Folge uns
.

Analyse

Niederlage in München: Bayerns Fehler oder Kölns neuer Mut

Nach einem frühen Rückstand öffnete sich für den 1. FC Köln in München tatsächlich ein ganz klein wenig die Tür, die Qualität des Rekordmeisters setzte sich am Ende aber dennoch verdient durch.

Foto: KERSTIN JOENSSON/AFP via Getty Images

Dritte Niederlage in Folge für den 1. FC Köln, wenn auch keine überraschende: Beim Rekordmeister aus München verliert die Mannschaft von Markus Gisdol mit 1:5 (0:2). Nachdem die Bayern bereits nach einer halben Stunde mit 2:0 vorne lagen, entwickelte sich in der zweiten Halbzeit auf einmal ein etwas offeneres Spiel, in dem die Kölner sogar zu mehreren guten Chancen kamen. Durch die hohe Qualität der Gastgeber allerdings stand am Ende dann dennoch eine deutliche Niederlage zu Buche.

Personell hatte Gisdol im Vergleich zur Heimniederlage gegen Stuttgart eine Änderung vorgenommen: Marius Wolf, in den letzten Wochen so etwas wie die Gisdolsche Allzweckwaffe, rückte wieder auf die Position des rechten Flügelverteidigers, für ihn spielte Salih Özcan im halbrechten Mittelfeldzentrum. Ansonsten versuchte der FC, ähnlich wie bereits in den letzten Spielen, durch ein kompaktes Zentrum die Räume für die gegnerische Mannschaft möglichst eng zu machen. Gegen eine Mannschaft wie den FC Bayern, die selbst nach einigen eher unsouveränen Spielen immer noch eine immense Qualität mitbringt, sicherlich nicht die schlechteste Idee. Speziell in der ersten Halbzeit sollte aber das große Kölner Problem dieser Saison erneut offenkundig werden: Was anfangen mit eigenem Ballbesitz?

Wirkungslose Offensive im ersten Durchgang

Zu Beginn der Partie produzierte der 1. FC Köln gleich mehrere vermeidbare und gefährliche Ballverluste: Alleine in den ersten drei Minuten erst durch Wolf, dann durch Sava Čestić (ein zu kurzer Rückpass brachte Timo Horn in Bedrängnis) und Ellyes Skhiri. Die Grundaufgabe gelang allerdings in diesem Zeitraum noch relativ gut: Durch hohe Laufintensität gelang es den Kölnern, immer wieder die Räume zu schließen und die Bayern zu Zweikämpfen zu zwingen. Wie so oft in dieser Saison waren die eroberten Bälle dann aber schnell wieder weg. Emmanuel Dennis hatte als einziger nomineller Stürmer wie schon in den vorherigen Partien einen enorm schweren Stand. Bis zu seiner Auswechslung in der Halbzeit kam er auf 26 Ballaktionen, davon drei Pässe, eine Flanke und zwei misslungene Dribblings im letzten Drittel. Für einen Stürmer ganz eindeutig viel zu wenig. Meistens wurden erneut lange Bälle gespielt, die für die Münchner Defensive kein Problem waren.

Auch interessant
1. FC Köln verliert 1:5 beim FC Bayern: Besser, als das Ergebnis vermuten lässt

Und weil die beiden Kölner Achter Özcan und Elvis Rexhbecaj kaum unterstützend nach vorne agieren konnten, tat sich in der ersten Halbzeit auch nichts vor dem Tor von Manuel Neuer – der FC hatte keinen Torschuss. Auf der gegenüberliegenden Seite versuchten es die Bayern mit Eric-Maxim Choupo-Moting auf dem linken Flügel, Jamal Musiala auf der Zehn und Leroy Sané auf rechts. Den Aufbau teilten sich Joshua Kimmich und Leon Goretzka.

Nach 33 Minuten schien das Spiel gelaufen

Erste Annäherungsversuche in der Offensive durch Sané und Rechtsverteidiger Niklas Süle (aufgrund seiner Statur sicherlich kein prädestinierter Außenverteidiger) blieben erfolglos. Das Führungstor für die Münchner fiel nach einer starken Aktion von Sané, der den Ball auf dem rechten Flügel erhielt, gegen Ismail Jakobs und Rexhbecaj ins Dribbling ging und sich gegen beide durchsetzte. Zwischen den Linien hatte sich Goretzka angeboten, der den Ball erhielt und dann verzögerte. Weil die Kölner Defensivspieler ihn an der Sechzehnmeter-Linie nicht angriffen, konnte er eine Flanke auf den zweiten Pfosten schlagen, wo Marius Wolf den Torschützen Choupo-Moting aus den Augen verloren hatte.

