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Nachspiel

FC-Frauen verlieren 0:4 bei der SGS: Systemcrash in Essen

Die FC-Frauen versuchen sich am Freitagabend in Essen mit hohem Mittelfeldpressing und verlieren mit 0:4, auch weil die taktischen Rädchen leider nicht ineinandergreifen. Vor allem in der Defensive kommt man mit dem Tempo der Essenerinnen nicht mit und verliert zu viele direkte Duelle. Eine kurze Analyse des Freitagsspiels der Frauenbundesliga.

Foto von Christof Koepsel/Getty Images

Noch nicht lange ist es her, als FC-Geschäftsführer Christian Keller verkündete, dem gesamten 1. FC Köln eine taktische Identität überstülpen zu wollen, anhand derer man den FC überall auf der Welt erkennen solle. Hohes Pressing im Stile eines Steffen Baumgarts solle fortan die Visitenkarte aller FC-Mannschaften sein. Anscheinend gilt dies auch für die Damenabteilung, denn Trainer Sascha Glass und sein Team haben die Winterpause genutzt, um eben jenes hohes Pressing zu implementieren.

Die drei Kölner Offensiven Mandy Islacker, Sharon Beck und Jana Beuschlein orientierten sich unmittelbar an ihren Gegenspielerinnen und setzen die Dreier-Aufbaureihe der SGS direkt unter Druck, um sie zu Fehlpässen zu zwingen, die dann Adriana Achcinska und Manjou Wilde im Mittelfeld aufsammeln sollten – idealerweise verbunden mit einer prompten Verlagerung auf die schnelle und durchsetzungsstarke Weronika Zawistowska.

FC-Frauen mit neuer taktischer Visitenkarte

Tatsächlich sah man diese Grundidee gerade in der ersten Halbzeit relativ oft auf dem Rasen: das Pressing griff bereits gut, die Fehlpässe wurden provoziert. Für wirklich gefährliche Umschaltmomente fehlte jedoch zu oft die Präzision. Immer wieder gingen Pässe wenige Zentimeter an der Zielspielerin vorbei oder der Ball versprang beim ersten Kontakt: wäre hier etwas mehr Genauigkeit dabei gewesen, hätte es zu richtig guten Gelegenheiten führen können, da die Kölnerinnen in diesem Falle oft in Überzahl vor oder im Strafraum aufgetaucht wären – Steffen Baumgart hätte das gefallen.

So aber gelang es dem FC nur durch Ecken, wirkliche Torgefahr zu erzeugen – hier müssen sich die Essenerinnen bei Torhüterin Sophia Winkler bedanken, dass diese eine sehr gute Luftbeherrschung im Strafraum aufwies und vieles gerade so noch verhindern konnte.

Foto von Christof Koepsel/Getty Images for DFB

Das Problem an diesem Pressingsystem ist bekanntlich, dass die Ballgewinne auch gelingen müssen. Schafft es aber der Gegner, sich aus dem Pressing zu befreien, steht man hinten plötzlich Frau gegen Frau – und als FC-Verteidigerin ist man dann dazu verdammt, sein direktes Duell zu gewinnen, da sonst eine Stürmerin alleine aufs Tor zuläuft. Dies wussten auch die Spielerinnen der SGS und nutzen ihre Geschwindigkeitsvorteile gnadenlos aus, um solche Duelle zu provozieren.

Der Systemcrash

Vor allem auf den Außen, wo die offensiven Flügelspielerinnen des FCs öfters nicht schnell genug zurück eilen konnten, um ihre Defensivkolleginnen zu unterstützen. Dass zudem Ally Gudorf verletzt passen musste, spielte Markus Högner und seiner Truppe zusätzlich in die Karten. Nach genau diesem Schema fiel nämlich das 1:0. Nachdem sich die Essenerinnen aus dem Kölner Pressing befreien konnten, schickten sie Ramona Meier steil, die sich im direkten Duell mit Sarah Puntigam durchsetzen konnte und so frei vor Jasmin Pal auftauchte (29.).

Dieses Tor spiegelte den Spielverlauf zwar nicht wider, sollte aber ein Wendepunkt werden, denn danach ging nicht mehr viel. Spätestens nach dem 2:0 nach Freistoß in der 40. Spielminute war das Spiel quasi entschieden: die Kölnerinnen hatten keine Torchance mehr und kaum noch Ballaktionen im letzten Drittel, das Pressing fand überhaupt nicht mehr statt und auch Glass’ Umstellung zur Halbzeit auf Doppelsechs verpuffte wirkungslos. Gerade die Schnelligkeit von Vivien Endemann stellt die FC-Abwehr immer wieder vor Große Probleme – letztendlich musste man froh sein, dass es nicht noch höher wurde.

Teile dieses Systemcrashs sind mit den beschriebenen Problemen in der Restverteidigung zu erklären – ein Problem, das auch Steffen Baumgart und sein Team bei den Herren noch nicht permanent in den Griff bekommen haben. Aber es soll auch nicht verschwiegen werden, dass die erfahrenen Spielerinnen um Islacker, Beck und Myrthe Moorrees (nach Einwechslung) ihrer Form hinterher laufen und für viele der oben erwähnten Fehlpässe verantwortlich waren. Gerade an diesen Spielerinnen sollten sich die jungen jedoch orientieren können – derzeit aber stecken die FC-Damen in einer Phase, wo sie für ihren immensen Aufwand nicht belohnt werden und gleichzeitig schon kleinere Fehler gnadenlos bestraft werden.

Gleichwohl sind gerade die Pressingansätze durchaus verheißungsvoll und mit etwas mehr Automatismen sowie der Rückkehr von Gudorf und auch dem ersehnten Debüt von Selina Cerci kehrt noch einmal mehr Qualität in die Mannschaft zurück. Der Weg wird lang, aber es scheint sich zu lohnen, ihn auch gegen Widerstände weiter zu gehen.

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