Folge uns
.

Meinung

Lage des 1. FC Köln: Es gibt auch Grund zur Hoffnung

Ist die Lage beim 1. FC Köln wirklich so schlecht, wie es unser Kommentar vermuten ließ? Eher nicht, findet Stefan Weigl – er hat uns seine Sicht der Dinge dargelegt.

Foto: Maja Hitij/Bongarts/Getty Images

Seinem Kollegen Armin Veh eilt der Ruf voraus, nicht sehr fleißig zu sein. Solche Vorurteile gehen zwar selten komplett an der Realität vorbei, dennoch ist seine Bilanz bei weitem nicht so negativ, wie es die zum Teil vernichtenden Urteile von Christopher Kohl und Co. vermuten lassen. Seine Transfers Benno Schmitz, Matthias Bader, Lasse Sobiech, Simon Terodde, Vincent Koziello, Louis Schaub, Rafael Czichos, Dominick Drexler, Johannes Geis, Niklas Hauptmann, Florian Kainz und Anthony Modeste sind einerseits bis auf Schaub und Koziello nicht sehr ausgefallen, andererseits sind bis auf Bader und Hauptmann alle Stammspieler und zum Großteil auch Leistungsträger geworden.

Ist die Transferpolitik von Armin Veh wirklich so schlecht?

Und der Modeste-Transfer zeigt das Dilemma sehr deutlich. Wenn der Verein die Chance auf einen ablösefreien Modeste mit Blick auf die ungewisse Vertragssituation hätte verstreichen lassen und ein anderer Verein hätte zugeschlagen, wäre spätestens in Liga 1 bei Durststrecken von Terodde und/oder Cordoba die Kritik riesig gewesen. Es war eine historische Chance, und ich bin weiterhin überzeugt, dass es richtig war, sie zu nutzen. Natürlich war die vorschnelle Präsentation auf der Jubiläumsfeier eine peinliche Posse. Aber irgendwie ist der effzeh ja doch ein Karnevalsverein und da darf man manchmal auch einfach undifferenziert euphorisch sein, wie @spielbeobachter es im November sehr treffend formulierte.

Und neben der Transferbilanz wird in der Bewertung der Arbeit von Armin Veh viel zu oft die Tatsache vergessen bzw. bewusst übersehen, wie viele Leistungsträger er trotz Abstieg halten konnte. Timo Horn, Jorge Meré und Jonas Hector mit in Liga zwei zu nehmen ist eine großartige Leistung, hohe Gehälter hin oder her. Und die neuen Verträge, gerade mit Meré, kosten nicht nur Geld, sondern können in Sachen potenzieller Ablösen weit mehr Geld einbringen.

Der Aufstieg sollte insgesamt machbar sein

Bleibt die Bewertung der Außenwirkung. Man wirft dem Vorstand wie auch Armin Veh oft vor, die 2. Liga zu hochmütig und arrogant angegangen zu sein. Dabei ist die Erwartungshaltung der Fans keineswegs geringer, sondern wir alle erwarten nicht nur Siege, sondern schöne und souveräne Siege. Knappe oder glückliche Siege der Konkurrenz führen oft zum Fazit „So steigt man auf“, während beim eigenen Team auch Siege oft negativ bewertet werden (kein Konzept, nur Einzelleistungen, Glück…). Wenn Veh sagt, dass der effzeh die beste Mannschaft der 2. Liga hat, wird er kritisiert. Ich bin aber sicher, dass die gleichen Leute ihn auch kritisieren würden, wenn er das bestreiten würde. Ich fand seine Aussagen rund um die Mitgliederversammlung in Richtung Mitgliederrat äußerst unprofessionell und in Sachen Transfers auch den Wechsel Czichos gegen Heintz fragwürdig, aber unter dem Strich sehe ich bei Veh wie auch bei Wehrle weit mehr Licht als Schatten.

COLOGNE, GERMANY - FEBRUARY 08: Jhon Cordoba of FC Koln (15) celebrates after scoring his team's third goal and completes his hat trick with team mates during the Second Bundesliga match between 1. FC Koeln and FC St. Pauli at RheinEnergieStadion on February 08, 2019 in Cologne, Germany. (Photo by Maja Hitij/Bongarts/Getty Images)

Foto: Maja Hitij/Bongarts/Getty Images

Da alle Wortspiele zum Thema Anfang bereits mindestens einmal bemüht wurden, sei an dieser Stelle darauf verzichtet. Und auch wenn es jeder Trainer so kurz nach Peter Stöger in meinen Augen äußerst schwer hat, bewerte ich ihn schon jetzt als einen der besseren FC-Trainer der letzten 20 Jahre. Anders als Uwe Rapolder spricht er nicht nur von einem System, sondern er hat den Spielern eines vermittelt, das man auch auf dem Platz sehen kann. Ist das Team jederzeit souverän? Nein. Bringt es in jeder Partie sein Potenzial auf den Platz? Nein.

Anfangs offensiver Ansatz verdient ein Lob

Sollte der Effzeh zuhause gegen Duisburg und Bochum verlieren? Nein. Bin ich fest davon überzeugt, dass sein Ansatz auch in Liga 1 funktionieren wird? Nein. Dennoch bin ich sicher, dass wir aufsteigen werden, alles weitere wird man dann sehen. Zudem werden frühere Aufstiege des 1. FC Köln häufig ein wenig zu sehr romantisiert. Unter Stöger holten wir zwei Punkte im Schnitt (dafür fehlt im Moment ein Punkt) und wir stiegen mit sechs Punkten Vorsprung vor Paderborn auf. Auch damals waren es häufig die Stars, die den Unterschied ausmachten (Helmes, Risse, Ujah). Und es war selten schöner Fußball.

Auch interessant
Zur Lage des 1.FC Köln: Die Enttäuschung hält an

Grundsätzlich mag ich Anfangs offensiven Ansatz, der in der Aufstellung von Kainz, Clemens oder Risse als Außenbahnspieler im 3-5-2 deutlich wird. Der wichtigste Moment der Saison war für mich das Spiel gegen Dresden, als er von seinem bisherigen System abgewichen ist und so die Stärken der Spieler besser zur Geltung brachte. Cordoba konnte in dem Zwei-Spitzen-System aufblühen und das 8:1 in einer solchen Drucksituation spricht eine eindeutige Sprache. Also auch hier kein Grund zur Euphorie, aber auch nicht zur Pauschalkritik, denn unkompliziert ist das Arbeiten für Trainer in Köln ja nun wirklich nicht.

Fazit: Wenn die aktuelle Situation des 1.FC Köln ein Albtraum ist, dann könnte man mit dem meiner Meinung nicht mal ein Kleinkind erschrecken. Man sollte sich von der (wenn auch in vielen Punkten nachvollziehbaren) Wut auf Vorstand und Geschäftsführung nicht verleiten lassen, nur noch Schwarz zu sehen. Denn es gibt Grund zur Hoffnung und vieles, was gut läuft. Mein Fazit lautet: Enttäuschung? Ja. Katastrophe? Nein.

Seite 2 von 2Weiter

Mehr aus Meinung

.