Was wurde alles schon über Alexander Wehrle gesagt? Ex-Präsident Werner Spinner nannte ihn den Teil einer „Geschäftsführung mit den goldenen Händen“. Käse- und Weinliebhaber, Fachmann und Ex-Kumpane Armin Veh gab sich da bescheidener und flötete dem Schwaben ein zartes „Alex, du wärst ein super Bundeskanzler!“ zu. Geradezu unprätentiös blieb der aktuelle Vorstand, der Wehrle vor Kritik und Umfeld in Schutz nahm: „Ein möglicher Vorwurf, die Geschäftsführung habe eine wie auch immer geartete Mitverantwortung für die finanzielle Lage, entbehrt jeder Grundlage.“
Recht so!
In diesem Text, lieber Leser, schmettere ich Ihnen Ihre Abneigung und Vorurteile gegen Alexander Wehrle in Ihr vorlautes Besserwissermäulchen. Und zwar so sehr, dass selbst der Ruhepuls von Werner Wolf den Wert von 27 übersteigt. Sie werden sehen, wenn ich mit Ihnen fertig bin, bleibt von Ihrer Niedertracht gegenüber Alex Wehrle nichts mehr übrig! Sie werden ihn stattdessen so sehr schätzen wie der Fanclub Andersrum-Rut-Wiess den kurzen Draht zum Kölner Stadtanzeiger.
Wo kämen wir denn hin, wenn ein so netter, bescheidener Mann wie der Alex auch noch die Verantwortung für den bevorstehenden Ruin des 1. FC Köln tragen müsste? Für das, was in seinem Geschäftsbereich passiert, kann er ja nichts. Und überhaupt, ist er nicht abhängig von äußeren Faktoren? Ja! Zum Beispiel der Inzidenzzahl zur aktuellen Verbreitung des Coronavirus in Köln. Keine Zuschauer wegen so eines komischen Virus? Geht’s noch?
Gut, weltweit sind daran bisher mehr als eine Million Menschen gestorben und es gibt keine wirksame Medizin dagegen. Aber hat sich eigentlich mal jemand gefragt, wie er, Alex Wehrle, der Chef des 1. FC Köln, unter Coronas Folgen leidet? Spielt das im öffentlichen Bewusstsein eine Rolle? Was bildet sich zum Beispiel die Oberbürgermeisterin eigentlich ein, sich mit Alex Wehrle, pardon, dem 1. FC Köln deswegen anzulegen? Musste der effzeh während der Grippesaison auch jemals ohne Zuschauer spielen?
„Wir können kein Risiko eingehen“
Aber werden wir bei Alex‘ Verteidigung nicht emotional. Lassen wir den Meister der Zahlen selbst sprechen.
„Was die kommende Saison angeht, hat Corona unseren finanziellen Spielraum extrem reduziert. Wir können kein Risiko eingehen. […] Alleine in der abgelaufenen Saison waren es zwölf Millionen Euro, die uns von heute auf morgen weggebrochen sind. […] Wir wissen nicht, ob zu Saisonbeginn eine Teilöffnung des Stadions möglich sein wird oder ob wir mit Geisterspielen weitermachen müssen. Wenn man die in diesem Szenario fehlenden Einnahmen alle als Risiko summiert, dann droht uns ein Verlust für die neue Spielzeit zwischen 20 und 25 Millionen Euro. […] Wir sind auf die möglichen Szenarien vorbereitet – auch auf das Worst-Case-Szenario mit Spielen ohne Zuschauer in der kompletten Hinrunde. Wir verfügen über entsprechende Kreditlinien, damit die Zahlungsfähigkeit weiter gewährleistet ist. […] Wenn die Spieler aus dem Urlaub zurückkehren, werden wir mit ihnen sprechen – und nicht über die Öffentlichkeit. Bis dahin haben wir hoffentlich mehr Klarheit in Bezug auf die Zuschauer-Rückkehr. […]“ (10.07.20).
„Der 1. FC Köln wäre auch im Fall einer kompletten Saison ohne Zuschauereinnahmen nicht in seiner Existenz bedroht. Wir sind in Gesprächen, um im schlimmsten Fall zusätzlichen Spielraum zu bekommen und liquide zu bleiben. Es liegt in unserer Verantwortung, genau für diesen Fall einen Plan aufzustellen, um auch darauf vorbereitet zu sein“ (27.08.20).
