Es herrscht erneut Krisenstimmung beim 1. FC Köln: Nach einem halbwegs guten Dezember brennt am Geißbockheim wieder der Baum, Grund ist eine 0:5-Niederlage gegen den SC Freiburg, bei der sich die “Geißböcke” chancenlos und nicht bundesligareif präsentierten. In der jetzigen Konstellation scheint der FC sehenden Auges Richtung eines erneuten Abstiegs zu marschieren.
Markus Gisdol hatte im Vergleich zur ernüchternden 0:1-Niederlage gegen den FC Augsburg vor einer Woche, bei der seine Mannschaft erneut einiges schuldig geblieben war, wieder einmal kräftig am Personalkarussell gedreht. Rafael Czichos (gab geben Augsburg sein Comeback), Noah Katterbach, Elvis Rexhbecaj und Jan Thielmann rückten auf die Bank, für sie spielten Benno Schmitz, Jonas Hector, Ismail Jakobs und Anthony Modeste. Gerade von der Rückkehr der beiden vermeintlichen Leistungsträger Hector und Modeste hatten sich die FC-Verantwortlichen wohl versprochen, dass sie der Mannschaft mehr Qualität verleihen würde.
Eine der schlechtesten Saisonleistungen
Doch dieses Vorhaben scheiterte deutlich, der FC zeigte eine der schlechtesten Saisonleistungen. Freiburg musste sich offensichtlich nicht mal großartig verausgaben, um zu den völlig verdienten drei Punkten zu kommen. Zu Spielbeginn wollte der FC durch enge Abstände Ballgewinne forcieren, einzig in situativem Pressing schob das Team etwas weiter heraus. Die Freiburger versuchten es vorrangig über die Flügel, wo insbesondere Christian Günter und Vincenzo Grifo auf der linken Seite die Kölner Defensive vor große Probleme stellte. Auf diese Weise entstand auch die erste Torchance durch Ermedin Demirovic, der nach einer Flanke von Lukas Kübler zum Kopfball kam.
Ballbesitzsequenzen des FC ließen lange auf sich warten, bei den seltenen Möglichkeiten zur Gegenbewegung gelangen weder ein guter erster Kontakt noch ein guter letzter Pass. Auch mit Modeste als Zielspieler fanden kaum Aktionen im letzten Drittel statt, der Franzose hatte nach 30 Minuten acht Ballkontakte. Im Spielaufbau blieben wie so oft in den letzten Wochen nur wenig zielführende Pässe auf die Außenverteidiger oder direkt der mittlerweile bestens bekannte “Panic Button”-Langpass von Sebastiaan Bornauw. In der 25. Minute wechselte er notgedrungen durch einen horizontalen hohen Ball die Seite, Schmitz konnte den Pass aber nicht kontrollieren – Grifo gewann den Ball, sein Schuss wurde später aber geblockt.
In welcher Formation fühlt sich der 1. FC Köln eigentlich wohl?
Die beste Szene des gesamten Spiels hatte der FC nach 32 Minuten, als Hector im zentralen Mittelfeld Überzahl schaffte und aus dieser Position heraus Marius Wolf bediente. Sein Abschluss war aber kein Problem für Freiburgs Keeper Müller. Nur wenige Minuten später nahm sich der FC dann selbst endgültig raus aus der Partie: Im Spielaufbau verlor Salih Özcan den Ball, Höfler traf zum 2:0. Den Führungstreffer hatte Sallai mit einem starken Pass in die Tiefe vorbereitet, Demirovic startete in den freien Raum und zwang dann Timo Horn zu einer missglückten Abwehraktion, die den Weg zum 1:0 frei machte. In der zweiten Halbzeit legten die Freiburger drei weitere Treffer nach, alle ohne Gegenwehr der Kölner.
Daran änderte auch die Umstellung auf Dreierkette nichts: Zur Pause zog Gisdol seinen Kapitän Hector ins Mittelfeld. Wolf und Jakobs agierten fortan als Flügelverteidiger. Ganz vorne sollten Elvis Rexhbecaj und Jan Thielmann den unauffälligen Modeste unterstützen. Der Plan ging allerdings nicht auf. Vielmehr verdeutlichte er ein zentrales Problem des FC: Egal ob mit Dreier- oder Viererkette, der FC fühlt sich offenbar in keiner Formation wohl.
Auf der Suche nach der eigenen Identität
Die Suche nach der idealen Formation ist eines der Leitmotive dieser FC-Saison, denn zu Spielbeginn trat der FC bisher neunmal mit einer Dreierkette und sechsmal mit einer Viererkette an. In fünf der bisherigen 15 Spiele versuchte das Trainerteam durch In-Game-Coaching die Dynamik des Spiels zu verändern – meistens mit der Auflösung der Fünferkette nach Rückstand. Die 0:5-Niederlage im Breisgau hielt allerdings eine weitere Besonderheit bereit: Nach der Viererkette zu Spielbeginn folgte die Fünferkette zur Halbzeit.
Das mag auf den ersten Blick unwichtig erschienen, jedoch verdeutlicht es ein entscheidendes Problem des FC in dieser Saison: Die Mannschaft hat ihre ideale Formation noch nicht gefunden. Weder offensiv noch defensiv bietet eine der beiden Herangehensweisen die nötige Sicherheit, um längerfristig damit erfolgreich zu sein. Dadurch ist es dem FC auch nicht möglich, gegen stärkere Gegner deren Formation zu spiegeln und damit vielleicht Stärken zu neutralisieren – das Gisdol-Team ist weiterhin auf der Suche nach der eigenen fußballerischen Identität.
Die Richtung ist klar: nach unten
Die Probleme bei eigenem Ballbesitz hatten Texte (Beispiel hier) auf effzeh.com in den letzten Wochen auch eingehend beschrieben. Unter der Woche sagte Gisdol in der Pressekonferenz dazu Folgendes: “Wir haben in den letzten Wochen in der Defensive an Stabilität gewonnen. (…) Es ist aber ein bisschen zu Lasten der Offensive gegangen.” Zu seiner Verteidigung: Der FC agierte in einigen Partien (Wolfsburg, Leipzig) defensiv geordnet, mit engen Abständen und wenig individuellen Fehlern. Andererseits: Bereits gegen Leverkusen (0:4) fiel dieses Kartenhaus in sich zusammen. Und nun gegen Freiburg erneut. Von daher wird die Frage schon erlaubt sein, ob Markus Gisdol die defensive Stabilität weiterhin als Argument wird anführen können, wenn er nach der fehlenden offensiven Durchschlagskraft gefragt wird.
Denn Stand 15. Spieltag hat der 1. FC Köln keine nachhaltig erfolgreiche Spielidee, die drittschlechteste Offensive (13 Tore) und die viertschlechteste Defensive (27 Gegentore) der Liga. Der FC hat bisher in acht Spielen das Feld als Verlierer verlassen – und in nur sieben Spielen gepunktet, davon zwei Siege. Jeder noch so kleine fußballerische und taktische Fortschritt wird nur wenige Wochen später selbst zunichte gemacht. Das ist die Bilanz eines Abstiegskandidaten. Und zum jetzigen Zeitpunkt ist es egal, auf welchem Platz der 1. FC Köln steht. Geht es so weiter, wird es unweigerlich so sein, dass die Mannschaft auf Rang 17 oder 18 zurückfällt.