Die Schwachstellen wurden schonungslos offengelegt
Dass eine abermalige Pleite gegen den Tabellenletzten der 2. Bundesliga überhaupt zum Thema wurde, hat zum einen mit der großartige Moral der „Zebras“ zu tun, andererseits offenbarte es aber auch schonungslos die Schwachstellen des zukünftigen Aufsteigers aus der Domstadt. Sollte noch jemand Anschauungsunterricht gebraucht haben, wie dem effzeh das Leben enorm schwer gemacht werden kann, der bekam beim wilden 4:4 vom MSV eine Lehrstunde geboten. Früh stören, aggressiv auftreten, schnell kontern: Das sind die Zutaten, um der hüftsteifen und tempoarmen Defensive der „Geißböcke“ die Suppe zu versalzen. Der Abstiegskandidat enthüllte einmal mehr, dass die Anfang-Elf in der Abwehr extremes Steigerungspotenzial hat.
Die Diskussionen um die Bundesliga-Tauglichkeit einiger Akteure werden nach diesem Auftritt nicht geringer werden. Dabei lag es keinesfalls ausschließlich an Lasse Sobiech und Rafael Czichos, die an diesem späten Mittwochnachmittag beileibe keine Sternstunde ihrer Profikarriere erwischt hatten. Der MSV erwischte den effzeh mehrfach dort, wo er am verwundbarsten zu sein scheint: Durch die offensiven Außen Stoppelkamp und Oliveira Souza nutzte der Gastgeber die Lücken der offensiven Kölner Aufstellung und entwickelte über direkte Duelle enorme Gefahr. Der Balanceakt zwischen Vorwärtsdrang und Rückwärtsbewegung ging in Duisburg wieder einmal schief – und führte den „Geißböcken“ wieder äußerst anschaulich vor Augen, dass im Sommer dringender Handlungsbedarf besteht.
Die Offensive liefert und liefert und liefert
Der dürfte dagegen in der „Abteilung Attacke“ weniger vorzuherrschen: Obwohl auch im Angriffsspiel in Duisburg einiges hakte, zeigte die Offensive der „Geißböcke“ ihre für Zweitliga-Verhältnisse überragenden Qualitäten. 74 Treffer in 28 Spielen: Der effzeh stellt die mit Abstand torgefährlichste Mannschaft sowie dank Simon Terodde (28 Tore) und Jhon Cordoba (16) die beiden treffsichersten Angreifer in dieser Saison. Vor allem Cordoba ist derzeit von den Abwehrreihen der Gegner nicht zu stoppen, fünf Tore in den letzten vier Partien sprechen eine deutliche Sprache für die herausragende Form des Kolumbianers.
Doch nicht nur die zwei Kölner Angreifer, die am Mittwoch für drei der vier effzeh-Erfolgserlebnisse sorgten und insgesamt das gefährlichste Duo der jüngsten Zweitliga-Geschichte bilden, liefern derzeit am laufenden Band ab: Der bereits in Heidenheim herausragend agierende Dominick Drexler bereitete wieder einen Treffer vor, Florian Kainz untermauerte seinen Aufwärtstrend im Zusammenspiel mit den Mitspielern eindrucksvoll und auch aus den hinteren Reihen kamen wie beim 4:2 durch Terodde, das Abwehrmann Czichos mit einem wunderbaren Schnittstellenpass einleitete, offensive Impulse. Zusammen mit dem Standards eines Johannes Geis, der in der Schlussphase eingewechselt erneut beim ruhenden Ball zu überzeugen wusste, eine gefährliche Mischung für jeden Gegner auf diesem Niveau.
Louis Schaub ist endlich zurück
Das lag an diesem Mittwoch jedoch vor allem an einem, der aus verschiedenen Gründen in der jüngsten Vergangenheit etwas aus dem Rampenlicht verschwunden war: Louis Schaub, im Winter wegen eines Knochenödems im Schienbein lange ausgefallen, stand erstmals seit dem 15. Spieltag wieder in der Startelf der „Geißböcke“ und zeigte, wieso er die Herzen der effzeh-Fans im Sturm erobert hatte. Trickreich, immer anspielbar und dazu noch torgefährlich: Der Österreicher war der beste Kölner an diesem Abend. Beim 1:1 ließ er die Duisburger Defensive ganz alt aussehen und erzielte nur kurz nach dem Seitenwechsel den abermaligen Ausgleich. Wenige Augenblicke später hätte Schaub mit einem weiteren Solo fast den nächsten Treffer vorbereitet.
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Gerade im Zusammenspiel mit seinem österreichischen Kompagnon Florian Kainz brillierte der 24-Jährige in dieser Partie und deutete an, rechtzeitig zur Schlussphase der 2. Bundesliga wieder auf dem Höhe seines Könnens zu sein. Nach seinen Verletzungen und dem Zwischenspurt der Anfang-Schützlinge, die Schaub aus der Startelf spülten, war sein Startelf-Comeback ein Wagnis, das jedoch nur zur Hälfte aufging. Die Idee, gegen das Schlusslicht mit zwei Zehnern noch offensiver zu agieren, brachte das Team spürbar aus der taktischen Balance. Zu ähnlich interpretierten Schaub und Drexler die Position hinter den Spitzen, zu große Löcher riss diese Spielweise ins Zentrum der „Geißböcke“. Dennoch: Einem Louis Schaub bei der Arbeit, die aufgrund der Leichtigkeit nie so wirkt, zuzuschauen, macht einfach Spaß!