Auch in der zweiten Liga bleibt Jonas Hector ein Spieler des 1. FC Köln: Der Nationalspieler bindet sich bis 2023 an seinen effzeh und wird damit in Zukunft zur Vereinslegende. Ein Kommentar.
Montage nach Bundesligaspielen sind als effzeh-Fan meistens nicht ganz so einfach. In dieser Saison erschwert sich der montägliche Eintritt in das normale Berufsleben dadurch, dass nach mittlerweile 19 Saisonniederlagen der feststehende Abstieg nur noch eine Frage der Zeit zu sein scheint. Das wissen auch die Spieler, die sich gestern nach einem emotionalen Spiel mit gegenseitigem Applaus von der Südkurve verabschiedeten. Dass der 1. FC Köln erneut nicht gewinnen konnte, lässt den drohenden Abstieg immer mehr zur Gewissheit werden – doch bereits gestern stellte dieser Verein unter Beweis, etwas ganz Besonderes zu sein. Anstatt die Heroen mit Schimpf und Schande aus dem Stadion zu motzen, zeigte sich das enge Band zwischen Mannschaft und Fans, was national wie international gut ankam.
Und so scheint es, dass beim 1. FC Köln nur noch zwei Fragen von Belang waren: Wann steht der Abstieg fest? Und welcher der Spieler geht mit in die zweite Liga? In der vergangenen Woche verkündete Marco Höger, den Betriebsunfall “sechster Abstieg” mit ausbügeln zu wollen – der defensive Mittelfeldspieler bekannte sich zu Stadt und Verein und setzte damit ein erstes Zeichen. Die anderen Namen, die auf Fanseiten für einen Verbleib in Frage kommen, sind Bittencourt, Horn, Heintz – und natürlich auch der von Jonas Hector. Der Nationalspieler war in der Vergangenheit mit mehreren europäischen Topvereinen in Verbindung gebracht worden, zuletzt war sogar davon die Rede, dass ihm seitens des BVB bereits ein unterschriftsreifer Vertrag vorliegen würde.
Jonas Hector: Ein Zeichen für die Liebe und gegen das Geld
Chelsea, Barcelona, München oder Dortmund – es schien fast so, als würde sich der Saarländer nach dem Abstieg und dem Ziehen seiner Ausstiegsklausel (diese soll nur bei acht Millionen Euro gelegen haben) seinen kommenden Arbeitgeber aussuchen. Nach der Partie gegen Schalke wurde er am Mikrofon von “Sky” noch befragt, ob er beim 1. FC Köln bliebe – dies quittierte Hector mit einem knappen “Kein Kommentar!” Und so sitzt man dann am Montagmittag nichtsahnend vor der textlichen Aufarbeitung der Trümmer einer desaströsen Saison, als eine Pressemitteilung reinflattert: Jonas Hector verlängert seinen Vertrag bis 2023.
Es ist definitiv ein ungewöhnliches Zeichen eines international nachgefragten Nationalspielers im bekanntlich besten Fußballeralter, der mit seinem nächsten langfristigen Vertrag bei einem solventen Topverein finanziell ausgesorgt haben dürfte und gleichermaßen im internationalen Geschäft hätte spielen können. Zwar wird Hector auch in Köln nicht am Hungertuch nagen, doch seine Entscheidung für die Stadt Köln und den Verein ist außergewöhnlich – außergewöhnlich gut. Auch wenn es immer vorstellbar erschien, dass Hector mit in die zweite Liga gehen könnte, weil er eben ein besonderer Typ sei, wie auch Armin Veh in den vergangenen Wochen gebetsmühlenartig wiederholte – seine Vertragsverlängerung sorgt im leidenschaftlichen Köln dann aber doch wieder für Emotionen.
Mit dem nötigen Abstand zum Fußballbetrieb
Es tut gut zu wissen, dass in diesem so verkommenen Geschäft noch Menschen unterwegs sind, die sich nicht dem Zwang des Geldes unterwerfen oder von in erster Linie monetär interessierten Beratern die Entscheidungen abnehmen lassen. Jonas Hector gilt als bescheidener, bodenständiger Typ, der erst als junger Erwachsener den Profifußball kennenlernen durfte und dementsprechend charakterlich bereits gefestigter war als andere Spieler, die den Verlockungen des Geldes erlagen. Auch die Tatsache, dass Hector neben dem Fußball noch studierte, spielt in diesem Zusammenhang eine Rolle – das nötige Maß an Abstand zum aufgeregten Betrieb und eine Auseinandersetzung mit Aspekten jenseits von Instagram-Stories und Luxuskarossen scheinen ihm nicht geschadet zu haben. Gegen das Geld, für die Liebe – diese Entscheidung war auf jeden Fall eine gute für alle Fußball-Romantiker, die es in der jüngeren Vergangenheit nicht allzu leicht hatten.
Geschadet hat offenbar auch nicht die von vielen Medien hochstilisierte “Trikot-Affäre” in der letzten Woche, als nach der 1:2-Niederlage in Berlin Jonas Hector sein Trikot zu den Fans warf, es aber prompt zurückgeworfen wurde. Die Zeitung mit den vier Buchstaben wollte daraus gar den Grund für einen möglichen Abgang Hectors stricken, wurde aber nun eines Besseren belehrt. Interessant wird auch zu sehen sein, wie die Macher beim DFB mit Hectors Entscheidung umgehen, schließlich legen sie allen ihren Schützlingen mehr oder weniger deutlich ans Herz, doch bitte international zu spielen, um ihre Chancen auf Einsätze im DFB-Team nicht zu verschlechtern. Hector scheint seine Entscheidung nicht auf dieser Basis getroffen zu haben, ihm kommt auch entgegen, dass am Ende der Saison 2018/2019 kein großes internationales Turnier ansteht.
Hector wird zum zweiten Stadtheiligen nach Lukas Podolski
In jedem Fall ist Hector nun der zweite kölsche Nationalspieler nach Lukas Podolski 2004, der bewusst den Weg mit in die zweite Liga geht. Im Winter hatten wir in unserem Jahresrückblick darüber spekuliert, welche Spieler denn zum “kölschen Buffon” werden könnten – der italienische Keeper war 2006 nach dem Zwangsabstieg der Juventus geblieben und hatte sich somit seinen Status als Vereinslegende und Symbol zementiert. Marco Höger hat den Anfang gemacht, mit Jonas Hector folgt nun ein ganz großer, auch international bekannter Name, der den 1. FC Köln der Neuzeit wohl so innig und stark verkörpert wie sonst nur Lukas Podolski. Dieser galt bis dato als einziger Held der Generation jüngerer effzeh-Fans. Mit Jonas Hector bekommt er nun “Konkurrenz” als Stadtheiliger.