Wer in den letzten Wochen die Play-Offs in der amerikanischen Footballliga NFL verfolgte, dem wurde alles geboten: Absurde Abnutzungskämpfe bei zweistelligen Minustemperaturen und Schneefall in Wisconsin, Favoritenstürze in der Verlängerung nach Aufholjagden der Außenseiter und eines der besten Spiele der letzten Jahre in einem ganz dramatischen, wilden und hochklassigen Hin- und Her bei auslaufender Uhr. Wer hingegen die Bundesliga in den letzten Wochen verfolgte, der kam nicht umhin, vor Langeweile mehr als einmal die Fernbedienung zu suchen, wenn nicht gerade der eigene Lieblingsclub spielte. Sportlich bietet die Bundesliga maximal Durchschnittsware, und zusätzlich weiß jeder: Trotz des Ausrutschers am Wochenende in Bochum werden die Bayern am Ende die zehnte Meisterschaft in Folge „feiern“.
Das Problem daran: Ebenfalls jeder hat es vor Beginn der Saison bereits gewusst. Und ein Wettbewerb, der von vorne herein entschieden ist, ist leider kein Wettbewerb mehr. Und lockt auf Dauer keinen hinterm Ofen hervor. Dies weiß auch die Deutsche Fußball-Liga. Die Pandemie hat die Geldsorgen verschärft, ob der neue TV-Vertrag einen neuen Rekord einspielt, darf bezweifelt werden. Die neue Vorsitzende der DFL, Donata Hopfen, wagte sich in ihrem ersten großen Interview, welches sie natürlich ihrem alten Arbeitgeber, der Bild-Zeitung, gab, entsprechend in die Offensive. Ihre Lösung für das Problem: Play-Offs in der Bundesliga. „Die Liga wäre natürlich attraktiver, wenn sie mehr Wettbewerb an der Spitze hätte“, so Hopfen.
Ein Spektakel, das Fußball-Deutschland dringend braucht
Damit hat Frau Hopfen natürlich Recht. Einen verregneten Abnutzungskampf zwischen Leipzig und Wolfsburg im Viertelfinale, während die Leverkusener es ein wenig spannend machen und ihrem Favoritenstatus gegen Hoffenheim nur knapp gerecht werden. Was gibt es daran nicht zu mögen? Und selbst die Bayern würden eine Halbzeit gegen Frankfurt straucheln, bevor sie dann erst in der zweiten Halbzeit alles klar machen. Das klingt, als würde es das Premium-Produkt Bundesliga endlich wieder ins spannungsreiche und gelobte Land des attraktiven Wettbewerbs führen. Mit dem Playoff-Format könnte man dann auch ein Finale ähnlich dem des Super Bowls durchführen. Ein Event, jedes Jahr in einem anderen Stadion. Und eine Woche lang purer Fokus auf das Match und die einzelnen Matchups. Der Boulevard könnte zusätzlich jede Spielerfrau porträtieren. Und das Highlight: Die Pause dauert 25 Minuten, weil Mark Forster oder internationale Topstars wie Lionel Ritchie eine Halbzeit-Show der Extraklasse abliefern. Ein Spektakel, das Deutschland braucht!
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Gut, die Probleme der Bundesliga würde dies natürlich nicht lösen. Denn die Probleme der Bundesliga liegen ganz woanders. Zum Beispiel, weil die Ausgabenseite für gewisse Clubs einfach niemals ein finanzielles Risiko darstellt. Der politisch obskure Getränkeriese oder ein dubioser Hedgefonds-Milliardär zahlen schon. Oder weil andere Vereine mit jährlich über 100 Millionen Euro zusätzlich planen können, weil sie jede Saison in der Champions League weit kommen. Aber das haben diese Vereine sich natürlich auch über die Jahrzehnte verdient und mit Verweis auf das Gefühl des Neides lässt sich eine Debatte in diese Richtung in Deutschland jederzeit abwürgen. Problematisch auch, dass Vereine wie Hoffenheim und Wolfsburg niemanden interessieren – vollkommen egal, wie gut sie sportlich abschneiden. Und dann gibt es ja noch das Damoklesschwert des Bundeskartellamts, welches jüngst die Ausnahmen für Konzernklubs kritisierte. Das letzte Wort ist hier noch nicht gesprochen.
Investoren als Misserfolgsmodelle gern gesehen
Aber diese Problemstellungen erfordern natürlich komplexe Lösungen, die auch wirklich einschneidend wären und Vereinen etwas wegnehmen würden, um das Produkt Bundesliga nachhaltig zu verbessern. Man müsste an die Wurzel ran. Das klingt anstrengend. Dann lieber Playoffs, da wird der FC Bayern dann nur acht von zehn Mal Meister. Und wer dann noch etwas ändern will, der kann ja 50+1 abschaffen. Mehr Lars Windhorst, mehr Klaus-Michael Kühne müssen gewagt werden, damit die Bundesliga im internationalen Vergleich auf keinen Fall den Anschluss verliert. Dieser Tage zeigt sich immerhin, in den vergangenen Jahren sind Erfolgsmodelle in Berlin und Hamburg entstanden.
Und wenn der deutsche Fußball-Superbowl immer noch nicht genug Geld einspielt, dann hat die DFL ja noch ein Ass im Ärmel: Den Supercup! Ja, den gibt es noch. Bald dann in Saudi-Arabien, hat Frau Hopfen laut angedacht. Da darf sie als Frau ja neuerdings sogar Auto fahren und ins Stadion gehen. Die Monarchie würde bestimmt viel Geld zahlen und im Gegenzug mit dem noch guten Namen der Bundesliga weiter „Sportwashing“ betreiben. Spannend, wie das dann aussehen dürfte – die angeblich so dringend ersehnte Fannähe dürfte mit dem aufregenden Wettbewerb direkt ebenfalls abgehakt werden. Eines ist klar: Einer goldenen deutschen Zukunft steht dann fußballerisch wirklich nichts mehr im Wege.