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Meinung

Von wegen #durchetfuer: Wie Sie sehen, sehen Sie nichts…

Nach dem Polizeieinsatz in Wolfsburg verdonnert der DFB den Verein zu einer Strafe, die der Verein anerkennt und damit die Schuld der Fans eingesteht.

Foto: roteboecke.com

Nach einem von vielen FC-Fans als übertrieben hart empfundenen Polizeieinsatz beim letzten Auswärtsspiel in Wolfsburg, verdonnert der DFB den Verein zu einer hohen Geldstrafe. Der Verein, der zuvor noch um Zeugenaussagen der Fans bat, erkennt die Strafe an und gesteht damit die Schuld der Fans ein – ein Kommentar.

Wegen „unsportlichen Verhaltens seiner Anhänger“ verdonnert der DFB den 1. FC Köln zu einer Strafe von 24.000 Euro. Bis zu 8000 Euro davon sollen für „sicherheitstechnische, infrastrukturelle und gewaltpräventive Maßnahmen“ verwendet werden. Das teilte der DFB am Freitag mit und vermerkt: Der Verein hat dem Urteil bereits zugestimmt, es ist damit rechtskräftig.

In der offiziellen Mitteilung des FC heißt es: „Dadurch, dass der FC dem Urteil zugestimmt hat, wurden zudem alle noch laufenden Verfahren gegen den FC aus der Rückrunde 2017/18 mit eingestellt, darunter Vorfälle beim Spiel gegen Leverkusen sowie in Hoffenheim.“ Ein Satz mit großer Sprengkraft, wenn man bedenkt, dass man sich also auf einen Deal (mit dem Teufel) eingelassen hat und somit die eigenen Fans im Regen stehen lässt, indem man die Aufklärung hinten anstellt?

Damit verpasst der 1. FC Köln den Schulterschluss mit den Fans, die unverschuldet von den Beamten verletzt wurden, die 90 Minuten auf den Treppen im Stadionumlauf ausharren mussten und mit denen, die sich nun mit einer Anzeige wegen Landfriedensbruch konfrontiert sehen. Der Treueschwur #durchetfuer entpuppt sich als absolute Einbahnstraße, die Fans im Abstiegskampf für den Verein leisten dürfen.

Die Praxis, Polizeimeldungen zu übernehmen und nicht kritisch nachzufragen

Was war in Wolfsburg passiert? Polizei, Fans und Medien erzählten auffällig unterschiedliche Geschichten. Fest steht: Beim Einlass kurz vor Anpfiff sowie während der ersten Halbzeit kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzung im Aufgang zum Oberrang des Gästeblocks zwischen Fans und Polizei.

Schnell sprach diese (und die Medien, die die Polizeimeldung ungeprüft und unkritisch übernahmen) von einem versuchten Blocksturm und gewalttätigen Fans, die sich unrechtmäßig Zugang zum Oberrang verschaffen wollten. Dass aber genau diese Fans gültige Tickets für den Oberrang vorweisen konnten, wurde nirgendwo vermerkt.

Es wurde das Bild eines Blocksturms gezeichnet – das passt ja sowieso besser zu sinnloser Gewalt und rechtfertigt schließlich auch den Einsatz von Schlagstock und Pfefferspray seitens der Beamten. Warum allerdings der Sicherheitsdienst kurz vor Anpfiff den einzigen Aufgang zum Oberrang schloss und niemand mehr durchließ, fragte nach den Vorkommnissen niemand mehr.

Rund 50 FC-Fans standen zum Zeitpunkt der Auseinandersetzungen noch im Aufgang, das Spielfeld bekamen viele von ihnen an diesem Tag nicht zu Gesicht. Viele andere standen noch vor den Toren des Stadions, als der Eingangsbereich von den Beamten abgeriegelt und ein Polizeikessel errichtet wurde.

Verein verurteilt „Täter, die die FC Charta mit Füßen treten“

Der 1. FC Köln meldete sich am Tag danach zu Wort. Nachdem sich immer mehr empörte Fans meldeten, beteuerte der Verein noch, Augenzeugen zu suchen und rief diese auf, ihre Beobachtungen mitzuteilen. Man wollte „ein klareres Bild des Geschehens“ erhalten. In derselben Mitteilung verurteilte der Verein jedoch schon die Täter, die „die Werte des Fairplay sowie der FC-Charta im wahrsten Sinne mit Füßen treten.“ An welchen Adressaten sich die Worte richten, blieb offen. Des Eindrucks, das hier eine Vorverurteilung der eigenen Fans stattfindet – schließlich ist von niemand anders sonst die Rede -, kann sich der geneigte Leser allerdings nicht erwehren.

>>> Weiterlesen: Fanhilfe Kölscher Klüngel kritisiert Polizei und Ordnungsdienst

Was in den Tagen und Wochen nach dem letzten Spieltag folgte war… Nichts. Es schien, als seien alle Mitarbeiter am Geißbockheim in den wohlverdienten Sommerurlaub aufgebrochen. Der letzte macht bitte das Licht aus. Außer einer obligatorischen Eingangstbesätigung erhielt Fans, die sich beim Verein meldeten, nichts. Erst Wochen später, als der Verein dem Urteil bereits zugestimmt hatte, kam die Nachricht, dass man sich erfolgreich um ein klärendes Treffen mit der Wolfsburger Polizei bemüht habe.  Zeitgleich reagierte die Medienabteilung des 1. FC Köln und stellte klar, dass die Zustimmung zum Urteil nicht als Wertung zu verstehen sei.

Die Gräben werden jedes mal ein bisschen tiefer

Selbst wenn es zu einem Termin mit der Polizei kommen sollte, muss die Frage erlaubt sein, was das Ziel eines solchen Gesprächs sein soll. In diesem Zusammenhang drängt sich leider die Erinnerung an einen anderen, aber ähnlichen Vorfall vor einigen Jahren ins Bewusstsein: Auf der Rückfahrt vom Auswärtsspiel in Karlsruhe kam es 2013 in Bingen zu Auseinandersetzungen mit der Polizei in einem Zug. Das abschließende Gespräch mit Polizeivertretern, Verein und FC-Fans war jedoch nicht mehr als ein Pflichttermin, in dem deutlich wurde, dass der deutschen Polizei eine Fehlerkultur fehlt, und dass sie damit trotzdem immer wieder durchkommt.

Die Vorfälle sind inzwischen rund vier Wochen her, bislang hat der Verein dazu geschwiegen: Der Club hat es in dieser Zeit verpasst, sich hinter die eigenen Fans zu stellen, die sich zahlreich meldeten. Wie Sie sehen, sehen Sie nichts. Nun ist das Urteil akzeptiert und somit ad acta gelegt. Der Verein hat damit die Schuld der Fans eingeräumt – trotz aller anders lautenden Beteuerungen. Dass der DFB im Gegenzug keine weiteren Maßnahmen wegen anderer Vergehen verfolgt, hinterlässt zudem den Eindruck, dass die eigenen treu-doofen Mitglieder hier als Bauernopfer dienen. Was bleibt, sind die altbekannten Gräben, die nun noch ein bisschen tiefer sein dürften und Fans, Verein, Polizei und Medien weiterhin trennen.

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