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Meinung

Kommentar zum Trainer des 1. FC Köln: Anfang ist am Ende

Nach dem 0:3 in Dresden gibt es nur noch wenige Argumente für Markus Anfang. Eine Entlassung des Trainers nach Saisonende ist trotz Aufstieg wohl unvermeidlich. Ein Kommentar.

DRESDEN, GERMANY - APRIL 21: Headcoach Markus Anfang of Koeln reacts prior the Second Bundesliga match between SG Dynamo Dresden and 1. FC Koeln at Rudolf-Harbig-Stadion on April 21, 2019 in Dresden, Germany. (Photo by Thomas Eisenhuth/Bongarts/Getty Images)
Foto: Thomas Eisenhuth/Bongarts/Getty Images

Doch für sie interessiert sich Anfang offenbar nicht. Ihm scheint es nur um den kurzfristigen, täuschenden Erfolg zu gehen, dafür nimmt er den Verlust dieser Spieler und ihres Potenzials in Kauf. In einem seriösen Verein hätte der sportliche Leiter dabei längst interveniert, günstiger war die Lage für den Einbau von Nachwuchsspielern in der Geschichte des 1. FC Köln vermutlich nie. Doch Armin Veh handelt hier genauso wenig zukunftsorientiert wie der Trainer.

Die Taktik passt zur Liga, aber nicht zum Kader

Gravierender als die Spielzeiten für Akteure mit eingeschränktem Weiterentwicklungspotenzial ist aber Anfangs taktische Ausrichtung. Sie mag mit ihrem offensiven Fokus aufgrund der hohen individuellen Qualität der „Geißböcke“ für die 2. Bundesliga reichen. In der Bundesliga würde es dafür Spiele gegen die Top 10 der Liga geben, in denen der effzeh regelmäßig fünf Gegentore oder mehr zu kassieren droht. Die Mannschaft hat extreme Schnelligkeitsdefizite und kann diese nicht durch ein tiefes Stehen kompensieren, weil Anfang das Team nach vorne beordert. Die defensive Grundordnung weist zahlreiche Mängel auf, der Spielaufbau ist zu störanfällig und die Offensive hängt zu stark von Einzelaktionen ab.

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Anfangs In-Game-Coaching mangelte es zudem an Klasse: Mehrere Spiele gab der effzeh ohne Not aus der Hand, die Wechsel funktionierten nicht und der Mannschaft fehlte es gegen tief stehende Gegner in den Schlussphasen knapper Spiele an Mitteln, um hochwertige Torchancen zu kreieren. Zusätzlich entstand kürzlich der Eindruck, dass sich das Team in einer schwachen körperlichen Verfassung befand. Gegen Duisburg und Hamburg brach es in der zweiten Halbzeit ein, in Dresden gab es keine Gelegenheit zum Einbrechen, weil das Niveau zu Beginn schon zu schwach war.

In der Mannschaft brodelt es

Drexlers kurzer Wutausbruch nach der Niederlage in Dresden deutete zudem auf eine schlechte Stimmung im Team hin. Viele Spieler sind unzufrieden mit dem Trainerteam, insbesondere Anfangs Co-Trainer Tom Cichon verscherzte es sich dem Vernehmen nach mit einigen Leistungsträgern. Vor einigen Wochen schien es, als würde sich die Mannschaft zusammenreißen können. Jetzt nicht mehr: Nicht nur Drexlers Aussagen offenbarten Probleme in der Teamchemie. Welche Lager innerhalb des Kaders existieren, ist zweitrangig. Ausschließen kann man Grüppchenbildung nicht, aber man muss sie moderieren können – gerade bei einer Kaderplanung, die die Bewertung charakterlicher Qualitäten offenbar nicht beinhaltete. Doch auch die Moderation teaminterner Unstimmigkeiten gelingt Anfang anscheinend nicht.

COLOGNE, GERMANY - APRIL 15: Markus Anfang, head coach of Koeln reacts prior tothe Second Bundesliga match between 1. FC Koeln and Hamburger SV at RheinEnergieStadion on April 15, 2019 in Cologne, Germany. (Photo by Lars Baron/Bongarts/Getty Images)

Foto: Lars Baron/Bongarts/Getty Images

Auch abseits des Platzes macht Anfang keine glückliche Figur. Häufig verfehlte er den Ton und gebärdete sich überheblich. Als er auf seinen taktischen Fauxpas mit der Einwechslung Lasse Sobiechs gegen Hamburg angesprochen wurde, entgegnete er: “Es muss ja alles Sinn machen. Aber es ist auch klar, dass viele das nicht nachvollziehen können. Deshalb gibt es ja auch nicht so viele Trainer.” Im Februar antwortete er auf die Frage, wieso der effzeh so viele Gegentore nach Standardsituationen kassiere, dass es im Grunde nichts bringe, diese zu trainieren. Offenbar unterschätzt der Coach der „Geißböcke“ nicht nur die Wirkung seiner Worte, sondern auch die Sensibilität des Umfelds. Er versucht mit seinen Aussagen offenbar, das Bild eines abgezockten Trainers zu erzeugen. Dabei realisiert er anscheinend nicht, dass er dadurch dazu beiträgt, zu einer Karikatur dessen zu werden.

Anfang ist kein Alleinschuldiger, aber muss sich trotzdem verantworten

Fest steht, dass die Luft für Anfang, der in Köln mit einem fürstlichen Vertrag inklusive einem Millionengehalt ausgestattet wurde, immer dünner wird. Derzeit deutet zwar wenig darauf hin, dass der effzeh-Coach während der laufenden Saison entlassen wird – aber der mediale Wind bläst ihm nun ungewöhnlich stark ins Gesicht. Nachdem die Kritik während der Saison bisher relativ verhalten war, wird mit dem ehemaligen Kielern nun an mehreren Stellen hart ins Gericht gegangen. Für Anfang sollte das ein Alarmsignal sein.

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Eine Entlassung des Coaches nach der Saison ist nicht ausgeschlossen, Gründe dafür gibt es wahrlich genug. Zur Relativierung der Kritik an Anfang kann einzig die trübe Lage des Vereins geltend gemacht werden. Nicht Markus Anfang manövrierte den Verein in die 2. Bundesliga, sondern eine Vereinsführung, die ihren Aufgaben nicht nachkam. Sie verantworten die zweijährige Zerschlagung einer brillanten Grundlage, auf der ein seriöser Erstligaverein hätte entstehen können. Doch der bedenkliche Zustand der Mannschaft, die fehlende positive Entwicklung und die taktischen Mängel – dafür ist Anfang der Hauptverantwortliche. Kann er seine Vorgesetzten davon überzeugen, dass er den Klub in der Bundesliga halten kann? Diese Frage entscheidet über seine Zukunft. Zur Zeit spricht nichts dafür. Spätestens im Sommer sollte das Ende Anfangs erfolgen.

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