Es sind die kleinen großen Fragen, die sich beim 1. FC Köln stellen. Wie immer. War es zuletzt öfters das vom Metzger wohlbekannte, jedoch rund um die „Geißböcke“ in abweichendem Tonfall genutzte „Darf’s vielleicht noch ein bisschen mehr sein?“, sprachen die Reaktionen nach dem auf dem Papier extrem deutlichen 1:5 beim FC Bayern eine andere Sprache. „War hier vielleicht doch mehr drin?“, schienen alle Beteiligten zu fragen – und hatten nicht unrecht mit diesem Gedankenspiel. Hatte der FC eine Chance auf eine Überraschung in München? Oder anders: Hätte der FC eine Chance auf eine Überraschung in München gehabt, wenn beispielsweise Dominick Drexler das leere Tor getroffen und der Treffer gezählt hätte?
Die Antwort bleibt – wie bei allen hypothetischen Gedankenspielen – offen. Die unausweichliche Realität heißt derweil: Der 1. FC Köln hat beim FC Bayern deutlich mit 1:5 verloren. Eric Maxim Choupo-Moting (18.) und Robert Lewandowski (33.) schossen die Münchener vor der Pause scheinbar beruhigend in Führung, die allerdings nach dem Anschlusstreffer durch Ellyes Skhiri (49.) nach Wiederbeginn zu wackeln begann. Abermals Lewandowski (65.) sowie ein Doppelpack von Serge Gnabry (82. + 86.) machte dann dem kurzen Kölner Zwergenaufstand den Garaus. „Wir haben einen verdienten Sieg von Bayern München gesehen. Er ist aber zu hoch ausgefallen. Wir sind heute unter Wert geschlagen worden. Mit etwas Glück hätten wir das Spiel enger gestalten und vielleicht sogar an mehr schnuppern können“, befand FC-Coach Markus Gisdol anschließend.
Der Mut war da, die Klasse im Passspiel nicht
Und tatsächlich: Die „Geißböcke“ hatten an diesem Samstagnachmittag die Möglichkeit, den schier übermächtigen Rekordmeister etwas mehr zu fordern, als es das Ergebnis letztlich aussagt. Vom Start weg zeigte das Gisdol-Team, das im Vergleich zum 0:1 gegen Stuttgart mit Salih Özcan statt Kingsley Ehizibue begann, eine couragierte Vorstellung, suchte sogar öfters als erwartet den Weg nach vorne. Einzig ein großes Manko der Kölner offenbarte sich wieder einmal: Die Passqualität im Angriffsspiel ließ in der mutigen Anfangsphase deutlich zu wünschen übrig, so dass die vom FC Bayern reichlich angebotenen Räume nicht ausgenutzt werden konnten. So war angesichts der schnellen Ballverluste und dem stetig erhöhten Druck der Gastgeber der frühe Rückstand nur eine Frage der Zeit: Leon Goretzkas Flanke köpfte Choupo-Moting aus kurzer Distanz zum 1:0 für die Münchener ein.
Viel ließ der FC auch in der Folge nicht zu, doch der Bundesliga-Spitzenreiter zeigte sich vor des Gegners Tor ausgesprochen effizient: Hatte Lewandowski eine Kopfballchance noch liegen lassen (26.), machte er es wenig später im Zusammenspiel mit Goretzka deutlich besser und machte mit dem 2:0 eigentlich bereits den Deckel drauf auf dieses ungleiche Duell. Nun auf einen FC Bayern im Schongang hoffen und mit Blick auf das eigene Torverhältnis nichts mehr riskieren? Nicht mit den „Geißböcken“, die in München besonders nach dem Seitenwechsel noch einmal ihre Hörner zeigen wollten. Skhiri nutzte wenige Minuten nach Wiederbeginn den Tiefschlaf der FCB-Defensive und gestaltete mit einem feinen Abschluss zum 1:2 die Partie wieder spannend. Es entwickelte sich nun wenigstens für eine kurze Phase ein packender Schlagabtausch, in dem beide Mannschaften mit offenem Visier nach vorne spielten.
Nach Neuer-Patzer: Drexler trifft das leere Tor nicht
Das bessere Ende hatte – wer hätte es ahnen können – der FC Bayern für sich. Mit seinem ersten Ballkontakt nach der Einwechslung bediente Thomas Müller Lewandowski, der Weltfußballer ließ sich nicht zweimal bitten und schoss zum 3:1 ein. Die endgültige Entscheidung? Nicht zwingend, denn die Gastgeber verteilten mitunter defensiv doch munter Geschenke. Neuer vertändelte an der Seitenauslinie den Ball gegen den eingewechselten Drexler, doch der traf aus spitzem Winkel statt des leeren Tors nur den linken Pfosten. Ob der FC-Offensivallrounder am Montag mit einem „Nur Pfosten treffen bei einem leeren Tor den Pfosten“-Pulli ans Geißbockheim kommen wird, ist noch nicht bekannt, doch die „Geißböcke“ verpassten durch den Fehlschuss die große Möglichkeit, noch einmal ins Spiel zurückzukommen. Dem Vernehmen nach hatte Drexler allerdings vor der Situation mit Neuer im Abseits gestanden, ein etwaiges Tor wäre vermutlich also aberkannt worden.
“Nach dem 2:1 war das Spiel eigentlich offen. Da wusste man nicht, wer das nächste Tor schießt. Leider war das dann Bayern.”
Das bestrafte der FC Bayern standesgemäß mit der nötigen Härte: Gnabry durfte kurz vor Schluss gleich zweimal jubeln und damit den Endstand in einer munteren Begegnung herstellen. „Bayern war heute sehr effektiv und hat die wenigen Fehler, die wir angeboten haben, wirklich konsequent ausgenutzt. Schade, dass das Ergebnis dann so hart aussieht“, befand Gisdol nach der beeindruckenden Vorstellung bayerischer individueller Klasse: „Trotzdem habe ich heute vieles gesehen, das wir gut gemacht haben. Nach dem 2:1 war das Spiel eigentlich offen. Da wusste man nicht, wer das nächste Tor schießt. Leider war das dann Bayern“, so der FC-Coach. Den Kölnern bleiben nach dieser klaren Niederlage ein paar tröstende Gedanken: Mit couragiertem Spiel nach vorne gibt es sogar gegen den FC Bayern Möglichkeiten. Und trotz des 1:5 in München haben die „Geißböcke“ im Abstiegskampf nur leicht in Sachen Tordifferenz auf die Konkurrenz, die in Wolfsburg beziehungsweise Dortmund verlor, eingebüßt. Auf die kleinen großen Fragen sollte der FC dann allerdings in der kommenden Woche im Heimspiel gegen Werder Bremen die passende Antwort haben.