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Meinung

Kein Livespiel des 1. FC Köln im Pokal: Retortenschlacht statt Traditionsduell

Die Entscheidung der ARD, das Pokalspiel zwischen dem 1. FC Köln und Schalke 04 nicht zu zeigen, stößt auf Unverständnis. Besonders die gewählte Alternative sorgt für Kopfschütteln allerorten.

COLOGNE, GERMANY - AUGUST 13: Supporters of Cologne lift their scarfs during the Second Bundesliga match between 1. FC Koeln and 1. FC Union Berlin at RheinEnergieStadion on August 13, 2018 in Cologne, Germany. (Photo by Juergen Schwarz/Bongarts/Getty Images)
Foto: Juergen Schwarz/Bongarts/Getty Images

An dieser Stelle prallen Tradition und Moderne immer wieder aufeinander. Die Traditionalisten hassen genau dieses „Laborkittelszenario“, obwohl sie insgeheim eingestehen müssen, dass dort grundsätzlich gute Arbeit geleistet wird und dass man sicher ein gutes Stück davon lernen kann. Bei vielen Traditionsvereinen, darunter viele abgestürzte, herrscht immer noch der gute, alte Geist der 60er, 70er und 80er Jahre. Ehemals beliebte Spieler werden Manager, obwohl die betriebswirtschaftlichen Kenntnisse eher niedrig anzusiedeln sind. Dort ist die Hauptsache noch ein gut gefülltes Adress- und Kontaktbuch, doch dies alleine reicht heute nicht mehr. Das dürfte jedoch eine andere Diskussion sein.

Dürftige Einschaltquote vor Weihnachten

Zurück zum DFB-Pokal und zur Auswahl der Spiele: Gerade der Hass, der den Vereinen aus Leipzig und Hoffenheim in den letzten Jahren entgegengeschlagen ist, hat dafür gesorgt, dass beide in den Medien besonders positiv dargestellt werden. Unnötig zu erwähnen, dass die Außendarstellung dieser Konstrukte auch im besonderen Maße vorbildlich durch Medienprofis umgesetzt wird.

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Dann ist es eben auch nicht verwunderlich, wenn ein medial aufgeblähtes Duell zwischen RB Leipzig und Bayern München in der zweiten Runde deutlich mehr Einschaltquote im Vorjahr erhielt als das Duell des damals bundesweit als chancenlos geltenden 1. FC Köln (kurz vor Weihnachten mit lediglich sechs Punkten Tabellenletzter) bei eben Schalke 04 im Achtelfinale.

Es scheint die Erkenntnis aus diesem Vergleich zu sein, die nun die Entscheidung pro „Retortenschlacht“ statt Traditionsduell zutage gebracht hat. Das bestätigte ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky am Freitag. Zwar habe man das effzeh-Spiel gegen Schalke ebenfalls als „sportlich attraktiv“ eingeschätzt, sich dann aber letztendlich für das ebenfalls so bewertete Duell zwischen Hoffenheim und Leipzig entschieden. Ein weiterer inhaltlicher Grund sei zudem gewesen, dass die Personalie Nagelsmann das Spiel attraktiv mache. Zur Erinnerung: Julian Nagelsmann trainiert aktuell die TSG, wechselt aber im kommenden Sommer nach Leipzig. Das Prozedere sieht dem Vernehmen nach vor, das die ARD den Wunsch nach dem Livespiel äußert, der DFB muss es dann bestätigen. Jedenfalls verhandeln beide Parteien darüber, letztlich ist die Entscheidung eine gemeinsame. Aktuell sieht es nun so aus, dass man anscheinend wenig aus den Diskussionen rund um den Fußball dieser Tage begriffen hat.

Ein weiterer Stich ins Herz der Fußball-Fans

In einer Zeit, in der sich viele vom modernen Fußball abwenden, in der „Stakeholder“ wichtiger sind als Fans, in der sich Milliardäre Vereine zum privaten Spaß halten, in der Fußballdiven für 200 Millionen Euro über den Ladentisch gehen, in der die Spieltage immer weiter auseinandergenommen, filetiert und in Häppchen verabreicht werden, in der man bald drei Anbieter oder Player nutzen muss um Spiele seines Vereins sehen zu können und und und … in so einer Zeit das Signal zu setzen, das Duell der PR-Abteilung eines Brausekonzerns gegen das Spielzeug eines gelangweilten Milliardärs live zu zeigen, ist nichts weiteres als ein weiterer Tritt in den Hintern der Fans, die den Fußball aus dem Herzen und aus der Emotion heraus betrachten.

Cologne´s supporters celebrate during the German first division Bundesliga football match between FC Cologne and FC Ingolstadt 04, in Cologne, western Germany, on October 15, 2016. / AFP / PATRIK STOLLARZ / RESTRICTIONS: DURING MATCH TIME: DFL RULES TO LIMIT THE ONLINE USAGE TO 15 PICTURES PER MATCH AND FORBID IMAGE SEQUENCES TO SIMULATE VIDEO. == RESTRICTED TO EDITORIAL USE == FOR FURTHER QUERIES PLEASE CONTACT DFL DIRECTLY AT + 49 69 650050 (Photo credit should read PATRIK STOLLARZ/AFP/Getty Images)

Foto: PATRIK STOLLARZ/AFP/Getty Images

Es ist mehr als nur ein Tritt, es ist eine weitere Provokation, die alle Fans betrifft. Die heftigen Reaktionen in den sozialen Netzwerken kamen übrigens von Fans von so gut wie allen Fußballvereinen in Deutschland. Dennoch wird es eine nicht unerhebliche Anzahl Zuschauern geben, die sich den „El Plastico“ anschauen wird. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein ansehnliches Fußballspiel dabei herauskommt ist, ist durchaus gegeben.

Aber sind dies wirklich die Fußballfans, die den Sport tief in ihrem Herzen tragen, schon immer in der Kurve standen und ihren Verein nach besten Willen unterstützen? Oder sind es interessierte TV-Konsumenten, denen es letztlich egal ist, wie und von wem sie gerade unterhalten und eventisiert werden?

Erinnerungen an 2006 werden wach

Es ist übrigens tatsächlich schon einmal vorgekommen, dass ein TV-Sender nach Fanprotesten reagierte. Im Jahr 2006 wurde in der ARD die Partie Bayern München gegen Kaiserslautern gezeigt. Ein zweites Livespiel war nicht geplant. Das ZDF änderte nach den deutlichen Äußerungen der Fans seine Meinung und schnappte sich das Spiel des Zweitligisten 1. FC Köln gegen den damaligen Tabellenzweiten der Bundesliga, Schalke 04. Das Spiel endete 4:2 nach Verlängerung für den 1. FC Köln und war über die kompletten 120 Minuten beste Werbung für den Fußball an sich.

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