So holte der effzeh die Mainzer durch eigene Nachlässigkeit wieder in die Partie. Manchmal ist es eben zwar nicht ausschließlich, aber doch auch eine Frage des Willens auf dem Platz. Doppelt so viele Foulspiele bei den „Nullfünfern“ sprechen ebenso eine deutliche Sprache wie die Anzahl der Sprints (240 zu 208). Auch deshalb konnte der effzeh die starken Phasen zu Beginn der beiden Halbzeiten nicht halten, weil sich die Gastgeber mit ihrer Intensität und ihrer robusten Spielweise dagegenstemmten. Mainz weiß offensichtlich, wie Abstiegskampf geht, während die „Geißböcke“ noch rätseln, wie sie solche direkten Duell im Tabellenkeller anzugehen gedenken. Es sollte dem Team nun endgültig klar sein, dass es gerade in diesen sogenannten „Sechs-Punkte-Spielen“ mehr Leidenschaft an den Tag legen muss, um erfolgreich zu sein.
Die Torwartdiskussion kocht hoch
Zum Erfolg braucht es allerdings auch den entsprechenden Rückhalt zwischen den Pfosten – und diese Sicherheit bietet Timo Horn dem Team derzeit nicht zu 100 Prozent. Öztunalis eigentlich eher harmlose Abschluss, der zum 3:1 für die Mainzer und der wohl endgültigen Entscheidung in der Partie führte, ging ins kurze Eck und ließ den Kölner Keeper ziemlich alt aussehen. Auch beim zweiten Gegentreffer, als Quaison aus großer Distanz eine ziemliche Rakete los ließ, ist Horn von Schuld nicht komplett freizusprechen. Es passt in die bisherige Saison des ambitionierten Torhüters, der sich medial auch nicht zurückhält, sondern stets Präsenz zeigt: Die ganz großen Fehler wie beim dritten Gegentor passieren dem 26-Jährigen eher selten, allerdings sieht er gerade im direkten Vergleich mit Kollegen wie dem Mainzer Zentner oder gar Schalkes Nübel wenig Land.
Schon seit längerem steht die Entwicklung des Schlussmanns im Brennpunkt vieler Debatten – spätestens seit der Abstiegssaison ist auch der gebürtige Kölner nicht mehr vor Kritik gefeit. Spieleröffnung, Strafraumpräsenz, Ausstrahlung: Die Kritikpunkte sind ausgiebig beim einstigen Junioren-Nationalspieler, der auch auf dem Weg zum Aufstieg mehrfach wackelte. “Ich weiß, dass es diese Diskussion unter Fans gibt. Ich kann sie aber nicht nachvollziehen. Und bei uns im Verein gibt es diese Diskussion auch nicht. Ich lasse mir Timo nicht zerreden“, stellt sich Coach Beierlorzer demonstrativ vor seine Nummer Eins. Verstummen lassen kann diese Debatte vermutlich nur Horn selber: Mit starken Leistungen zwischen den Pfosten des 1. FC Köln, die Punkte einbringen.
Probleme im letzten Drittel
Punkte müssen sich die „Geißböcke“ allerdings in der Bundesliga hart verdienen – und dabei vor allem im Spiel nach vorne Entwicklungsschritte nach vorne gehen. Immer wieder zeigt die Mannschaft Ansätze, dass sie über Lösungen verfügt, die Gegner vor Probleme zu stellen. Gerade die Anfangsphasen der beiden Hälften stehen exemplarisch dafür: Mit dem spiel- und laufstarken Zentrum um Kapitän Jonas Hector und der aggressiv anlaufenden Angriffsreihe schaffte es der effzeh, die Mainzer früh unter Druck zu setzen und Ballgewinne weit in der gegnerischen Hälfte zu produzieren. Das langte allerdings trotz einer Vielzahl an vielversprechenden Situationen nicht zu einer Vielzahl an guten Torchancen.
Und das, obwohl die Kölner von den Gastgebern nicht nur große Räume in den bevorzugten Bereichen bekamen, sondern auch viele Standards in aussichtsreichen Positionen ausführen durften. Im Unterschied zu den Partien auf Schalke und gegen Paderborn konnte der effzeh letztere jedoch nicht gewinnbringend nutzen. Und auch aus dem offenen Spiel offenbarte die Beierlorzer-Elf wieder einmal gravierende Probleme in der Entscheidungsfindung: Ergaben sich Ballgewinne tief in der Mainzer Hälfte, einhergehend mit einer unsortierten Abwehr des Gegners und entsprechenden Anspielmöglichkeiten, fehlte sowohl Entschlossenheit als auch Klarheit in den Kölner Aktionen. Insbesondere nach dem Rückstand konnte der effzeh sich trotz optischer Überlegenheit so kaum mehr gefährlich in Szene setzen.
Terodde bestätigt Status als Startstürmer
Wenn es denn gefährlich wurde, dann war zumeist ein Spieler miteinbezogen: Simon Terodde zeigte auch in Mainz, weshalb er derzeit der Stürmer Nummer Eins im Kölner Kader ist. Scheiterte er kurz nach Spielbeginn noch freistehend an Zentner, machte er es zehn Minuten besser und ließ mit einem tollen Drehschuss dem Mainzer Torwart keine Abwehrchance. Auch danach war Terodde der Aktivposten im effzeh-Angriff, obwohl er zumeist im Zentrum allein auf weiter Flur stand. Ob per Kopf wie bei Schaubs Flanke in der ersten Hälfte, mit einem weiteren Schuss, den Zentner parierte, oder akrobatisch per Seitfallzieher: Der Sturmroutinier zeigte sich präsent vor dem gegnerischen Tor und bereitete insbesondere Niakhaté über weite Strecken in den Zweikämpfen einen harten Abend.
Doch dass Terodde in der Hierarchie des Kölner Angriffs derzeit die Nase vorn hat, liegt bei Weitem nicht nur an der offensiven Durchschlagskraft. Wieder arbeitete der 31-Jährige viel für die Mannschaft, war gegen den Ball äußerst aktiv und auch im eigenen Strafraum bei den Standards der Mainzer präsent. Auch nach der Einwechslung seiner Kontrahenten Cordoba und Modeste war der Torschützenkönig der vergangenen Zweitliga-Saison der auffälligste Angreifer beim effzeh. Auch deshalb ist davon auszugehen, dass Terodde bei den anstehenden Aufgaben in Saarbrücken und im Derby bei Fortuna Düsseldorf erste Wahl sein wird. Denn: Eine Abkehr von der Ein-Stürmer-Strategie ist zwar beim Pokalspiel zu erwarten, in der Bundesliga dürfte effzeh-Coach Achim Beierlorzer weiter auf eine einzige Sturmspitze setzen. Und die heißt aktuell, wer hätte das vor der Saison gedacht, ganz klar Simon Terodde.