Ihr hinkt dennoch weiter den Erwartungen hinterher, die vor allem durch die Installation neuer Führungsfiguren Heidel und Weinzierl genährt wurden. Haben die beiden dieses Tal unbeschädigt durchschritten?
Zwei der wichtigsten Positionen im Verein wurden zeitgleich neu besetzt. Beide mussten sich an ein neues Umfeld gewöhnen und sich erst ein Bild von der Gesamtlage machen. Dann bleibt keine Zeit mehr, um sich auf einzelne Details zu fokussieren. Meist kann der Trainer einem neuen Manager schon einige Eindrücke von der Mannschaft berichten, sodass der Neuling recht schnell auf dem aktuellen Stand ist. Aber Weinzierl war auf Schalke auch neu im Amt. Ich denke nicht, dass man hohe Erwartungen an die erste Zeit haben konnte, obwohl man zwei hochkarätige Figuren verpflichtet hatte. Trotz des schlechten Starts in die Saison blieben beide sehr ruhig und sachlich, wodurch auch die Anhängerschaft beruhigt wurde. Allmählich ist in der Mannschaft die Handschrift der beiden erkennbar, was die kritischen Stimmen weiter verstummen lässt. Sollte Schalke am Ende der Saison noch oben angreifen können, haben Heidel und Weinzierl die Fans erstmal von sich überzeugt. Allerdings kommen dann auch die berechtigten Erwartungen an die neue Spielzeit.
Das Team wurde im Winter nochmals verstärkt – Holger Badstuber und Guido Burgstaller tragen nun Königsblau. Hat sich das Duo auf Schalke bereits akklimatisiert?
Gegen Saloniki erzielte Guido Burgstaller schon seinen dritten Treffer für Königsblau. Damit macht er dort weiter, wo er beim 1.FC Nürnberg aufgehört hatte. Auf dem Feld tritt er so auf, wie es die Fans von ihm erwarten: Er gibt immer alles, wirft sich in jeden Zweikampf und kämpft bis zum Schlusspfiff. Natürlich profitierte der Österreicher anfangs auch von den vielen Verletzten im Angriff, die ihm schnell den Platz in der Startelf ermöglichten. Seither ist er aber aus der Sturmspitze nicht mehr wegzudenken und hat sich den Platz in der ersten Elf absolut verdient. Badstuber hingegen hat noch einige Anlaufschwierigkeiten. In der neuen Abwehrreihe fehlt ihm manchmal noch die Abstimmung, wenn der Gegner einen schnellen Angriff läuft. Ansonsten machte er in seinen zwei Einsätzen eine gute Arbeit. Der Neuzugang hat allerdings das Problem, dass er mit Matija Nastasic noch einen direkten Konkurrenten hat, mit dem er sich wahrscheinlich in der Verteidigung abwechseln wird. Außerdem ist Badstubers Zukunft noch nicht klar, da er nur aus München ausgeliehen wurde. Erst wenn er fest verpflichtet wird – erste Gespräche soll es ja bereits geben – kann er sich berechtigte Hoffnungen auf einen Stammplatz machen.
Insgesamt wirkt der Klub noch wie im Umbruch, die Mannschaft wurde richtig durchgewirbelt. Wie weit ist S04 dabei schon?
Bislang wurde in der Aufstellung viel rotiert. Das kann auch ein Grund dafür sein, weshalb es in der Hinrunde noch nicht so lief und es keine konstanten Leistungen gab. Allerdings hing das auch mit den vielen Verletzten in der Offensive zusammen. Oft wurde ein Spieler aus dem Mittelfeld in die Sturmspitze gesteckt, weil kein erfahrener Stürmer vorhanden war. Dadurch musste die Zentrale auch immer wieder verändert werden. Kombiniert mit Neuzugängen auf dem Platz und einem neuen Trainer an der Seitenlinie war die Rotation vorprogrammiert. In den letzten Wochen hat sich das System aber gefestigt, da die Personalsorgen allmählich abnehmen und Weinzierl nun nur noch punktuell feilen muss. Zudem zeigen Spieler wie Burgstaller und Bentaleb mit ihren guten Leistungen, dass sie unbedingt in die Startelf gehören.
In der Vergangenheit herrschte bei Königsblau gefühlt immer Unruhe, egal wie die Mannschaft spielte. Seit Heidel aber im Amt ist, ist es in Gelsenkirchen viel ruhiger geworden. Das ist vollkommen ungewohnt. Wenn man in dieser Saison von Chaos im Ruhrgebiet hört, dann ist endlich mal ein anderer Verein gemeint…
Trotz allem ist es bei Euch von außen betrachtet ungewohnt ruhig, es gab auch in besseren Zeiten schon deutlich mehr Dissonanzen rund um Schalke. Siehst du das genauso? Und woher kommt diese Entwicklung?
Das ist vollkommen ungewohnt. Wenn man in dieser Saison von Chaos im Ruhrgebiet hört, dann ist endlich mal ein anderer Verein gemeint… In der Vergangenheit herrschte bei Königsblau gefühlt immer Unruhe, egal wie die Mannschaft spielte. Seit Heidel aber im Amt ist, ist es in Gelsenkirchen viel ruhiger geworden. Spielertransfers sickern erst Stunden vor der offiziellen Bekanntgabe durch, der Trainer wird nach zwei Niederlagen in Serie nicht mehr öffentlich angezählt und der Manager muss sich nicht mehr täglich zur aktuellen Lage äußern. Das ist man als Fan nicht gewohnt. In den letzten Monaten wurden die meisten Themen vereinsintern geregelt, was eine große Ruhe in den Club gebracht hat.
Während Aufsichtsratsvorsitzender Clemens Tönnies in der vergangenen Saison noch in jeder Talkshow zu Gast war und über Schalke 04 sprach, hält er sich nun aus den Medien fern. Dadurch hat er das Scheinwerferlicht vom Club genommen und im Verein eine ruhige Atmosphäre geschaffen. Damit Tönnies in eine Gesprächsrunde eingeladen werden konnte, musste ein Thema gefunden werden. Da er jetzt aber nicht mehr kommen möchte, hat das Verlangen nach Schalke-Themen auch abgenommen.
Am Donnerstag noch in der Europa League aktiv, am Sonntag geht es nach Köln. Könnte uns das stramme Programm, das Königsblau derzeit absolviert, in die Karten spielen?
Das kann gegen Ende der Partie sicherlich ein Faktor sein. Besonders der Reisestress nach einer Partie in Griechenland wird einige Kräfte gekostet haben. Da fast alle Spieler diesem Stress ausgesetzt waren, nützt es auch nicht so viel, dass Weinzierl rotieren kann. Badstuber und Choupo-Moting kamen in Saloniki nicht zum Einsatz und könnten am Sonntag etwas frischer sein. Bentaleb blieb mit einem Magen-Darm-Infekt ganz zuhause. Ob er gegen Köln schon wieder bei 100% sein kann, ist sehr fraglich. Da die Partie gegen PAOK aber klar mit 3:0 gewonnen wurde, können die Kölner nicht darauf hoffen, dass Schalke mit den Köpfen schon beim Rückspiel am Mittwoch ist. Am Ende hängt es aber natürlich auch davon ab, wie die Begegnung in Köln verläuft. Sollte Weinzierl die Mannschaft defensiv einstellen und den “Geißböcken” den Ball überlassen, könnte Königsblau sicherlich lange durchhalten.