Sich als amtierender Vorstand über die Nominierung des Mitgliederrats hinwegzusetzen, wäre daher von anderer Qualität. Und würde nicht allzu gut zur Profilierung als großer Vereinsdemokrat taugen. Denn ja: Eine mögliche Kandidatur von Schumacher und Ritterbach mag auf den ersten Blick dazu führen, dass die Mitglieder im September eine Wahl haben werden. Andererseits wäre sie jedoch auch die grobe Missachtung des Mitgliederrats seitens der Vizepräsidenten, die bereits in der Vergangenheit intern immer wieder Meinungsverschiedenheiten mit dem Gremium gehabt haben.
Doch dieses Gremium hat das Mandat, für die Mitgliedschaft zu sprechen. Das muss einem – wie Stephan Engels – natürlich nicht passen, aber es ist so. Als Demokrat muss man sich auch fügen, wenn es nicht die Repräsentanten ins Gremium geschafft haben, die man selbst sich gewünscht hätte. Die Entscheidung der Mitgliederräte zu ignorieren, würde daher maximal als Beweis für überbordende Egomanie, nicht aber als Beleg für eine demokratische Haltung dienen.
Geht es wirklich um mehr Vereinsdemokratie?
„Wahlen allein machen noch keine Demokratie“, erklärte der ehemalige amerikanische Präsident Barack Obama einst. Recht hatte er: Denn wer Wahl sagt, muss auch Kontrolle sagen. Genau dort hapert es bei den Vizepräsidenten und ihren Unterstützern offenbar: Der Rest des alten Vorstandstrios sei „wild entschlossen“ zur Kampfkandidatur, weiß der „Express“ zu berichten. Der drohenden Ablehnung der Mitglieder-Repräsentanten zum Trotz – das sei jawohl nur demokratisch.
Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images
Toni Schumacher und Markus Ritterbach wären damit – nicht zum ersten Mal in den letzten Monaten – schlecht beraten. Die Demokratie-Karte sollte man schließlich nur spielen, wenn man sich das auch leisten kann. Die Entscheidung des Mitgliederrats quasi für nichtig zu erklären, ließe sich allerdings nicht zu einer demokratischen Tat umdeuten. Es ist schlichtweg keine.
Vielmehr sind das Vorgehen der beiden Vizepräsidenten und die Angriffe auf den Mitgliederrat in der Vergangenheit der unbeabsichtigte Beweis dafür, dass es ihnen keinesfalls um mehr Demokratie beim 1. FC Köln geht, sondern ganz im Gegenteil um weniger. Vor allem aber scheint es derzeit um den eigenen Machterhalt in der Vorstandsposition zu gehen, die übrigens finanziell mittlerweile auf Wunsch des amtierenden Vorstands ordentlich vergütet wird.
Eine Kampfkandidatur ist nicht im Sinne des Vereins
Das passt ins Bild der Vergangenheit: Das Kontrollgremium wurde nach guten Anfangsjahren von Spinner, Schumacher und Ritterbach immer mehr missachtet – das ist schon lange kein Geheimnis mehr. Einwände wurden nicht gehört, Entscheidungen nicht vernünftig kommuniziert und im Vorfeld der letzten Mitgliederversammlung folgte schließlich eine regelrechte Kampagne gegen den Mitgliederrat im Allgemeinen und seinen prominentesten Vertreter, Stefan Müller-Römer, im Speziellen. Und so belegen die beiden Vizepräsidenten mit ihrem vermeintlichen Willen zur Kampfkandidatur und ihr Umfeld mit seinen Aussagen nun eindrucksvoll, dass nicht überall wo „demokratischer“ drauf steht, auch tatsächlich mehr Demokratie drin steckt.
Es mag rein formal betrachtet legitim sein, die Kandidatur anzustreben und das Mandat des Mitgliederrats, dessen Kontrolle man sich zuvor so gut es ging entzogen hat, damit für mehr oder weniger wertlos zu erklären. Im Sinne des Clubs kann dieses Verhalten allerdings nicht sein – und so demokratisch, wie es verkauft wird, ist es ebenfalls nicht. Vor allem nicht, wenn man inhaltlich offenbar so wenig Argumente auf seiner Seite hat, dass man zuvor mit dem ohnehin schon weitgehend missachteten Gremium nicht einmal sprechen wollte.
So scheint die Vereinsdemokratie für Markus Ritterbach, Toni Schumacher und ihre Unterstützer lediglich aus Wahlen, nicht aber aus Kontrolle und der Achtung demokratischer Entscheidungen zu bestehen. Das wurde in den letzten Tagen bereits sichtbar – eine Kampfkandidatur würde diesen Eindruck untermauern. Für den viertgrößten Fußballverein Deutschlands kann diese Attitüde jedoch nicht genug sein. Und so möchte man den beiden Vizepräsidenten die Weisheit des wohl berühmtesten Philosophen eines Landes, mit dem der 1. FC Köln in der Amtszeit von Schumacher und Ritterbach begonnen hat, Geschäfte zu machen, ans Herz legen. Denn Konfuzius sagt: „Wird man gebraucht, erfüllt man seine Pflicht. Wird man nicht mehr gebraucht, so zieht man sich zurück.“ Recht hatte er.