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Analyse

FC-Frauen: Tore verzweifelt gesucht

0:2, 0:4, 0:1, 0:0, 0:4, 0:4, 0:0 – wahrlich, die Bundesliga-Ergebnisse der Frauenmannschaft des 1. FC Kölns seit Oktober lesen sich nicht sonderlich erquicklich. Woran liegt diese Sieglosserie? Wir werfen einen kritischen Blick auf die Lage beim Team von Trainer Sascha Glass.

FRANKFURT AM MAIN, GERMANY - SEPTEMBER 11: General view during the FLYERALARM Frauen-Bundesliga match between Eintracht Frankfurt and 1. FC Koeln at Stadion am Brentanobad on September 11, 2021 in Frankfurt am Main, Germany. (Photo by Matthias Kern/Getty Images for DFB)

Was sofort auffällt, ist das eklatante Manko vor dem Tor: seit sage und schreibe dem 28. Oktober (1:2 gegen Duisburg) wartet man auf einen Torerfolg: 10 Tore in 13 Spielen sind wahrlich keine Hausmarke, vor allem wenn man bedenkt, dass diese Bilanz durch ein 4:2 gegen Turbine Potsdam am 3. und ein 2:0 gegen Werder Bremen am 5. Spieltag geschönt wird. Sechs Tore gegen die einzigen beiden Vereine, die in der Tabelle unter dem FC stehen, ist eine eher magere Bilanz. Das 3:1 gegen Hoffenheim vom ersten Spieltag muss daher fast schon als Ausreißer nach oben betrachtet werden, das Rückspiel verlor man auch relativ sang- und klanglos 0:4.

Hieran merkt man aber schon: die ohnehin schon mageren zehn Törchen verteilen sich auf gerade einmal vier Spiele – die übrigen neun Kicks waren von offensiver Harmlosigkeit geprägt. Denn auch dies soll hier nicht verschwiegen werden: es ist keinesfalls so, als erarbeiteten sich die FC-Frauen Chance um Chance und betrieben nur Chancenwucher, nein, in den allermeisten Spielen bleiben die echten Hochkaräter schlicht aus. Zuletzt gelang eine nennenswerte Anzahl an Torchancen im Spiel gegen Duisburg, das man allerdings äußerst unverdient und auch unglücklich mit 1:2 verlor. Im Rückblick scheint es fast, als sei dieses Spiel ein Bruch in der Saison gewesen – die drauffolgenden Ergebnisse stehen im ersten Satz dieses Artikels.

Gründe für die offensive Harmlosigkeit

Dies hat zuallererst systemische Gründe: es fehlt auf dem Platz schlicht an einer Idee, wie man zu Torchancen kommen möchte. Allzu oft besteht die einzige Offensividee darin, Bälle auf Außen zu spielen und die flinken Flügelspielerinnen um Bayern-Leihgabe Weronika Zawistowska in Laufduelle zu schicken. Gewinnen sie diese, erfolgen meist Flanken unter Druck, die keine Abnehmerin finden. Ob es überhaupt sonderlich sinnvoll ist, auf die nur 1,64m große Mandy Islacker zu flanken, muss außerdem hinterfragt werden.

Durch die Mitte kommen viel zu selten Klatsch-Pass- oder Doppelpassaktionen, um sich einmal durch das Zentrum durch zu kombinieren. Den Gegnerinnen gelingt es hier oft viel zu leicht, Sharon Beck zu isolieren und so vom Spielgeschehen abzuschneiden. Beck ihrerseits versucht sich oft der Fraudeckung zu entziehen, indem sie sich immer tiefer fallen lässt. Dadurch geht dem FC aber jedwede Präsenz im eigenen Zehnerraum verloren. In der ersten Halbzeit gegen Bayer Leverkusen am vergangenen Wochenende gelangen so lediglich 33 Pässe in der gegnerischen Hälfte – eine Bilanz, die mit dem selbstgesteckten Ziel, zu den Top 5 der Liga gehören zu wollen, nicht viel zu tun hat.

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Aber es sind auch nicht nur systemische Gründe. Offensiv-Routiniers wie eben Beck oder Islacker sind derzeit völlig außer Form, so dass auch eher die vermeintlich einfachen Sachen nicht gelingen wollen – sinnbildlich war hier der vergebene Elfmeter Islackers gegen die SV Meppen.

Durch so eine Phase müssen jeder Fußballer und jede Fußballerin einmal durch und nun hat es eben die beiden offensiven Köpfe beim FC erwischt. Verstärkt wird dies noch dadurch, dass Sommerneuzugang und Hoffnungsträgerin Selina Cerci verletzungsbedingt noch keine Rolle spielen konnte. Sicherlich war sie als Fixpunkt der Offensive eingeplant – ebenso wie die gleichfalls verletzte Ally Gudorf in den letzten Spielen als pfeilschnelle Außenverteidigerin auch schmerzlich vermisst wurde.

