine Mannschaft selbst den Ball hat und ihn verliert, erfordert deutlich mehr intensives Arbeiten und vor allem auch die entsprechenden Spielertypen, die die ihnen zugedachten Rollen ausfüllen können. Dass der 1. FC Köln in jedem Spiel in der 2. Bundesliga in der Lage ist, sich Torchancen herauszuarbeiten und diese auch zu nutzen, ist ein Fakt – die Qualität in der Offensive ist so groß wie bei keinem anderen Zweitligisten.
Über diesen Zusammenhang sollten auch die jüngsten Auftritte beispielsweise in Berlin oder auch phasenweise gegen Paderborn nicht hinwegtäuschen – wenn der 1. FC Köln saubere Pässe spielt, den Ball reibungslos ins Mittelfeld und zu seinen Spielentscheidern bekommt wie Dominick Drexler oder Louis Schaub, dann wird es gefährlich und die Chance auf Siege steigt.
Die Defensive muss gestärkt werden
Das Problem, und hier beginnt die eigentliche Diskussion, liegt eher in der Arbeit in der Defensive. Die Anzahl der Gegentore ist zu hoch, der effzeh muss selbst zu viel Aufwand betreiben, um mit den erzielten Toren Punkte zu holen – zum Vergleich: Der HSV holt im Durchschnitt mit jedem erzielten Tor 1,4 Punkte, während die “Geißböcke” nur 0,73 Punkte pro Tor erzielen. Hier liegt der Hase im Pfeffer, hier darf man berechtigte Kritik an Markus Anfang üben. Das Leitmotiv dieser Saison beim 1. FC Köln lautet Balance, das Gleichgewicht zwischen Offensive und Defensive.
Foto: Stuart Franklin/Bongarts/Getty Images
Bei allem Lob für die offensive Ausrichtung der Mannschaft gehen in der Defensivarbeit bisweilen die Basics verloren, woraufhin die Mannschaft einfache Gegentore (und davon zu viele nach Standardsituationen) bekommt. Auch das Coaching in den Schlussphasen der Spiele bei Rückstand oder Führung löste in einigen Partien Stirnrunzeln aus – Sörensen als Stürmer? Nur noch lange Bälle, wenn dringend ein Tor benötigt wurde? Diese Fehler dürfen sich nicht in dieser Vielzahl wiederholen, wenn der effzeh die 65-Punkte-Marke erreichen will.
Markus Anfang und seine Kollegen sind also gefordert, in der Analyse der jüngsten drei Niederlagen den Finger in die Wunde zu legen und dabei auch an Selbstkritik nicht zu sparen. Die Hände sind ihnen jedoch gebunden, wenn den Spielern (wie gegen Bochum und Berlin) Fehler bei der Ballannahme oder im Verschieben unterlaufen, die bereits in der ersten Minute zu einer Führung des Gegners führen.
Trainerwechsel nicht die richtige Lösung für die Probleme
Genauso schwierig ist es für einen Trainer, Distanzschüsse wie am vergangenen Freitag zu verhindern – da sind die Spieler durch energischeres Herausrücken gefordert. Anfang muss darauf einwirken, dass seine Akteure die Leidenschaft dafür entwickeln, das eigene Tor und damit den Sieg zu verteidigen. Das wird er seinen Spielern einschärfen müssen, damit die Kritik nicht noch weiter zunimmt. Wenn diese Basiselemente fehlen, wird es für den 1. FC Köln in der 2. Bundesliga schwer, nachhaltig zu punkten.
Und gehen wir davon aus, dass die Spieler nach wie vor von Anfangs Projekt überzeugt sind, so wird die Reaktion in erster Linie von ihnen kommen müssen – wenn im Binnenverhältnis zwischen Trainer und Mannschaft allerdings etwas im Argen liegen sollte, was wir nicht hoffen, dürfte es tatsächlich schwierig werden. Dass ein Trainerwechsel zu diesem Zeitpunkt der Saison (auch mangels passender Alternativen) nicht die richtige Lösung scheint, ist hoffentlich aus den obigen Passagen hervorgegangen. Der 1. FC Köln hat eine gute Ausgangslage – Anfang muss die richtigen Schlüsse ziehen, um diese in der Endphase der Saison nicht zu verspielen.