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Meinung

Mitgliederversammlung des 1. FC Köln: Ohne Livestream keine Transparenz?

Der 1. FC Köln verzichtet in diesem Jahr auf einen Livestream der Mitgliederversammlung und zeigt, dass totale Transparenz nicht wirklich angestrebt wird.

MV
Foto: Sebastian Bahr

Die Mitgliederversammlung des 1. FC Köln bietet auch in diesem Jahr genügend Gesprächsstoff, um sich je nach Lust und Laune über Begriffe wie repräsentative Demokratie, mediale Einflussnahme im Vorfeld von Wahlen oder ganz allgemein Medienkompetenz auszutauschen. Die Behauptung, Politik und Fußball stünden in keinem Verhältnis, lässt sich bei einer tiefergehenden Analyse des Sachverhalts vor der sonntäglichen Wahl leicht widerlegen. Die Medienstadt Köln tut ihr Bestes und fährt vor der Versammlung noch einmal die großen Geschütze auf: Die Protagonisten kommen zu Wort, dürfen mehr oder weniger kritisch befragt ihre Standpunkte zum Besten geben oder gleich in Ansätzen die Realität verdrehen.

Bei allen leidenschaftlichen Diskussionen darf jedoch eines nicht vergessen werden: im Vergleich zu anderen Bundesligisten verfügt der 1. FC Köln über eine sehr demokratische Satzung. Als einer der größten Sportvereine Deutschlands sind mittlerweile mehr als 106.000 Mitglieder stimmberechtigt, von denen wohl nur ein Bruchteil am Sonntag in der früheren Kölnarena in Deutz aufschlagen werden, um den Jahresberichten der Verantwortlichen zu lauschen und im Tagesordnungspunkt 10 das vorgeschlagene Vorstandstrio zu wählen. Der Verein hatte die Notwendigkeit erkannt, einen Termin zu schaffen, an dem möglichst viele Mitglieder an der Versammlung kommen können – mit einem Sonntag in der Länderspielpause fand sich dann auch ein guter Zeitpunkt. In den vergangenen Jahren hatte die Mitgliederversammlung unter der Woche am Abend stattgefunden.

Wie können Fans und Mitglieder von außerhalb die MV verfolgen?

In diesem Zuge gab es in der Vergangenheit auch Diskussionen darüber, ob es nicht sinnvoll wäre, Mitglieder von außerhalb durch eine Online-Stimmabgabe zu beteiligen – sie könnten sich den Weg sparen und trotzdem ihr Recht auf Wahl wahrnehmen. Darauf würde automatisch auch eine höhere Wahlbeteiligung folgen, was für einen Verein mit einer demokratischen Satzung durchaus erstrebenswert wäre. Dagegen spricht eindeutig die Zuverlässigkeit von Online-Abstimmungen und die Problematik, dass Mitglieder sich nicht ausreichend mit den Inhalten beschäftigen – die Anreise nach Deutz würde voraussetzen, dass Interessierte sich die Mühe machen, mit den Sachverhalten befassen.

https://twitter.com/fckoeln/status/1169916253231824896?s=20

Ein Kompromiss wäre, dass man die Veranstaltung über die eigenen Kommunikationskanäle (FC-TV oder YouTube) überträgt, damit interessierte Mitglieder und auch Personen von außerhalb des FC-Kosmos verfolgen können, was bei der richtungweisenden Mitgliederversammlung geschieht. Die Kommunikationsstrategie des Vereins ist in dieser Frage aber eher unglücklich: In diesem Jahr wird es, wie der 1. FC Köln gestern bekanntgab, “aus Kostengründen keinen Livestream von der Mitgliederversammlung” geben. Lediglich eine Zusammenfassung werde in der kommenden Woche auf dem vereinseigenen Kanal verfügbar sein.*

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Die Entscheidung soll nach Informationen des Geissblog.Köln in einem Treffen zwischen Mitgliederrat, Vorstand und Mitglieder- bzw. Eventabteilung des FC gefallen sein. Die Mitgliederversammlung des 1. FC Köln im Jahr 2018 soll teuer gewesen sein, weswegen einzelne Kostenpunkte hinterfragt worden sein sollen. Die Kosten für den Livestream (zwischen 6.000 und 10.000 Euro laut Geissblog.Köln) fallen bei den Gesamtkosten von etwa einer halben Million Euro allerdings kaum ins Gewicht. Auf Nachfrage des Onlinemediums bestritt der Verein aber, dass die Entscheidung “mit der aufgeheizten Stimmung rund um die Vorstandswahl” zu tun habe.

Kostengründe aus Argument wirklich ausreichend?

Der Verein wolle selbst über die Veranstaltung lediglich mit einem Liveticker begleiten, hieß es bereits in einer Einladung im Vorfeld. Zugegeben: Wohl und Wehe des 1. FC Köln werden sich nicht daran entscheiden, ob Hunderttausende Menschen im Internet die Mitgliederversammlung verfolgen können. Mit Blick auf das vergangene Jahr zeigt die Kommunikationsstrategie des Vereins aber auch, dass totale Transparenz offenbar nicht wirklich angestrebt wird – das Argument, aus Kostengründen sei kein Livestream möglich, wirkt ein wenig vorgeschoben. Die Kölnarena bietet (bis auf das fehlende WLAN im Pressebereich) ansonsten eine ideale Infrastruktur für eine solche Veranstaltung, Kameras werden sowieso vorhanden sein. Und heutzutage gibt es ausreichend Möglichkeiten, um kostenfreies Streaming zu ermöglichen.

Die Öffentlichkeit barrierefrei (das heißt ohne Anmeldung und Kosten) die Mitgliederversammlung verfolgen zu lassen wäre ein Schritt, mit dem der 1. FC Köln seinen Status als demokratischer und mitgliedergeführter Verein untermauern könnte. Momentan ist das allerdings eher Wunschdenken.

*Hinweis: In einer vorherigen Version des Textes hieß es, dass Teile der Mitgliederversammlung aus dem letzten Jahr  nicht im Gesamtvideo zu sehen waren. Der 1. FC Köln wies uns darauf hin, dass es im letzten Jahr keine Gesamtversion gab, was natürlich stimmt. Deswegen haben wir die entsprechende Passage gelöscht.

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