Es war wieder so weit. Der sogenannte „Deadline Day“. Der Tag, an dem die Transferliste schließt. Ein Feiertag für die klick-getriebene Medienbranche. Wer mit wem? Warum? Und für wie viel? Gerüchte um Verhandlungen, Dementis und Bestätigung. Die Nachrichtenlage überschlägt sich quasi minütlich. Der „Aktualisieren“-Button als bester Freund des Transferjunkies. Wer erinnert sich als Fan des 1. FC Köln nicht daran, als die letztlich gescheiterte Verpflichtung von Thomas Buffel die F5-Tasten glühen ließ? Und welcher Rückblick auf den „Deadline Day“ kommt ohne die haarsträubende Geschichte des geplatzten Wechsels von Eric Maxim Choupo-Moting zum FC aus, den ein defektes Faxgerät des Spielers scheitern ließ? Choupo-Moting wechselte übrigens am „Deadline Day“ im Oktober 2020, der 1. FC Köln derweil blieb sich treu – und holte niemanden.
Hoffnungen der Anhänger, die „Geißböcke“ würden in der Defensive noch einmal nachlegen: Sie zerplatzten am abschließenden Tag des Transferfensters. Marius Wolf, zum Start ins Derby-Wochenende auf Leihbasis von Borussia Dortmund nach Köln gekommen, blieb der letzte externe Neuzugang in diesem Sommer, der eigentlich schon längst ein Herbst ist. Neben dem flexiblen Flügelspieler sicherte sich der 1. FC Köln die Dienste von Torwart Ron-Robert Zieler, der von Hannover 96 ausgeliehen wurde, sowie der Offensivkräfte Sebastian Andersson (1. FC Union Berlin), Ondrej Duda (Hertha BSC), Dimitris Limnios (PAOK Saloniki) und dem ebenso für diese Saison ausgeliehenen Tolu Arokodare (Valmiera FC). Ansonsten: Rückkehrer, die zuvor verliehen waren. Talente aus der eigenen Jugend, die mit einem Profivertrag ausgestattet wurden.
Den 37-Mann-Kader kostenintensiv verschlankt
Es war beileibe kein leichter Transfersommer für die Verantwortlichen am Geißbockheim: 37 Spieler standen zu Saisonstart beim chronisch klammen 1. FC Köln unter Vertrag, da war noch kein Neuzugang präsentiert worden. FC-Sportgeschäftsführer Heldt schaffte es zunächst, den aufgeblähten Kader zu reduzieren – allerdings mit der Folge, dass die „Geißböcke“ neun Spieler lediglich verleihen konnten. Angesichts der üppigen Verträge, die am Geißbockheim in der jüngeren Vergangenheit gang und gäbe waren, ist eine Gehaltsübernahme bei diesen Geschäften leider nötig gewesen. Einzig Simon Terodde konnte zunächst gänzlich von der Payroll gestrichen werden, allerdings versüßte der FC dem Angreifer, der angeblich 2,5 Millionen Euro Salär im Jahr einstrich, den Abschied zum Hamburger SV mit einer satten Abfindung. Spätestens mit dem Verkauf des wechselwilligen Sturmtanks Jhon Cordoba, den sich Hertha BSC knapp 15 Millionen Euro hat kosten lassen, war klar: Auf der Abgangsseite wurde der Job größtenteils erledigt.
“Ron-Robert ist nicht mit der Absicht hier hin gekommen, die klare Nummer eins zu werden, sondern mit der klaren Absicht, Nummer zwei zu sein und sich hier zu entwickeln.”
Anders sah es derweil bei den Neuzugängen aus: Lange war dort nur Ron-Robert Zieler zu verzeichnen. Der gebürtige Kölner, als dritter Torwart Teil der Weltmeister-Mannschaft 2014, kam auf Leihbasis aus Hannover und sollte in Konkurrenz zu Stammkeeper Timo Horn treten. Als ehemaliges FC-Talent ein Name mit gewissem Ruf, dazu wird Zieler wie Horn von Volker Struths Agentur „SportsTotal“ beraten. Ein leichter wie naheliegender Deal für den FC, doch eine Rechnung, die bis jetzt nur anfänglich aufging: Zieler reihte sich brav hinter dem Kölner Eigengewächs ein und musste sich darüber hinaus noch öffentlich demütigen lassen. „Ron-Robert ist nicht mit der Absicht hier hin gekommen, die klare Nummer eins zu werden, sondern mit der klaren Absicht, Nummer zwei zu sein und sich hier zu entwickeln“, bügelte FC-Coach Gisdol nach Horns schwerem Patzer in Bielefeld Nachfragen auf einen Wechsel im Kölner Tor ab.
