Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Das ging auch dem 1. FC Köln in Folge des desaströsen Auftrits beim 1. FC Union Berlin nicht anders. Schon während der Partie, als die „Geißböcke“ noch gar nicht ans Tabellenende der Bundesliga abgestürzt waren, höhnten die eigenen Fans: „Wer wird Deutscher Meister, wenn man die Tabelle dreht? Wer wird Deutscher Meister? 1. FC Köln!“ Und auch im Netz wurde wahrlich nicht mit Spott gespart, diverse Varianten sogenannter Memes machten die Runde.
Ob als eine Horde Clowns, als aus ihrem Zehn-Stunden-Remix von Youtube bekannte Cantina Band oder ein verändertes Vereinswappen mit „Letzter FC Köln“: Die FC-Fans konnten die 0:2-Niederlage offenbar nur mit einer gehörigen Portion Galgenhumor ertragen. Das war allerdings auch nötig, nachdem das Team von Trainer Markus Gisdol über 90 Minuten wieder einmal sämtliche Bundesliga-Tauglichkeit hatte vermissen lassen. Als Kollektiv und individuell zeigten sich die „Geißböcke“ einmal mehr nicht auf Augenhöhe mit einem direkten Kontrahenten – der erneute Abstieg in die 2. Bundesliga scheint realistischer denn je.
Individuelle Fehler brechen dem FC das Genick
Das liegt vor allem daran, dass es der 1. FC Köln auch im 14. Spiel der Saison nicht verstanden hat, die Fehlerquote so gering wie möglich zu halten. Vor dem 0:1 rutschte erst Birger Verstraete aus und verlor somit den Ball in einer gefährlichen Zone. Der daraus resultierende Eckball (Timo Horn hatte den Abschluss am Tor vorbeigelenkt) führte zur Berliner Führung: Simon Terodde verlor den Luftzweikampf deutlich gegen Unions Angreifer Sebastian Andersson, der wuchtig einköpfte. „Ich lass da meinen Mann laufen, das müssen wir besser verteidigen und so bringen wir uns auf die Verliererstraße. Da erweise ich der Mannschaft einen Bärendienst“, erklärte Terodde laut Express nach der Partie.
Selbstkritische Worte, die auch für das Verhalten vor dem 0:2 mehr als angebracht wären. Mit einem dilettantischen Ballverlust in der Vorwärtsbewegung lud Marco Höger die „Eisernen“ zum entscheidenden Konter ein, den letztlich abermals Andersson veredelte. Bornauws verzweifelte Rettungsaktion an der Torlinie kam letztlich zu den berühmten Zentimeter zu spät. Es sind diese „unforced errors“, die es dem Gegner ziemlich leicht machen, gegen den 1. FC Köln Tore zu erzielen. 30 Gegentore haben die „Geißböcke“ in dieser Spielzeit bereits schlucken müssen – mehr als zwei pro Partie. Erst einmal, beim 3:0 gegen Paderborn, spielte das Team zu Null. Das sind Daten eines Absteigers.
Offenbarungseid im Offensivspiel
Die defensive Instabilität tut dem effzeh besonders weh, da im Spiel nach vorne nichts mehr zu funktionieren scheint. Beim Mitaufsteiger aus der Hauptstadt präsentierte sich das Gisdol-Team abermals hilflos, wenn es den Ball in den eigenen Reihen hatte. Mit simpelsten Mitteln gelang es Union, den „Geißböcken“ das Leben enorm schwer zu machen. Immer wieder mussten die Gäste im Spielaufbau auf lange Bälle zurückgreifen, um das Mittelfeld überbrückt zu bekommen. Dass spielerisch in diesem Duell keine Glanzleistung zu erwarten war, dürfte jedem klar gewesen sein – eine Passquote von 70 Prozent lässt einem allerdings nur wenig Illusionen über das letztlich geringe Niveau der Kölner Angriffsbemühungen.
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Dass die Mannschaft keinen Plan in der Tasche hat, wie sie den Ball in die gefährlichen Zonen des Gegners bringen will, wurde einmal mehr offensichtlich. Nur kompakt zu stehen und vorne hilft der liebe Gott: Diese Strategie war spätestens mit dem Rückstand nach einem Eckball gescheitert. Aber auch danach war wenig von Angriffslust und Offensivgeist zu bemerken, fußballerische Armut allerorten bei den „Geißböcken“. Wenn man bedenkt, dass zu Beginn des Jahres der effzeh die „Eisernen“ bei der damaligen 0:2-Niederlage spielerisch noch dominiert hat, letztlich „nur“ an einem leidenschaftlich verteidigenden Gegner und der eigenen Chancenverwertung gescheitert ist, kommt einem das vor wie aus einem anderen Leben.
Der Trainereffekt ist verpufft
Ein Hauptgrund, der dazu führte, ist sicherlich, dass die Mannschaft jetzt bereits dabei ist, den vierten Trainer in diesem Jahr zu verschleißen. Markus Gisdols Maßnahmen, den Bundesliga-Aufsteiger zu stabilisieren, haben bislang nur wenig greifbaren Erfolg gezeigt. Im Gegenteil: Zwar wurde die ergebnistechnische Abwärtsspirale durch das 1:1 gegen Augsburg zumindest für einen Moment gestoppt, doch die fußballerische Leistung lässt mehr und mehr zu wünschen übrig. Aus Hamburg unken schon die HSV-Fans, dass die „Geißböcke“ wirken wie der einstige Bundesliga-Dino in der Schlussphase der Gisdol-Ära. Nur ohne das zwischenzeitliche Hoch, das zum überraschenden Klassenerhalt führte.
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nach Rückschlägen hängen. Führungsfiguren, die verschwunden sind.