Bis heute nimmt der Konflikt zwischen den Kontrollinstanzen, vor allem dem Mitgliederrat, und dem mittlerweile dezimierten Vorstand den Club in den Schwitzkasten. Persönliche Befindlichkeiten, unkooperatives Verhalten, Leaks von Interna, um anderen zu schaden – das Innenleben des Clubs macht schon länger eher den Eindruck einer schäbigen Version von House of Cards als den eines professionellen Fußballclubs, in dem alle gemeinsam am gleichen Strang ziehen.
Entscheidung ist nachvollziehbar – und professionell
Dass die Vertreter der Mitgliedschaft angesichts dieser Zustände auf eine Nominierung von Schumacher und Ritterbach verzichtet haben, ist daher so nachvollziehbar wie professionell. Ob jemand irgendwann einmal das Tor für den Verein gehütet hat, darf bei einer nüchternen, rationalen Entscheidung ebenso wenig ein Faktor sein, wie die gute Arbeit, die ein Vorstand vor mittlerweile doch langer Zeit irgendwann einmal gemacht hat – wobei in dieser Frage ohnehin Werner Spinner die Hauptrolle spielte.
Auch eine Nominierung von CDU-Politiker Wolfgang Bosbach kam angesichts der medialen Präsenz des Talkshow-Profis in den letzten Wochen nicht ernsthaft in Betracht. Wer schon im Vorhinein ständig im Rampenlicht rumturnt, scheint nur schwerlich für das Amt geeignet zu sein.
Dass der Mitgliederrat Dr. Werner Wolf als Präsidenten-Kandidat benannt und ihm ausgerechnet den ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Jürgen Sieger an die Seite gestellt hat, bedeutet daher nicht nur eine Entscheidung für ein Trio, das – komplettiert durch Rennbahn-Chef Eckhard Sauren – eine enorme wirtschaftliche und juristische Kompetenz mitbringt. Die Nominierung drückt vor allem auch die Sehnsucht nach den Zeiten aus, in denen das einstige Vorstandsmotto, den „Verein zu vereinen“, noch gelebt wurde. Die gelungene Pressemitteilung von Mitgliederrat und Kandidaten-Trio unterstreicht das. “Gemeinsam gewinnen alle”, lautet das Motto des Kandidatentrios.
Toni Schumacher und Markus Ritterbach wurden nicht nominiert | Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images
Die Kandidaten-Auswahl des Gremiums ist keine persönlich gemeinte Attacke gegen Markus Ritterbach und Toni Schumacher, es ist kein böswilliger Rauswurf, auch wenn den beiden Vizepräsidenten zugeneigte Medien dies so umzudeuten versuchen. Die Entscheidung ist lediglich der Wunsch nach einer Rückkehr zu einem professionellen Miteinander im Club – und einem gemeinsamen Ziel.
Frischer Wind wird dem 1. FC Köln gut tun
Ein neuer Vorstand, frischer Wind, wäre da nur der Anfang. Damit der Umbruch nachhaltig gelingt, könnten auf das neue Trio, sollte es denn gewählt werden, bald dann noch weitere wichtige Personalentscheidungen zukommen. Außerdem wollen Wolf, Sauren und Sieger sich zusätzliche Beratungskompetenz an Bord holen. Dies gelte vor allem für den Bereich des Sports in Form eines auf Vorstandsebene angesiedelten Kompetenzteams.
Damit dürften die Kandidaten die sportliche Kompetenz des amtierenden Vorstands bereits schon übertreffen. Die Gremien des Clubs – die Beirats- und der Aufsichtsratsvorsitzende Karl-Ludwig Kley und Lionel Souque unterstützen den Vorschlag des Mitgliederrats – haben nun jedenfalls die Tür für einen Neuanfang im Kölner Grüngürtel geöffnet.
Für Schumacher und Ritterbach, die sich in den letzten Wochen im Hintergrund ordentlich in eigener Sache ins Zeug gelegt hatten, würde nun noch der Weg über eine Kampfkandidatur offen stehen. Es heißt, beide seien bereit dafür. Dazu geäußert haben sich die Vizepräsidenten öffentlich allerdings noch nicht. Noch haben beide also die Chance, ihre Amtszeit beim 1. FC Köln in einem halbwegs würdigen Rahmen zu Ende zu bringen, den Blumenstrauß und Gips-Geissbock im September anzunehmen und sich professionell zu verabschieden. Beide wären gut beraten, diese Gelegenheit zu ergreifen.
Diesen sportlich für den Club extrem wichtigen Sommer für eine Wahlkampf-Schlammschlacht – trotz mangelnder Unterstützung aller Gremien – in eigener Sache zu nutzen, wäre schließlich nur der erneute Beweis für ihre Geringschätzung der satzungsgemäßen Strukturen des Vereins. Und der eindrucksvollste aller Belege dafür, dass ihnen der eigene Machterhalt wichtiger ist als eine gute Zukunft des 1. FC Köln.