Dank Cordoba-Transfer: Der 1. FC Köln handelt erst spät
Außer einem 31-jährigen Weltmeister, der nicht die zuletzt offenkundig zu Tage getretene Schwachstelle zwischen den Pfosten beheben, sondern sich im leistungsfördernden Klima am Geißbockheim entwickeln soll, musste der 1. FC Köln lange auf Verstärkungen für den Kader warten. Das lag an zwei Gründen: Zum einen versteiften sich die Verantwortlichen lange auf Wunschkandidaten wie Mark Uth und Robin Hack, die angesichts der hohen Forderungen der abgebenden Vereine und den eigenen leeren Taschen nicht zu finanzieren waren. Zum anderen wartete der FC auf ein adäquates Angebot für Topstürmer Jhon Cordoba, der den Club in der vergangenen Saison zum Klassenerhalt geschossen hatte. Taten waren nicht zu sehen, dafür waren Horst Heldts Worte oft genug zu hören. Nicht nur auf Schalke oder in Nürnberg sorgten die allzu offenen Äußerungen des Kölner Sportgeschäftsführers für erhöhten Blutdruck.
Erst spät schlug der FC auf dem Transfermarkt zu: Nach dem geplatzten Wechsel von Strely Mamba ans Geißbockheim kam erst durch Cordobas Abgang Schwung in die Kölner Bemühungen. Andersson, Duda und Arokodare wurden kurz vor dem Saisonauftakt verpflichtet, Limnios kam im Anschluss an die erste beziehungsweise zweite Partie. Kaum verwunderlich, dass die „Geißböcke“ zum Start in die neue Bundesliga-Spielzeit alles andere als eingespielt wirkten. Während andere Vereine ihre Kader recht frühzeitig komplett hatten, musste der FC noch zu Ende puzzlen. Ob die Einzelteile letztlich auch wirklich zusammenpassen? Das wird erst die nähere Zukunft zeigen, wenn es unter dem Druck des Fehlstarts weitergehen wird. Für die Offensive jedenfalls hat sich der FC ein kostspieliges Facelift gegönnt: Den Einnahmen aus dem Cordoba-Transfer stehen knapp 17,5 Millionen Euro an Ausgaben gegenüber – gespart haben die „Geißböcke“ trotz Corona wahrlich nicht.
Keine Neuzugänge für die anfällige FC-Defensive
Einzig bei Neuzugängen für die anfällige Defensive waren die FC-Verantwortlichen knausrig. Schon in der vergangenen Saison hatte das Team von Trainer Markus Gisdol Schwächen im Abwehrbereich gezeigt, doch Verstärkungen für diesen Mannschaftsteil? Fehlanzeige. Zwei Spieler, die einst in Köln ausgemustert waren, sollen nun die Problemzone entschärfen: Jannes Horn, zuletzt nach Hannover ausgeliehen, ist hinten links eingeplant, Frederik Sörensen nach seinem Intermezzo bei den Young Boys in Bern fester Bestandteil der Innenverteidigung. Abhilfe auf der rechten Abwehrseite, die bereits seit Jahren nicht bundesliga-tauglich besetzt ist? Nicht beim 1. FC Köln, der zwar mit dem ablösefrei verfügbaren Sebastien Corchia (FC Sevilla) in Verbindung gebracht wurde, aber letztlich zumindest am „Deadline Day“ nicht zuschlug. Die „Geißböcke“ werden also die anstehenden Aufgaben vermutlich bis zum Winter in dieser Defensivbesetzung durchziehen (müssen).
Zu wenig und zu spät? Der Eindruck drängt sich letztlich auf, wenn auf den Transfersommer des 1. FC Köln geschaut wird. Problemzonen wurden vernachlässigt oder nicht entschlossen genug angegangen, in der Offensivabteilung herrscht dagegen bis auf das Sturmzentrum trotz der Ausfälle nun eine breite Auswahl an Spielertypen. Ob das Team stärker ist als in der vergangenen Rückrunde, die schon äußerst holprig verlief? Ob die Neuzugänge die entsprechende Zeit haben werden, um sich in Köln zu akklimatisieren? Ob die Mannschaft für einen Trainer zusammengestellt wurde, der diese schwierige Phase überstehen wird? All das darf bezweifelt werden. Die Einzelteile, sie muten recht vielversprechend an, das Puzzle droht aber aufgrund der Fliehkräfte in dieser Saison nicht komplett zu werden. Zuversichtlich stimmt eigentlich nur, dass die Konkurrenz ähnlich schlecht dasteht.