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Der 1. FC Köln und seine Fanszene: Auf Konfrontationskurs

Trotz sportlicher Glückseligkeit ist die Stimmung zwischen dem 1. FC Köln & der aktiven Fanszene frostig. Das Ergebnis einer beidseitigen Entfremdung.

Foto: Lars Baron/Bongarts/Getty Images

Trotz sportlicher Glückseligkeit ist die Stimmung zwischen dem 1. FC Köln und der aktiven Fanszene derzeit frostig. Das Ergebnis einer beidseitigen Entfremdung.

Die Erleichterung im Müngersdorfer Stadion war hör- und spürbar: Soeben hatte Wolfgang Stark den Schlusspfiff beim intensiv erarbeiteten 4:3-Heimsieg des 1. FC Köln gegen Werder Bremen ertönen lassen, die heftig zitternden effzeh-Fans damit vor einem drohenden Herzinfarkt bewahrt. Noch Minuten später standen die Anhänger glückselig auf den Rängen und feierten ihre Helden, die den Traum vom Europapokal in einem furiosen Spiel am Leben gehalten hatten. Die Welt könnte rund ums Geißbockheim vollständig in rut-wieß-rut getaucht sein, ist sie aber derzeit nicht vollends.

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In der Woche vor dem Bremen-Spiel verschickte der 1. FC Köln brisante Briefe. Die Post, adressiert auch an einige führende Köpfe der Fanszene, bezog sich auf die Vorfälle beim vorangegangenen Aufeinandertreffen mit Hoffenheim und beinhaltete eine Vorladung vor die Stadionverbotskommission (effzeh.com berichtete). Für viele kam das überraschend, obgleich der effzeh schon direkt nach dem Spiel klar gemacht hatte, wie er insbesondere zu den in der Südkurve gezeigten Spruchbändern und Doppelhaltern steht. Das Vorgehen des Vereins ist aber nur der vorläufige Höhepunkt einer Entfremdung, die beide Seiten zugleich vorangetrieben haben.

Fanszene nur noch ein störender Klotz am Bein?

Foto: Maja Hitij/Bongarts/Getty Images

Im Zuge der Professionalisierung des Klubs fühlt sich die aktive Fanszene – zu Beginn der Spinner-Ära noch im Fokus der Klub-Strategie, den Verein zu vereinen – zunehmend gering geschätzt. Insbesondere in der öffentlichen Wahrnehmung, die die Verantwortlichen durch ihre Aussage prägen, sehen sich viele oft zu Unrecht kritisiert. „Wenn die Möglichkeit besteht, scheint uns der Verein gerne vor den Bus zu schmeißen. Wenn es aber gilt, Rückgrat zu zeigen und uns auch öffentlich den Rücken zu stärken, dann herrscht im Geißbockheim beredtes Schweigen“, erklärt uns ein der aktiven Fanszene nahestehender Anhänger.

Wenn die Möglichkeit besteht, scheint uns der Verein gerne vor den Bus zu schmeißen. Wenn es aber gilt, Rückgrat zu zeigen und uns auch öffentlich den Rücken zu stärken, dann herrscht im Geißbockheim beredtes Schweigen.

Insbesondere die Diskrepanz zwischen den internen Aussagen und dem öffentlichen Handeln stößt vielen sauer auf. Das taktische Handeln, vor allem dem DFB gegenüber, wird als Unterwürfigkeit interpretiert. Auch das insbesondere Jörg Schmadtke gerne und ausführlich kritisch Stellung nimmt, kommt in der Fanszene selten gut an. Der Vorwurf wiegt schwer, fällt aber in vielen Gesprächen: Als die Fanszene nach dem Abstieg gebraucht wurde, war der Kontakt eng und freundschaftlich. Jetzt, wo der Erfolg in Köln zu Hause ist und womöglich einschneidende Veränderungen anstehen, sei eine kritische und mitunter unberechenbare Anhängerschaft nur ein störender Klotz am Bein.

Verein kritisiert mangelnde Verbindlichkeit

HAMBURG, GERMANY - APRIL 01: Joerg Schmadtke, sports director of Cologne looks troubled during the Bundesliga match between Hamburger SV and 1. FC Koeln at Volksparkstadion on April 1, 2017 in Hamburg, Germany.

Foto: Stuart Franklin/Bongarts/Getty Images

Doch auch der Verein hat Grund zum Grollen: Bei der Jubiläumschoreo der „Wilden Horde“ waren einige kritische Elemente nicht mit dem Klub abgesprochen, der folgende (völlig überzogene) Ärger mit Staatsanwaltschaft und DFB sorgte für ordentlich Verstimmung im Geißbockheim. Kein zuverlässiger und verbindlicher Gesprächspartner, wenn es hart auf hart kommt: So lautete das Fazit dem Vernehmen nach. Die verbale Eskalation gegenüber Dietmar Hopp überraschte die handelnden Personen zwar nicht, sie brachte den Klub allerdings in Zugzwang. Der Druck seitens Hoffenheim und des DFB, so kontraproduktiv das auch sein mag, ließ die effzeh-Fanszene zur taktischen Manövriermasse werden.

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Die mangelnde Kooperationsbereitschaft seitens der Anhängerschaft, vielleicht ab und zu einfach auch einmal clever zu agieren, ist ein wichtiger Faktor in der abkühlenden Beziehung zwischen Verein und Fanszene. Dass das persönliche Verhältnis zwischen Jörg Schmadtke und den Ultras beispielsweise nach den Vorkommnissen in Mönchengladbach 2015 nicht das allerbeste sein dürfte ist durchaus verständlich. Doch mittlerweile scheinen auch andere Akteure beim effzeh die Nase voll zu haben von den vielen kleinen Geschichten, die sich in ihrer Amtszeit aufgetürmt haben. Die unbelehrbaren Störfaktoren, die so mancher in der aktiven Fanszene zu erkennen mag, überwiegen in der Ansicht am Geißbockheim derzeit offenbar gegenüber den Vorzügen, die eine leidenschaftliche und lautstarke Anhängerschaft mit sich bringt.

Burgfrieden bis zur Sommerpause?

Wir tuen alle gut daran, uns auf das sportliche Saisonfinale zu konzentrieren und alle Dinge beiseite zu lassen. Das gilt für uns, das gilt aber auch für die Fans.

So befinden sich beide Parteien momentan mehr als offensichtlich auf Konfrontationskurs: Die Fanszene nutzt Gelegenheiten wie beim Amateur-Spiel gegen Rot-Weiss Essen, um ihren Protest mit Pyro und Schmähgesängen zu untermalen. Der Verein kontert mit öffentlichen Distanzierungen und hartem Durchgreifen, um auch beim DFB bessere Karten zu haben. Es bahnt sich ausgerechnet in der sportlich erfolgreichsten Phase seit Dekaden eine Eiszeit zwischen Fanszene und Verein an, die für alle Beteiligten nichts Gutes verheißt. „Wir tun alle gut daran, uns auf das sportliche Saisonfinale zu konzentrieren und alle Dinge beiseite zu lassen. Das gilt für uns, das gilt aber auch für die Fans“, lässt Jörg Schmadtke via „Express“ verlauten. Es wäre schön, würden sich die Streitparteien tatsächlich daran halten. Der Burgfrieden sollte zumindest bis zur Sommerpause halten.

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