Ally Gudorf mit Ball in Begriff loszusprinten

Wurde schmerzlich vermisst: Ally Gudorf (Foto von Christof Koepsel/Getty Images for DFB)

Das macht Hoffnung

Dabei ist der Kader besser, als sowohl der derzeitige Tabellenplatz als auch die Torausbeute vermuten lassen. Die Truppe ist gespickt mit jungen, verheißungsvollen Spielerinnen, gerade im Offensivbereich: Alena Bienz (20), Lena Uebach (22) und die bereits erwähnte Zawistowska (23) sind hier zu nennen, aber auch Laura Donhauser (21) ist eher in der offensiven Flügelposition zuhause und musste zuletzt notgedrungen als Rechtsverteidigerin aushelfen. Die beste Nachricht ist aber, dass Cerci (auch erst 22) und Gudorf (21) gegen Leverkusen jeweils wieder auf den Rasen zurückkehrten. Gerade Cerci wurde als absolute Schlüsselspielerin in der Offensive verpflichtet, die gebürtige Kielerin traf schließlich bei jedem ihrer Vereine zweistellig und erzielte stolze 55 Tore in 88 Spielen für Bayern, Bremen und Potsdam. Sie wird jedoch noch Zeit brauchen, bis sie nach langer Verletzungspause zurück zu alter Stärke finden kann und der FC muss einen Plan zu Wiedereingliederung finden, in dem die deutsche Nationalspielerin nicht sofort verheizt wird – aller Not zum Trotz. Findet sie jedoch zeitnah zur alten Form zurück, kann sie gerade in der sogenannten “Crunch Time”, also den entscheidenden Spielen zum Ende der Saison, ein wichtiger Faktor werden – zwei der drei letzten Gegnerinnen sind mit Duisburg und Meppen Mannschaften der eigenen Kragenweite, gegen die man keineswegs chancenlos ist – bis dahin könnte die Torjägerin wieder eine realistische Option für die Startelf sein. Auch Nicole Bender ist sich schließlich sicher: “Wir werden in Zukunft viel Freude an [Cercis] Qualitäten haben.”

“Selina hat vor ihrer Verletzung bereits bewiesen, dass sie eine außergewöhnlich gute Torjägerin ist und ihr Potenzial längst nicht ausgeschöpft ist. Wir werden in Zukunft viel Freude an ihren Qualitäten haben.”

(Sportliche Leiterin Nicole Bender)

Viel mehr, als auf einzelne Erlöserinnenfiguren zu hoffen, sollte es aber für das Trainerteam um Sascha Glass darum gehen, offensive Abläufe zu entwickeln, die einen Torerfolg wahrscheinlicher machen als zuletzt. Dazu sollte ja eigentlich die lange Winterpause genutzt werden, aber das dort einstudierte Baumgartesque Pressing wurde nach dem ersten Spiel und dem “Systemcrash” gegen die SGS Essen (0:4) bereits wieder gegen einen konservativeren Ansatz eingetauscht.

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Eine Idee könnte es sein, die oben genannten “jungen Wilden” in der Offensive einmal von der Leine zu lassen und dadurch für Frische und mehr Geschwindigkeit auf dem Platz zu sorgen. Vielleicht täte hier ein etwas schärferer Konkurrenzkampf auch den Spielerinnen gut, die derzeit nach ihrer Form suchen. Denkbar wäre aber auch, eine der eher defensiv denkenden Mittelffeldspielerinnen herauszunehmen und mit einer Art Doppel-Zehn die enge Orientierung der Gegnerinnen an Sharon Beck aufzulösen – Alena Bienz böte sich für diese Rolle als zweite Zehn an. Da es nun am Wochenende (Sonntag, 16 Uhr) zum abgeschlagenen Tabellenletzten nach Potsdam geht, ist Siegen Pflicht – zumal die ärgsten Konkurrentinnen um Bremen, Meppen und Duisburg gegen die Tabellenplätze 2-4 spielen. Dieser Dreier könnte also zu absoluten Big Points im Abstiegskampf werden, ehe es zwei Spieltage später zur direkten Konkurrenz nach Bremen geht.

Und dann ist da noch das Heimspiel gegen Frankfurt am 23. April (Anpfiff 13 Uhr): dieses Spiel findet nämlich nicht wie gewohnt im Franz-Kremer-Stadion statt, sondern wird im RheinEnergieStadion vor großer Kulisse ausgetragen – bei Redaktionsschluss waren bereits über 10.500 Karten verkauft, nichts weiter als den Zuschauerrekord in der Frauen-Bundesliga peilt man hier an. Diese Kulisse kann sich ja durchaus zu einem (vorläufigen) Karriere-Highlight der Spielrinnen entwickeln und noch einmal den Extrakick für das Spiel gegen die Eintracht geben.

https://twitter.com/fckoeln/status/1630493005701586944?s=20

Die Mannschaft jedenfalls war zu jederzeit absolut willens und wirkte – trotz der teils hohen Niederlagen – nie so, als habe sie sich aufgegeben oder sei nicht mehr zu erreichen. Die Frauen werfen stets alles in die Waagschale und rackern um jeden Zentimeter, einzig nach vorne will noch nicht alles gelingen. Werden hier offensive Spielideen entwickelt und finden Leistungsträgerinnen zurück zu alter Stärke, sollte der Klassenerhalt in jedem Falle machbar sein.

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