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Meinung

Müller-Römers Rücktritt: Der Vorstand muss die Vereinsdemokratie beim 1. FC Köln schützen

Stefan Müller-Römer ist nicht mehr der Vorsitzende des FC-Mitgliederrats. Das setzt den Vorstand unter Druck, der nun auch woanders durchgreifen muss, wenn er die Glaubwürdigkeit behalten möchte.

Kehrtwende: Geschäftsführer Wehrle, Vorstände Wettich und Wolf | Foto: IMAGO / Eduard Bopp

„Gemeinsam gewinnen alle“ – mit diesem Motto war der amtierende Vorstand des 1. FC Köln um Präsident Werner Wolf vor etwa einem Jahr an den Start gegangen, um die nach intensiven Auseinandersetzungen tiefen Gräben zwischen Verein, Geschäftsführung, Mitgliedschaft und Fanszene zu schließen. Es ist an der Zeit, dieses Motto heraus zu kramen und zu überprüfen, ob die Zielvorstellung bislang annähernd erreicht wurde. Aus dem ursprünglichen Vorstandstrio dankte Jürgen Sieger bereits nach 100 Tagen im Dezember 2019 ab, neun Monate später gibt es nun die nächste personelle Veränderung innerhalb eines hohen Vereinsgremiums: Stefan Müller-Römer ist nicht mehr der Vorsitzende des Mitgliederrats, sondern bis auf Weiteres erst einmal ordentliches Mitglied. Das ist das Ergebnis einer öffentlichen Kampagne der letzten Woche.

So weit, so gut, wo ist jetzt der Aufreger, mag man sich nun denken: Es wird eine/n Nachfolger/in geben, das Gremium bleibt bestehen, die nächsten Wahlen finden 2021 (Mitgliederrat) und 2022 (Vorstand) statt. Auf den zweiten Blick wird allerdings deutlich, dass beim 1. FC Köln weder Vorstand noch Mitgliederrat als Gewinner aus dieser Sache hervorgehen. Der Verein mit seinen mehr als 100.000 Mitgliedern hat in den vergangenen Tagen Schaden genommen – „gewonnen“ hat eigentlich nur die Geschäftsführung und damit diejenigen Menschen, die beim 1. FC Köln in Lohn und Brot stehen. Und das gilt unabhängig davon, wie man zur Person Stefan Müller-Römer steht, der seine Streitlustigkeit gewiss nicht verhehlen kann. Die Äußerungen in den E-Mails waren zumindest diskutabel, aber nun wirklich kein Grund für die aufgebauschte Kampagne, die nun zu Müller-Römers Ende als Mitgliederratsvorsitzender führte.

Mitgliederrat und Belegschaft am Geißbockheim: Es rumort

Mit der aktuellen Satzung, an dessen Ausarbeitung der Jurist innerhalb der damaligen Satzungskommission beteiligt war, wurde der  „Klüngel-Faktor“ beim 1. FC Köln reduziert und moderne, demokratische Strukturen geschaffen. Zynischerweise wurden diese Müller-Römer jetzt offenbar zum Verhängnis. Es ist in der an Anekdoten nicht armen FC-Geschichte wohl ein einmaliger Vorgang, dass ein gewähltes Mitglied eines Gremiums öffentlich in den Medien und von größtenteils gescheiterten ehemaligen Funktionären attackiert und zum Rücktritt gedrängt wird, während Angestellte des Vereins, die jedes Jahr hunderttausende Euro verdienen, weiter ihren Job behalten und aus dem Geißbockheim einen Selbstbedienungsladen machen, ohne etwas Nachhaltiges zu liefern.  Sportliches, Finanzen, Infrastruktur: Wo ist der 1. FC Köln denn derzeit annähernd in einem zufriedenstellenden Bereich? Wenn Werner Wolf seiner Ankündigung, alle gemeinsam gewinnen zu lassen, Folge leisten will, muss er nun auch auf Seiten der KGaA durchgreifen.

Ein aktueller und ein ehemaliger FC-Präsident: Werner Wolf mit Wolfgang Overath | Foto: imago images/Eduard Bopp

Denn auch deren Angestellte schossen in jüngster Vergangenheit aus allen Rohren in Richtung Vorstand: Ende August geriet ein Brief der Abteilungsleiter aus dem Geißbockheim in die Öffentlichkeit, weil man sich in der eigenen Lage offenbar nicht mehr sicher fühlte. Zuvor war mit Medienchef Tobias Kaufmann ein anderer Abteilungsleiter entlassen worden. In diesem Brief brachten die Verfasser zum Ausdruck, mit dieser Entscheidung nicht zufrieden gewesen zu sein. Eine Entlassung, ein Brandbrief und enormer Handlungsdruck: Auch auf der Seite der Angestellten muss der Vorstand nun eine Lösung finden und notfalls die Trennung von Personal einleiten.

