Zu den Spielen unseres geliebten und glorifizierten ersten Fußballclubs Köln stellen wir in dieser Saison einem Fan der gegnerischen Mannschaft ein paar Fragen. Und weil Gegner ja immer irgendwie “auswärts” sind, egal ob der effzeh zu Hause oder auf fremdem Platz antritt, und weil die Sichtweise von “auswärts” kommt, heißt die Kategorie folgerichtig “Auswärtsspiel”.
Für das Duell bei Borussia Dortmund sprachen wir mit BVB-Fan Uli Vonstein, der in Köln lebt und arbeitet. Seit 38 Jahren gibt es für ihn keinen anderen Verein als Borussia Dortmund. Im Hauptberuf ist er Journalist, in seiner kargen Freizeit schreibt er für das Fußballmagazin ‘Gib mich die Kirsche‘. Mit uns spricht Uli über den Abstiegskampf, die freundschaftliche Beziehung zwischen Köln und Dortmund sowie die Gefahr, am Samstagabend wieder hinter dem effzeh zu stehen.
effzeh.com: Der BVB scheint sich endgültig aus der Krise (und dem Abstiegskampf) verabschiedet zu haben. War die Abstiegsangst wirklich rund ums Westfalenstadion vorhanden?
Uli: Auch wenn wir aus der gröbsten Krise raus sind, ist der Abstiegskampf noch nicht vorbei, deswegen will ich mich auch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Woran du merkst, dass die Angst natürlich vorhanden war beziehungsweise latent auch noch ist. Zumindest die Älteren von uns erinnern uns noch viel zu gut daran, dass wir schon einmal dachten, wir wären „too big to fail“. Wir hingen dann mit einer auf dem Papier viel zu starken Mannschaft wochenlang über dem Abgrund, ehe mit Udo Lattek aus Köln die Rettung kam.
effzeh.com: Auf den Absturz in Dortmund schaute ganz Deutschland gebannt. Woran lag diese schwache Hinrunde aus deiner Sicht? WM-Müdigkeit, Abnutzungserscheinungen, Verletzungspech?
Uli: Wenn ich das so genau wüsste, hätte Jürgen mich sicherlich ins Trainerteam aufgenommen. Ich denke, es lag an einer Mischung aus allem. Zu kurze Vorbereitung mit einem nicht kompletten Kader, Verletzungen, dann haben die Neuen nicht gestochen. Wofür sie nichts können, in eine nicht intakte Truppe kannst du dich nun mal nicht so einfach integrieren, geschweige denn sofort glänzen. Das gepaart mit ein paar unglücklichen Niederlagen, das Vertrauen schwindet und schwups verselbständigt sich die Nummer und du steckst im Keller fest. Wenn’s richtig bescheiden läuft, ist das ein Teufelskreis.
effzeh.com: Bei den Neuzugängen scheint ihr, ähnlich wie beim effzeh auf kleinerem Niveau, nicht komplett in die richtige Kiste gegriffen zu haben. Wie ist dein Eindruck von den Neuen?
Uli: Zwiespältig. Wir tun bei Borussia Dortmund gut daran, unseren Neuen ein bisschen Zeit zu geben. Gündogan hat ein halbes Jahr gebraucht, Lewandowski wurde als Chancentod bezeichnet, um nur zwei Beispiele zu nennen. Also sollten wir jetzt noch nicht den Stab über alle brechen. Wenn Immobile immer so spielt wie gegen Wolfsburg, werden wir noch eine Menge Spaß an dem haben. Vor dem Tor ist er kühl und abgezockt, der wird uns noch ganz wichtige Buden schießen! Ramos finde ich als Ergänzung jetzt nicht so schlecht. Bei Ginter kommt das zum Tragen, was ich über die nicht funktionierte Mannschaft sagte, das ist eine ganz unglückliche Situation, grade für so einen jungen Burschen. Zu Kagawa sollte ich nichts sagen, da bin ich befangen. Den hätte ich notfalls mit der Schubkarre nach Hause geholt. Und Kampl macht einen guten Eindruck. Insofern habe ich noch Hoffnung, dass uns die Neuen auf Sicht weiterbringen.
effzeh.com: Wenn es um die Nachfolge von Roman Weidenfeller geht, wird häufig Timo Horn ins Spiel. Ist unser Torwart ein Kandidat für den BVB?
Uli: Der ist stark, das könnte ich mir exzellent vorstellen!
effzeh.com: Große Aufregung gab es um die “Je suis Boyz Köln”-Zaunfahne der Desperados, die sich dadurch mit den bei uns ausgeschlossenen Boyz solidarisieren. Wie hast du die Diskussion darum gesehen? Wie stehst du insgesamt zu den freundschaftlichen Banden zwischen Köln und Dortmund?
Uli: Bei dem Teil am Zaun habe ich mich gefragt, wer denen das auf ihre Fahne geschrieben hat… Für diesen Mist habe ich kein Verständnis, null! Gleiches gilt für den Auftritt der Kölner Weißkittel in Gladbach. Diese Jungs verfolgen ausschließlich ihr eigenes Ding und bringen damit alle anderen Fans in Misskredit. Und schaden unserem Fußball, weil sie Polizei, Politik und den Blatters dieser Welt Steilvorlagen für mehr Sitzplätze und all das liefern, was wir nicht wollen. Das kotzt mich auf Deutsch gesagt tierisch an. So, genug gemotzt. Die freundschaftlichen Bande zwischen Kölner und Dortmunder Fans finde ich prinzipiell gut, das möge gern so bleiben beziehungsweise sich weiterentwickeln. Ohne Auswüchse, versteht sich.
effzeh.com: Großen Anteil an den gegenseitigen Sympathien dürfte Kevin Großkreutz haben, der häufig beim effzeh zu Gast und aus seiner Zuneigung zu uns keinen Hehl macht. Ist das in Dortmund ein Problem?
Uli: Null, das ist völlig okay.
effzeh.com: BVB gegen den effzeh – das gilt allgemein als Westschlager. Was verbindest denn du mit den Spielen gegeneinander? Wie ist deine Verbindung zum effzeh?
Uli: Mehr, als du vermutlich gedacht hättest: Einer meiner großen Brüder ist FC-Fan, so dass ich seit den Siebzigern damit konfrontiert bin. In der Aufstiegssaison unter Lienen habe ich fast jedes Heimspiel auf der Pressetribüne gesehen und die meisten davon wirklich genossen. Als Borusse das unfassbare 6:1 in der ersten Hitzfeld-Meistersaison sowie dasselbe Ergebnis in unserer Doublesaison. Und logischerweise habe ich reichlich FC-Fans im Freundes- und Bekanntenkreis, da gibt es schon einiges an Verbindung.
effzeh.com: Durch das 4:2 gegen Frankfurt hat der effzeh einen wichtigen Dreier im Kampf um den Klassenerhalt eingefahren und wieder Anschluss in der Tabelle an den BVB geschafft. Wie groß stehen die Chancen, dass wir am Samstagabend vor euch stehen?
Uli: Gefahr, meinst Du. Das kann ich nicht beziffern, aber ich halte es doch für wahrscheinlicher, dass ihr die 30-Punkte-Marke erst eine Woche später knackt.
effzeh.com: Zum Abschluss: Dein Tipp, bitte!
Uli: 3:1.