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Meinung

Viel Geld und etwas Strategie: Chinas Pläne für den Fußball

Die Kooperation des effzeh mit der Provinz Shenyang war für unseren Autor der Anlass, sich mal näher mit Chinas Plänen für den Fußball auseinanderzusetzen. In unserem Longread werden die chinesischen Ambitionen, eine fußballerische Supermacht zu werden, näher beleuchtet.

Foto: NICOLAS ASFOURI/AFP/Getty Images

Die “Wiederbelebung des chinesischen Fußballs”

Doch was in China per Staatsdekret möglich ist, verdeutlichen die Bestrebungen im Fußball. Im Februar 2015 befahl Xi die “Wiederbelebung des chinesischen Fußballs”. Diese Wiederbelebungsmaßnahmen, ein 50 Punkte umfassender Aktionsplan, sahen unter anderem vor, bis 2017 20.000 Grund- und Mittelschulen zu Fußballschwerpunktschulen umzufunktionieren (2025 sollen es 50.000 sein), bis zu jenem Jahr 100.000 neue Fußballspieler heranzuziehen und noch 2015 6.000 neue Trainer auszubilden.

Foto: Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images

Bei Hochschulaufnahmeprüfungen werden jene bevorzugt, die fußballerisch stark sind. 2010 waren nach jahrelanger öffentlichkeitswirksamer Korruptionsaffäre um die heimische Liga nur noch 7.000 aktive Fußballspieler registriert – eine Zahl, die im Verhältnis zu den rund 1,3 Milliarden Einwohnern des Landes damals und heute fernab jeglicher Vorstellungskraft liegt. Auf die Frage, ob man in mit einem Fünfjahresplan den heimischen Fußball auf Spitzenniveau bringen könne, antwortete Karl-Heinz Rummenigge: “Warum nicht? Ich kenne wenige Völker auf der Erde, die beharrlicher waren.”

China: ein fußballerisches Entwicklungsland

China, das in vielen Sportarten längst Spitzensportler hervorbringt, wirkt im Fußball mit seiner Nationalmannschaft in diesem Zusammenhang erstaunlich rückständig. Kein Wunder, werden viele jetzt sagen, wenn doch nur ausländische Spieler gekauft werden. Und unter den 20 besten Torschützen der Chinese Super League befinden sich auch nur zwei Chinesen. Fußballerischer Erfolg und spielerische Entwicklungen sind eben nicht so kalkulierbar wie wirtschaftliches Wachstum oder der Profit einer Investition außerhalb des Sports. Ausländische Spieler berichten häufig, dass die chinesischen Spieler ihnen physisch sogar überlegen wären, fußballerisch jedoch nicht. Das Training war in der Vergangenheit zu wenig spielerisch und zu militärisch, wobei doch die großen Spieler alle über ihren Spielwitz und überraschende Elemente in ihrem Spiel zum Erfolg kommen – für die sehr strategisch und disziplinierend denkenden Chinesen ist das schwierig nachvollziehbar gewesen.

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Der chinesische Fußball wird neu erdacht

Die chinesische Regierung hat das aber erkannt und plant, Graswurzelvereine zu fördern, Bolzplätze zu bauen und den Sport sukzessive von der Politik zu entkoppeln – nach gehöriger Starthilfe selbstverständlich. Das Training soll von Grund auf verändert und den Kindern mehr Spielraum eingeräumt werden, um Kreativität auf dem Platz entwickeln und ausleben zu können. Chinesische Trainer berichten fasziniert davon, wie viel Spaß vor allem Kinder in Spanien am Fußball hätten. Ein Resultat dieses Austauschs besteht darin, dass Kinder beim Fußballtraining in China jetzt nicht mehr angebrüllt und geschlagen werden. Der kulturelle Austausch funktioniert also noch schleppend, aber er geht voran. Auch europäische Jugendtrainer müssen sich noch an die chinesische sehr erfolgsorientierte Mentalität gewöhnen, die vor allem von Eltern und Sponsoren ausgeht.

Zwischen Begeisterung und Strategie

Foto: Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images

Die Faszination für den Fußball teilt der Präsident mit seinem Volk. Obwohl es an der chinesischen Ostküste drei Uhr nachts war, schauten sich rund 100 Millionen dort lebende Menschen das WM-Finale zwischen Deutschland und Argentinien im Jahr 2014 an. Für die Europäer ist China längst zum interessantesten Markt geworden, der sich außerhalb des eigenen Kontinents befindet. Der FC Bayern München will gar 90 Millionen Bayern-Fans in China ausgemacht haben. Karl-Heinz Rummenigge erzählt bis heute fasziniert davon, dass die Mannschaft bei ihrer Landung in China von rund 4.000 Menschen in Bayerntrikots empfangen wurde, die alle den “Stern des Südens” besungen haben.

Geht es tatsächlich nur um das runde Leder?

So vernünftig manche Vorhaben hinsichtlich der fußballerischen Entwicklung in China auch klingen mögen, so kalkulierend und expansiv sind die wirtschaftlichen Bestrebungen, die derzeit rund um den Fußball erkennbar sind. Den Worten und Plänen Xi Jinpings folgt derzeit vor allem die wirtschaftliche Elite des Landes. Die Wanda-Group um ihren Chef Wang Jianlin, immerhin der reichste Mann Chinas, hat im März einen Vertrag mit der FIFA abgeschlossen, der sie zu einem der Großsponsoren werden lässt – in einer Liga mit Gazprom, Adidas und Coca-Cola. Wang betonte nicht nur, dass sein Unternehmen nicht das einzige chinesische Unternehmen bleiben werde, das ein Sponsoring der FIFA übernimmt, sondern auch, dass der Vertrag bis 2030 datiert sei. Chinesische Staatsmedien werteten dies als ein Signal dafür, dass China spätestens in diesem Jahr eine Fußball-Weltmeisterschaft ausrichten wolle.

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