Wer ist beim 1. FC Köln eigentlich weisungsbefugt – und wer nicht?

Diese Forderung klingt drastisch, lässt sich aber leicht erklären: Der 1. FC Köln ist ein eingetragener Verein, der 2002 seinen Geschäftsbetrieb in eine KGaA ausgegliedert hat. Die Mitglieder wählen den Vereinsvorstand, der seinerseits die Geschäftsführung bestellt – aktuell sind dort Alexander Wehrle und Horst Heldt für die Geschäfte verantwortlich. Die Kontrollfunktion über den Vorstand übt, ähnlich wie es ein Aufsichtsrat in einem großen Unternehmen tut, der Mitgliederrat aus. Das höchste Entscheidungsgremium des Vereins ist der „Gemeinsame Ausschuss“, in dem über „Geschäfte von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung“ abgestimmt wird. Darin sitzen sieben Personen: die drei Präsidiumsmitglieder, zwei Mitgliederräte und die Vorsitzenden von Aufsichts- und Beirat. Die Geschäftsführung erklärte Medienberichten zufolge vor kurzem gegenüber dem Vorstand, dass sie mit Stefan Müller-Römer im „Gemeinsamen Ausschuss“ nicht mehr zusammenarbeiten könne und wolle. Ein paar Tage später trat Müller-Römer von seinem Amt zurück.

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Werner Wolf, der als Geschäftsführer mehrere große Unternehmen führte, dürfte mit den Begriffen „Compliance“ und „Governance“ (damit sind vereinfacht gesagt Unternehmensrichtlinien und das Befolgen von internen Regeln gemeint), durchaus etwas anzufangen wissen. Wer beim 1. FC Köln welcher Person gegenüber weisungsbefugt ist, müsste dabei einigen Beteiligten ins Gedächtnis gerufen werden. Dass nun unter dem öffentlichen Druck allerdings Stefan Müller-Römer ins Achtung gestellt wurde und seinen Posten räumen musste, ist für jedes Mitglied ein Schlag ins Gesicht. Denn anders als bei anderen Vereinen hat man als FC-Mitglied die Chance, das Vereinsleben aktiv mitzubestimmen – und dabei geht es nicht darum, dass basisdemokratisch über den Preis der Bratwürstchen im Stadion entschieden wird.

Die Gewinner der Auseinandersetzung sind nicht im Verein

Durch die Wahl des Mitgliederrats erteilt man engagierten Mitgliedern das Mandat, einen Vorstand zu nominieren. Und wenn das Ergebnis nicht passt, kann nach einigen Jahren abgewählt werden. Müller-Römers Kritik an der Geschäftsführung, die die „katastrophale finanzielle Lage“ zu verantworten hätte (so stand es in einem Mailverkehr, mit dem der Kölner Stadtanzeiger die ganze Geschichte erst auslöste), wischte der Vorstand einfach weg – sie entbehre „jeglicher Grundlage“. Das ist interessant, denn es steht immer noch im Raum, wer denn jetzt dafür verantwortlich ist. All diejenigen, die glauben Stefan Müller-Römer hätte den 1. FC Köln als Bühne genutzt, um sich selbst darzustellen, sollten sich fragen, wie der Verein sich denn in Zukunft entwickeln soll, wenn der höchste Mitgliedervertreter mit Kontrollfunktion den Kotau vor Geschäftsführung und Vorstand machen muss.

Gestärkt und geeint geht nämlich auch der Mitgliederrat nicht aus dieser Geschichte hervor: Zwei Mitglieder drohten mit Rücktritt, andere sprachen sich weiterhin für Müller-Römer als Vorsitzenden aus. Gelingt es dem Mitgliederrat nicht, durch konzentrierte und ruhige Sacharbeit seinen Aufgaben nachzukommen, dürften diejenigen, denen die Vereinsdemokratie beim 1. FC Köln ein Dorn im Auge ist, weiteres Futter bekommen. „Gemeinsam gewinnen alle“: Der Vorstand des 1. FC Köln hat nach wie vor immense Herausforderungen vor sich. Wenn eine simple gestrickte Kampagne dafür sorgt, dass ein Kämpfer für Vereinsdemokratie gemaßregelt wird, wirft das kein gutes Licht auf den Vorstand. Will er den FC nach vorne bringen, müssen auch anderswo Veränderungen her.

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