„Wir müssen ein überschaubares Risiko eingehen“
„Wir arbeiten an Lösungen, damit wir am 30. Juni 2021 ein positives Eigenkapital haben. Aber es gibt viele Unwägbarkeiten. Die Situation mit den Zuschauern. Der Transfermarkt. Das Worst-Case-Szenario mit 17 Geisterspielen. Das würde uns ein Drittel aller Einnahmen kosten. Stand jetzt wird es glücklicherweise nicht so weit kommen. […] Bisher reden wir von 11 Millionen Euro bis zum Sommer, ging es unverändert so weiter könnten wir auf Mindereinnahmen von bis zu 35 Millionen Euro kommen. […] Das wäre schon bitter. Dieses Polster konnten wir in den letzten Jahren mit klugen Transfers und vorausschauendem Wirtschaften bilden. Und dann kommt Corona – und im schlimmsten Fall wäre alles weg […]” (14.09.20).
“Zum einen gehen mit den Spielern, die wir abgegeben haben, Einsparungen einher. Für den Rest gibt es zwei Möglichkeiten: Transfereinnahmen, etwa durch den Verkauf von Jhon Cordoba, und die Aufnahme von Fremdkapital. […] Wir haben schon in der letzten Saison ganz bewusst in die Mannschaft investiert, um die Chance zu erhöhen, in der Liga zu bleiben. Ohne Sebastiaan Bornauw und Ellyes Skhiri, die wir im Wissen um unser hohes Eigenkapital verpflichtet haben, wäre es sicher sehr schwer geworden. Jetzt kam die unvorhersehbare Situation mit Corona. Wir wissen aber, dass ein Abstieg teurer ist als alles andere und uns über Jahre schwächt. Deshalb müssen wir ein überschaubares Risiko eingehen, um in der Bundesliga zu bleiben“ (14.09.20).
“Wir planen konservativ”
„Wir planen konservativ. […] Wir müssen damit planen, dass das mühsam erarbeitete Eigenkapital durch die Corona-Effekte aufgebraucht wird. Danach gilt es, wieder Eigenkapital aufzubauen. Das Herausfordernde an der Situation ist, dass Corona kein zeitlich definiertes Ende hat. Wir wissen nicht, wann wir wieder ein volles Haus haben werden, daher müssen wir auf mehreren Ebenen und in besonderer Tiefe planen. […] Wir haben mit dem Mannschaftsrat ein gutes Gespräch geführt. Und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir in den nächsten ein, zwei Wochen zu einem Ergebnis kommen, das dann von der gesamten Mannschaft getragen wird […]“ (17.09.20).
“Wir haben damit gerechnet, dass wir in den ersten Spielen bis März mindestens 10.000 Zuschauer haben werden und dann in Volllast übergehen”
“Wir haben damit gerechnet, dass wir in den ersten Spielen bis März mindestens 10.000 Zuschauer haben werden und dann in Volllast übergehen. Für die ersten beiden Spiele ist diese Rechnung nicht aufgegangen und Besserung ist kaum in Sicht” (02.10.20).
„Wir sollten uns grundsätzlich fragen, ob wir nur den Inzidenzwert betrachten oder das umfangreiche Hygienekonzept der Klubs heranziehen. Unseres ist als tragfähig und hervorragend eingestuft worden. Nicht nur ich frage mich, ob die bundesweit einheitliche Teamsport-Schutzverordnung noch zeitgemäß ist […] 50 Prozent unserer Dauerkartenkunden kommen nicht aus Köln. […] Was die Liquidität angeht, ist die Saison aber komplett durchfinanziert. Doch sollte es die ganze Saison über bei Geisterspielen bleiben, müssten wir uns Fremdkapital besorgen“ (12.10.20).
It’s the pandemic, stupid!
Fragen Sie sich jetzt, was das soll? Diese aneinandergereihten Zitate? Was ich Ihnen eigentlich sagen will?
Aber so haben wir nicht gewettet, Sie Gewohnheitsleser, Sie! Denn ich frage SIE jetzt: Was hätte Alex Wehrle denn bitte machen sollen? Die Zahlungsfähigkeit ist schließlich gewährleistet! Na gut, nur für die aktuelle Saison und das nur, indem sich der 1. FC Köln schon zum wiederholten Male seit dem Sommer 2019 Geld leiht. Aber mit den Spielerverträgen, die Alex Wehrle und Armin Veh abgeschlossen haben, hat das nichts zu tun.
Wie Bill Clinton schon in den Neunzigern sagte: It’s the pandemic, stupid! Alex hat doch recht, wenn er sagt: „Und dann kommt Corona – und im schlimmsten Fall wäre alles weg!“ Corona macht Alex’ Arbeit kaputt! Er ging deshalb sogar im September ein finanzielles Risiko ein, das er im Juli noch ausgeschlossen hat! Was sagt Ihnen das, hä? Außerdem ist Alex ein Herzmensch. Wie hätte er sonst in so einer schlimmen Situation noch ein paar Millionen für die Vertragsverlängerungen für Horst Heldt und Markus Gisdol auftreiben können? Wenn beide irgendwann demnächst entlassen werden, sind sie ja immerhin arbeitslos.
