Grund drei: Fehlen von Angriffsmustern im Ballbesitz
Dieser Punkt sollte verwundern, da doch gerade deshalb Anfang mit Holstein Kiel in der vergangenen Saison für Furore sorgte. Spielverlagerung schrieb dazu: „Eine der interessanten Eigenschaften und Qualitäten von Kiel ist, dass die KSV zwar eine sehr gute Kontermannschaft ist, aber auch relativ gute Ballbesitz-Strukturen aufweist. Kiel vereint beide Aspekte dadurch, auch seine Angriffe aus dem Ballbesitz heraus mit viel Zug und Tempo – ziemlich konter-mäßig – zu spielen. “
Nichts davon war beim 1. FC Köln in dieser Saison zu sehen. Spätestens mit der Umstellung auf ein 3-5-2 (vgl. oben) war die Idee des flachen Spielaufbaus durch hochschiebenden Außenverteidiger ad acta gelegt und es gelang Anfang nicht, seine Spielidee in das neue System (das ihm ja von Sportdirektor Armin Veh „empfohlen“ wurde) herüberzuretten. Dies hatte den Effekt, dass die Mannschaft im Laufe der Saison, anstatt sich spielerisch stetig weiter zu entwickeln, in immer einfachere Angriffsmuster verfiel. Gegen Ende der Anfang’schen Ära verfiel man sogar zusehends in „hero ball“ und wurde immer abhängiger von Einzelaktionen der Stürmer Terodde/Cordoba sowie deren Tagesform. Da es für den Gegner aber kaum noch überraschende Angriffsmomente gab – und sich inzwischen nun wirklich bis zu jedem rumgesprochen hatte, dass man im Wesentlichen nur zwei Spieler decken muss – wurde es zusehends leichter, den Effzeh zu verteidigen und gerade Terodde aus dem Spiel zu nehmen – 7 Rückrundentore gegenüber 21 Hinrundentoren sprechen da eine deutliche Sprache.
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Standardstärke und individuelle Klasse als Triebfeder für die Tore
Da dies bei Jhon Cordobá, der einen von Haus aus höheren Aktionsradius hat, ungleich schwerer fiel, konnte immerhin er noch den Ansprüchen des Heldenballs genügen und den Domstädtern weiterhin zu Toren verhelfen. Es ist auch keine Überraschung, dass in diesen Rahmenbedingungen ein freier Spielertyp wie Dominick Drexler seine individuell beste Phasen haben konnte. Dies war aber eher ein glücklicher Nebeneffekt anstatt eines geplanten Offensivzuges, da man kaum annehmen darf, dass ein Trainer bewusst seinen besten Stürmer (Terodde) kaltstellen lässt, um einen anderen Spieler zum Vorschein zu bringen (Drexler).
Zwar mag sich nun der eine oder andere Leser wundern, warum dem FC hier mangelnde Offensivmuster unterstellt werden angesichts von 76 erzielten Toren, allerdings ist dies als schleichender Prozess zu betrachten, der erklärt, warum der FC in der Hinrunde im Schnitt 2,7 Tore/Spiel erzielt hat, aber in den 15 Spielen der Rückrunde unter Anfang nur noch 2,1. Zieht man allerdings alle Tore nach Standards und klaren Torwartfehlern ab, bleiben nur noch 17 Tore übrig, die man in der Rückrunde aus dem Spiel heraus erzielen konnte (1,1 pro Spiel). Es ist wohl einzig der Standardstärke von Johannes Geis sowie der individuellen Klasse vor allem Drexlers und Cordobás während unübersichtlichen Situationen nach Ecken oder Freistößen zu verdanken, dass der Effzeh noch oben mitspielt. Von der einstigen Kieler Verve im Angriffsspiel war spätestens seit Mitte der Rückrunde kaum noch etwas zu sehen, die Anfang’sche Spielidee war verraten.
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