Ein Bock ruiniert den Eindruck
Die zweitmeisten Ballkontakte, eine herausragende Passquote (94 Prozent angekommene Anspiele), die beste Zweikampfbilanz auf dem Feld (68 Prozent gewonnene Duelle) und der meistgefoulte Spieler auf dem Platz: Was eigentlich nach einem tollen Spiel klingt, ist bei naher Betrachtung eben dann doch nicht die komplette Realität. Die Statistik sagt in diesem Fall leider nicht alles aus. Denn die Zahlen gehören zu Salih Özcan, der sich mit seinem Aussetzer vor dem 1:3 einen eigentlich sehr ordentlichen Auftritt komplett zunichte machte. Eigentlich eben.
War der effzeh-Youngster in der ersten Hälfte neben Jhon Cordoba definitiv der auffälligste Kölner und konnte von den Bochumern mehrmals nur mit einem taktischen Foul gebremst werden, lag nach der Pause der Fokus offenbar mehr auf Stabilität im Spielsystem. Eine Rolle, die Özcan nicht auszufüllen vermochte. Mit zunehmender Spielzeit (und das zeigen die Daten eben nicht), häuften sich die Fehler, insbesondere bei der Ballverarbeitung. Sein Katastrophenpass, der aus der Suche nach spielerischen Lösungen im Spielaufbau resultierte, ist dabei der auffälligste Fauxpas, aber auch nicht der einzige gewesen. Es zerschoss ihm letztlich eine ordentliche Leistung, die sich vor den Kollegen nicht zu verstecken braucht.
Tempo ist Trumpf
Besonders der Özcan-Bock zeigte auf, wie anfällig die Spielaufbau-Idee der Kölner sein kann, wenn sich der Gegner nicht allzu weit zurückzieht und dabei vor allem den Mittelmann der Dreierkette im Visier hat. Schon zuvor in der Partie wie auch beim Heimsieg gegen Magdeburg war der Versuch des spielerischen Hinten-heraus-Kombinierens größtenteils herzinfarkt-fördernd gewesen – nur mit einigem Glück, gewissem Risiko und einer ordentlichen Portion Passschärfe gelang es dem effzeh, einen frühen Ballverlust zu vermeiden.
Foto: Juergen Schwarz/Bongarts/Getty Images
Doch auch ohne Fehler war die Kombinationsvorgabe in der Defensive ein Hemmschuh im Spiel der „Geißböcke“. Immer wieder wurde noch der Extra-Pass gesucht anstatt die Räume hinter der ersten Pressinglinie, wie es im Taktikdeutsch so schön heißt, zu nutzen. Bei allem Verständnis für einen Spielvortrag, der geduldig viele Spieler involviert und die entsprechende Räume sucht, nahm das den Kölner Angriffsbemühungen oft das Tempo. Tempo, das die Bochumer besonders über Sidney Sam in die Partie brachten. Es zeigte sich wieder einmal, dass die effzeh-Defensive vor allem dann anfällig ist, wenn der Gegner über pfeilschnelle Angreifer ins Konterspiel kommen kann. Nachholbedarf scheint weiterhin gegeben.
Der 12. Mann zeigt sich reserviert
So lethargisch sich zuweilen das Spiel daher schleppte, so wenig sprang der Funke von den Tribünen auf den Rasen: Von der zumeist gelobten Stimmung im Müngersdorfer Stadion war kurz vor Weihnachten wenig zu spüren. Zwischenzeitlich ergab sich sogar der Eindruck, ein nicht geringer Teil der Zuschauer wäre während des laufenden Spiels eingenickt, doch die Reaktionen auf Flanken von Marcel Risse widerlegten diese These nur allzu gut. Dennoch: Von einem Hexenkessel war die Atmosphäre im Kölner Westen weit entfernt. Vielleicht die vorweihnachtliche Ruhe, denn bereits gegen Magdeburg glich die Partie vom Geräuschpegel eher einem Auswärts- denn einem Heimspiel.
Das hat natürlich auch Gründe: Während die Reise nach Köln für viele Gästefans das Highlight des Jahres darstellt, kommt der Kölner Anhang zuweilen etwas unmotiviert daher. Heimspiele gegen Bochum oder Magdeburg, bei allem Respekt gegenüber den Gegnern, reißen den gemeinen effzeh-Fan nun einmal nicht aus den Sitzen. Für die Spieler ist es derweil schade, zum Abschluss eines guten Halbjahres hätten sie sicherlich noch einmal die volle Unterstützung des Stadions verdient gehabt. Wie das wirken kann, zeigte ja die Schlussphase, als die Mannschaft alles nach vorne warf und auch das Publikum mitzog. Vielleicht aber muss auch manchmal der Funke vom Platz auf die Tribünen überspringen.