Einfach mal die Besserwisserei stecken lassen!
Ich frage Sie also: Was hätten Sie an der Stelle des armen Alex gemacht?
Vermutlich sagen Sie jetzt sowas wie: „Ich hätte mit dem Worst-Case-Szenario geplant, nur Geisterspiele einkalkuliert und mich dann über alles gefreut, was obendrauf kommt.“ Oder Sie argumentieren heimtückisch: „Ich hätte einen Gehaltsverzicht der Spieler nicht nur angekündigt, sondern ihn längst ausverhandelt. Und zwar vor der Saison, damit wir mit mehr Geld und einer sicheren Perspektive hätten planen können. Er wäre definitiv gekommen, sodass wir nicht jetzt immer noch volle Gehälter zahlen müssten.“ Sie könnten auch den Kaltherzigen geben und sich denken: “Weder bei Markus Gisdol noch bei Horst Heldt waren Vertragsverlängerungen notwendig – und zwar schonmal gar nicht während einer finanziellen Notsituation!“
Vielleicht spielen Sie auch den Intellektuellen, den BWL’er, indem Sie sagen: „Dieses Eigenkapital-Gequatsche verschleierte unsere Probleme schon letztes Jahr. Eigenkapital ist kein Geld, das auf der Bank liegt. Die Liquidität entscheidet. Und unsere war letzte Saison schon im Eimer, nun stehen wir vor dem Kollaps. Offensichtlich benötigen wir jetzt schon Geld aus der Zukunft, um die Gegenwart zu finanzieren und weil das auch nicht ausreicht, müssen wir uns noch mehr Geld leihen.“ Und zuletzt könnten Sie auch als Sozialromantiker auftreten und denken: „Der 1. FC Köln hat eine gesellschaftliche Vorbildfunktion. Ich halte es deshalb für falsch, ständig auf Zuschauerbesuche im Stadion zu drängen. Irgendwie müssen die Leute ja auch hin und weg kommen. Außerdem sollte der effzeh nicht als möglicher Superspreader fungieren.“
Wehrle verdient unser Mitgefühl!
Aber wissen Sie was? Es hat seinen Grund, weshalb Alex Wehrle unser Geschäftsführer ist und nicht so eine kleine, miese Type aus dem Internet wie Sie. Aus der Ferne kluge Sprüche drücken kann jeder. Aber stehen Sie in der Verantwortung? Verdienen Sie ein siebenstelliges Gehalt? Sitzen Sie im DFL-Präsidium? Nehmen Sie ständig neue Online-Awards entgegen? Müssen Sie sich ständig auf der FC-Homepage zeigen? Haben Sie Anthony Modeste zum FC zurückgeholt? Müssen Sie sich mit Leuten rumschlagen, die Ihnen kritische Fragen zu ihrem Job stellen? Oder mit Politikern wie Henriette Reker oder Grünen (igitt!)? Wollen Sie Virologen und Politiker diktieren lassen, wann Sie ins Stadion dürfen und wann nicht?!
Ich sage Ihnen ganz klar: Nein! Deshalb bin ich froh, dass Alexander Wehrle da ist und den Mund aufmacht! Für Leute wie mich, die ihm dankbar sind. Dankbar für all die tollen Jahre. Jedenfalls die bis 2017. Danach haben Jörg Schmadtke, Peter Stöger und Armin Veh alles kaputt gemacht, was Alex Wehrle vorher ALLEINE! aufgebaut hat. Seit 2017 ist er nämlich machtlos! Jawohl!
Zum Abschluss, Sie Klugscheißer: Falls ich Sie nicht davon überzeugt haben sollte, wie bedeutsam, wie unersetzlich Alex Wehrle für den Verein ist, lesen Sie häufiger Bild, Kölner Stadt-Anzeiger und kicker. Lesen Sie insbesondere Löer und Lußem, dazu Frank, Werner und Bauer! Hören Sie auf das, was Ihnen echte Fachleute wie Volker Struth, Reiner Calmund und Christoph Daum zu sagen haben. Spätestens dann erhalten Sie Erleuchtung und werden Alex Wehrle so leidenschaftlich verteidigen wie ich! Schnief!
P.S.: Verlassen Sie umgehend effzeh.com und kommen Sie nie wieder, Sie widerwärtiger Gewalttäter!