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Meinung

Pfiffe gegen Jhon Cordoba: Ein Mensch, keine Maschine

Viele Fans des 1. FC Köln haben sich in ihrem verständlichen Ärger über den Abstieg auf Stürmer Jhon Cordoba eingeschossen. Der Kolumbianer fand zwar nie in die Spur, ihn auszupfeifen macht die Sache aber auch nicht besser.

COLOGNE, GERMANY - OCTOBER 01: Jhon Cordoba of FC Koeln reacts to a missed chance on goal during the Bundesliga match between 1. FC Koeln and RB Leipzig at RheinEnergieStadion on October 1, 2017 in Cologne, Germany. (Photo by Dean Mouhtaropoulos/Bongarts/Getty Images)
Foto: Dean Mouhtaropoulos/Bongarts/Getty Images

Ein Blick auf Cordobas Leistungsdaten verdeutlicht das: In 20 Spielen in allen drei Wettbewerben kommt er auf zwei Tore (ein Foulelfmeter-Tor gegen die Leher TS und das unvergessene Führungstor im Emirates) und zwei Vorlagen. Nachdem der Kolumbianer die ersten neun Pflichtspiele des 1. FC Köln in dieser Saison alle von Anfang an bestritt, verkomplizierte sich seine Situation durch eine Oberschenkelverletzung, die ihn von Oktober bis Januar außer Gefecht setzte. Die Rückkehr feierte erst mit einem vernünftigen Auftritt gegen Dortmund, der eigentlich dafür sorgte, dass man Hoffnungen dahingehend haben könnte, dass Cordoba leistungsmäßig doch noch einmal in die Spur kommt.

Fehlende Deutschkenntnisse erschweren Integration

Der Startelfeinsatz im darauffolgenden Spiel gegen Frankfurt (der effzeh verlor mit 2:4) kam dann allerdings zu früh, der körperlich nicht fitte Cordoba zeigte eine schlechte Leistung und wurde danach ausgewechselt. Im Nachgang der Partie gegen die SGE fiel dann nicht nur der Kölner Presse auf, dass Cordoba erheblichen Nachholbedarf im Umgang mit der deutschen Sprache haben soll, weshalb Stefan Ruthenbeck sagte: “Wir ent­wi­ckeln ge­ra­de ein Sys­tem, dass wir mit Schlüs­sel­wör­tern ar­bei­ten, um es für Jhon und uns ein­fa­cher zu ma­chen.”

Es ist schon überraschend, dass es bei einem 17-Millionen-Euro-Neuzugang, der zum Zeitpunkt seiner Verpflichtung bereits mit Unterbrechungen zwei Jahre in Deutschland war, erst nach einigen Monaten auffällt, dass er gar nicht in der Lage ist, die deutsche Sprache in elementarer Form zu verwenden, weil er sie schlichtweg nicht versteht. Dementsprechend kann man wohl auch schlussfolgern, dass Cordobas Integration in die Mannschaft nur schwerlich vonstatten geht, wenn er nicht mit seinen Mitspielern kommunizieren kann. Dass er die Integration vielleicht aus Eigeninteresse etwas proaktiver hätte gestalten können, kann man ihm also durchaus vorwerfen.

Aber hier sollte man auch das Umfeld und damit die Mannschaft und das Trainerteam nicht aus der Verantwortung entlassen: Wie kann es sein, dass ein Spieler auch nach Monaten in der neuen Stadt immer noch keine Bindung hat? Mittlerweile ist Claudio Pizarro der einzige Spieler, mit dem er sich problemlos unterhalten kann, nachdem mit Yann-Benjamin Kugel der Athletik-Trainer den effzeh verließ – Kugel spricht auch Spanisch und war in Stöger-Zeiten der Ansprechpartner und Übersetzer für Cordoba.

Pfiffe gegen Cordoba helfen niemandem

Nicht verständlich ist es jedoch, wenn Cordoba bei seiner Einwechslung im Heimspiel gegen Schalke ausgepfiffen wird – in Köln gibt es leider diese Tendenz, sich mehr oder weniger intensiv auf einzelne Spieler einzuschießen (siehe zum Beispiel Pezzoni und Rausch). Ein Spieler, der aufgrund seiner Vorgeschichte und den Erwartungen, die diese mit sich trug, wahrscheinlich schon unter genügend intrinsischem Druck steht – die Pfiffe gegen ihn dürften nicht dafür sorgen, dass er seine mentale Situation verbessern kann. Denn auch Jhon Cordoba kann nichts dafür, dass für ihn 17 Millionen Euro bezahlt wurden. Doch jedes Raunen, jeder Pfiff und jedes Buhen bei einem verlorenen Zweikampf sorgt für Stress bei einem Menschen, auch bei einem Profi.

Gewiss, er verdient in Köln ein fürstliches Gehalt, musste sich aber in eine fußballerisch dysfunktionale Mannschaft einordnen, die zuerst eine schlechte Vorbereitung hinlegte, dann die Defizite nicht mehr kompensieren konnte und am Ende verdient absteigen wird. Zwischendurch warf ihn zu allem Überfluss noch eine langwierige Verletzung aus der Bahn.

Das soll zwar seine Leistungen auf dem Feld nicht entschuldigen, aber zumindest erklärbar machen. Denn es tut weh, zu hören, mit welcher Abfälligkeit manche Fans über Cordoba sprechen, der die gesamte Kritik an der Saison des 1. FC Köln auf sich vereint – obwohl er selbst dazu trotz allem nur einen relativ geringen Teil zu beigetragen hat, schließlich stand er nur in 32 % der Spielzeit in der Bundesliga auf dem Platz.

Nach wie vor überzeugt von Cordobas Qualitäten

Ich bin nach wie vor überzeugt davon, dass Jhon Cordoba Qualitäten mitbringt, die einer Fußballmannschaft in der Bundesliga weiterhelfen können – seine Dynamik mit Ball am Fuß ist stark, genauso seine Arbeitsrate im Spiel gegen den Ball. Das Vorhaben allerdings, 17 Millionen Euro Ablöse direkt in Tore umzurechnen, kann nur scheitern, denn Cordobas Torquoten aus den Vorjahren sind bestenfalls durchschnittlich. Und so wird die Frage sein, ob Cordoba überhaupt noch Motivation mitbringt, in Köln zu bleiben und in der zweiten Liga zu spielen – seine Zeit in der Domstadt verlief wie erwähnt aus den verschiedensten Gründen schlecht. Über einen Wechsel könnte man alleine deswegen nachdenken, um diese von außen aufgestülpte Bürde des Modeste-Nachfolgers von ihm zu nehmen und ihm anderswo die Möglichkeit zu geben, sich wieder auf das Wesentliche zu besinnen.

Wirtschaftlich hat sich der 1. FC Köln mit der Verpflichtung wahrscheinlich auch keinen Gefallen getan, was aber immer noch nicht rechtfertigt, einen Spieler des 1. FC Köln auszupfeifen. Die Bundesliga ist nämlich kein Computerspiel.

>>>Auf dem Weg zur Vereinslegende: Jonas Hector wird der kölsche Buffon

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