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Meinung

Die Kind-Methode: Wie die Führung des 1.FC Köln seine Anhänger spaltet

Sportlich in der zweiten Liga, dazu mit den eigenen Fans auf Kriegsfuß – unser Autor macht sich Sorgen, ob die Führungsriege des 1. FC Köln die Fans spaltet und sich dabei auf Hannoveraner Techniken verlässt. Ein Kommentar. 

Spinner Schumacher
Toni Schumacher und Werner Spinner | Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images

Sportlich in der zweiten Liga, dazu mit den eigenen Fans auf Kriegsfuß – unser Autor macht sich Sorgen, ob die Führungsriege des 1. FC Köln die Fans spaltet und sich dabei auf Hannoveraner Techniken verlässt. Ein Kommentar. 

Während der effzeh sportlich bereits in der zweiten Liga angekommen ist, ist er stimmungstechnisch ebenfalls auf dem Weg dorthin. Denn die Konflikte zwischen den Anhängern untereinander, aber auch mit der Klubführung, nehmen in der Schärfe zu. Die Führung des effzeh schürt dabei bewusst und massiv eine Abneigung gegen die Fanszene. Damit greift sie auf eine Strategie zurück, die Martin Kind in Hannover schon lange verfolgt. Für die Zukunft bedeutet das nichts Gutes.

Mit despotischem Verhalten der Führungsriege kennen sich Fans des 1.FC Köln schon seit der Gründung des Vereins aus. Schon Franz Kremer war seinerzeit “der Boss”, der keine Mitbestimmung zuließ. Dietmar Artzinger-Bolten schickte eigenmächtig mit Christoph Daum und Thomas Häßler zwei maßgebliche Erfolgspfeiler des Vereins aus egozentrischen Motiven fort und Wolfgang Overath bezeichnete die Nichtentlastung durch 1317 Mitglieder im Jahr 2010 als einen “Akt einiger weniger Chaoten”. Despotismus von oben gab es beim effzeh also schon immer und immer wieder.

Inhaltlich fragwürdige Ideen der Klubführung des 1. FC Köln

Vor diesem Hintergrund ist es womöglich wenig überraschend, dass sich die aktuelle Vereinsführung nicht mehr um das zu Amtsantritt ausgegebene Mantra, den “Verein vereinen” zu wollen, schert, sondern sich lieber nach Gutsherrenart durch die Entscheidungsgremien des Vereins pflügt und die Nähe zu demokratisch fragwürdigen Ländern wie China nachdrücklich sucht. Und als es kürzlich darum ging, Stellung in der Frage pro oder contra 50+1 zu beziehen, eierte Finanzchef Alexander Wehrle lieber herum, anstatt sich klar zu positionieren. Auch wenn der 1. FC Köln bei der DFL sich für einen Erhalt der Regelung aussprach. Ähnlich sieht es in der Stadionfrage aus: erst versuchte man voller Überheblichkeit, die Stadt Köln (die den effzeh vor gerade mal sechs Jahren vor dem Ruin rettete) zu erpressen; nachdem nun der Abstieg feststeht, soll auf einmal doch nochmal ein Ausbau des Müngersdorfer Stadions geprüft werden. In einer vorherigen Version hieß es, die Stadt Köln habe den 1. FC Köln 2012 vor dem Ruin gerettet. Die Stadt Köln hat den 1. FC Köln jedoch nicht gerettet, sondern 2014 mit dem neuen Pachtvertrag lediglich ermöglicht, dass der Club in einer Zweitligasaison eine reduzierte Pacht zahlt (Anm. d. Red.).

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Das alles wäre jedoch emotional weniger aufgeladen, wenn die Klubführung in diesen Punkten auf der Sachebene bleiben würde. Stattdessen treibt sie (wie scheint bewusst) mehrere Keile zwischen sich, die Fanszene und die übrigen Fans. Diese Methode fand ihren vorläufigen Höhepunkt im vergangenen Februar, als sich der Verein durch eine massive Attacke auf die organisierte Fanszene dazu herab ließ, seine Anhänger in die Kategorien Gut und Böse einzuteilen. Er folgt dabei offenbar einem Vorbild, das schon viele Jahre einem ähnlichen Kurs gegenüber kritisch eingestellten Fans anwendet: Hannovers Präsident Martin Kind.

Martin Kind macht es bei Hannover 96 vor

Kind ist seit 1997, von einer kurzen Unterbrechung abgesehen, die bestimmende Person bei den Niedersachsen. Die extremen Konflikte mit den Fans kamen erst in den vergangenen Jahren dazu. Ein entscheidender Katalysator dafür war Kinds bekannte Haltung zu 50+1 und die erklärte Absicht, den Verein übernehmen zu wollen. Schon 2014 erwarb Kind 15,66 Prozent der Anteile – für 3,6 Millionen Euro. Zum Vergleich: Hertha BSC Berlin erhielt im gleichen Jahr für den Verkauf von 9,7 Prozent über 60 Millionen Euro. Die Fans argumentieren also zurecht, dass dem Verein dadurch ein beträchtlicher finanzieller Schaden entstanden ist.

Foto: Oliver Hardt/Bongarts/Getty Images

In dieser Saison eskalierte der Konflikt dann dramatisch: Die Ultras starteten einen Stimmungsboykott und forderten offen Kinds Rücktritt. Kind reagierte, indem er die Anhänger gezielt spaltete: in Gut und Böse. Nach dem Spiel gegen Bremen erklärte Kind, dass „die wirklichen Fans verstanden haben, dass die Mannschaft die Unterstützung braucht.“ Das, so Kind, mache “Hoffnung für die Zukunft.“ Der 96-Chef kündigte zudem an: „In der neuen Saison werden wir uns um die Mehrheit der Fans kümmern.“ Im Februar kursierten bereits Gerüchte, dass Stadionordner vermeintlich kritischen Fans Flyer entrissen, damit sie nicht verteilt werden könnten.

Das Vorgehen in Hannover ist ein abschreckendes Beispiel – oder?

Der Verein entzog zudem im Dezember 36 Mitgliedern ihren Mitgliedsstatus. Zwei, die dagegen klagten, bekamen kürzlich vom Amtsgericht Hannover Recht, erhielten ihren Mitgliedsstatus zurück und durften doch noch auf der Jahreshauptversammlung ihr Stimmrecht wahrnehmen. Auf dieser wurde Kind mit einer Mehrheit von 548 zu 543 die Entlastung verweigert. Seine Reaktion? “Das ist erst einmal unbedeutend. Maximal optisch interessant, aber inhaltlich letztendlich ohne Bedeutung.”

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