Foto: KERSTIN JOENSSON/AFP via Getty Images

Beim zweiten Gegentreffer hatte der FC durch robusten Einsatz von Čestić den Ball eigentlich gewonnen, Özcan löste mit einem Pass auf Dennis die Situation auf. Der Nigerianer hatte mit dem Rücken zum Tor zehn Meter in der eigenen Hälfte eigentlich die Möglichkeit, nach vorne aufzudrehen, entschied sich aber für einen Rückpass – dieser geriet allerdings zu ungenau, Lewandowski nahm ihn auf und spielte direkt auf Goretzka weiter. Dieser tunnelte Czichos und legte quer auf den Polen, der keine Mühe hatte. Nach 33 Minuten schien das Spiel also gelaufen.

Bayerns Fehler bringen den 1. FC Köln zurück

Die Bayern holten den FC aber durch einen eigenen Fehler wieder zurück ins Spiel: Zuvor hatte Özcan nach einem Ballgewinn den eingewechselten Jan Thielmann auf rechts in die Tiefe geschickt, der Rückpass des 18-Jährigen war allerdings zu ungenau, Kimmich ging dazwischen. Der Ball sprang zu Ondrej Duda und später zu Skhiri, der von einem Missverständnis zwischen David Alaba und Jérôme Boateng profitierte. Der Tunesier drang in den Strafraum ein und überchippte Manuel Neuer zum Anschlusstreffer nach 49 Minuten. Herausgespielt war der Treffer nur in Ansätzen. Doch siehe da: Auf einmal war der FC im Spiel, zeigte mehr Präsenz und gewann die wichtigen Zweikämpfe.

Foto: Imago

Das Ansinnen, die Bälle nach Ballgewinn in die Tiefe zu spielen, wurde auch dieser Phase deutlich. Die Bayern selbst verloren in dieser Phase ein wenig das Interesse an der Partie, speziell Musiala und Sané gingen einige Bälle verloren. Beim FC sank hingegen die Fehlerquote, sodass das Spiel bis zur 64. Minute einigermaßen ausgeglichen verlief. Die Bayern brachten dann Thomas Müller und Serge Gnabry. Mit dem ersten Ballkontakt leitete der ehemalige Nationalspieler dann den dritten Treffer durch Lewandowski ein. In seiner für ihn typischen Art hatte er den Ball zwischen den Linien gefordert und auf den Weltfußballer weitergeleitet, der zum 3:1 einschoss. Der FC wurde durch die Einwechslungen von Max Meyer und Dominick Drexler offensiver.

Drexlers Pfostenschuss als Kuriosum

Nach 75 Minuten ging die Tür für den FC, wieder ins Spiel zurückzukommen, dann ein weiteres Mal auf: Ein langer Ball von Wolf war eigentlich an Drexler adressiert, der eigentlich im Abseits stand und dem Ball nachlief. Neuer nahm den Pass auf und wollte gegen Drexler ins Dribbling gehen, verlor allerdings den Ball. Drexler nahm ihn auf, zog in den Sechzehner und wählte dann den rechten Fuß für seinen Schuss aufs leere Tor, was aus diesem Winkel schon eine interessante Wahl war – der linke wäre vielleicht der bessere gewesen. Der Ball ging an den Pfosten, das Tor hätte laut dem Schiedsrichter ohnehin nicht gezählt, aber die FC-Saison war um eine weitere Kuriosität reicher.

Die Bayern machten dann nach 82 Minuten endgültig den Sack zu, als Sané den Ball im Zentrum erhielt, stark gegen Jakobs verzögerte und so den Zeitraum für den eingewechselten Lucas Hernández schaffte, der mit Tempo Richtung Grundlinie ging und von dort aus Gnabry zum 4:1 servierte. Ein paar Minuten später erhielt Sané den Ball auf rechts, verzögerte gut gegen Noah Katterbach und Meyer und spielte zu Goretzka. Das folgende Muster ist bekannt: Flanke aus dem Halbfeld und Tor am zweiten Pfosten durch Gnabry, 5:1. Sanés individuelle Qualität wurde in diesen Szenen nur auf den zweiten Blick deutlich, weil er die Zeit und den Raum für seine Mitspieler schaffte, die Abschlussaktionen vorzubereiten.

Gisdol: “Unter Wert rausgegangen”

Am Ende stand trotz der zwischenzeitlich suggerierten Enge des Spiels ein 1:5 aus Sicht des 1. FC Köln. Eine Niederlage in München ist sicherlich nicht überraschend. Überraschend war eher, dass der FC trotz eines 0:2-Rückstands gegen den FCB auf einmal mutiger agieren konnte als gegen Stuttgart. Ob es jetzt daran lag, dass der 1. FC Köln so offensivstark wurde oder die Bayern in bekannter Manier ein wenig wegdösten, wird sich nicht eindeutig klären lassen. Für Gisdol lautete das Fazit: “Wir sind heute ein bisschen unter Wert hier rausgegangen.” Wirklich Rückenwind für das Heimspiel gegen Bremen kann der FC aber dennoch nicht mitnehmen, dafür sind die Probleme an vielen Stellen zu eklatant.

Mehr aus Analyse

.