Eine seltsame Mischung aus Frust und Gelassenheit, aus Ärger und Zufriedenheit zeigte sich beim 1. FC Köln im Nachgang der 2:4-Heimniederlage gegen Leipzig am Montagabend. Ja, die „Geißböcke“ hatten gegen den Champions-League-Viertelfinalisten die wohl beste Leistung seit der Fortsetzung der Bundesliga-Saison gezeigt. Ja, die Mannschaft von Trainer Markus Gisdol hatte dem qualitativ hochkarätig besetzten Tabellendritten über weite Strecken der Partie einen würdigen Kampf geliefert. Aber am Ende stand wieder kein Sieg für die Kölner Aufsteiger zu Buche – im fünften Geisterspiel in Serie (dem vierten nach der Corona-Pause) fehlte dem FC abermals das Erfolgserlebnis.
Die Gründe dafür sind mannigfaltig und schon vielfach erklärt. Offensichtlich scheint es seit dem Re-Start der höchsten deutschen Spielklasse den Heimteams nicht zu behagen – das gilt auch für den FC, der in den vergangenen fünf Partien signifikant mehr Ballbesitz hatte als zuvor, damit aber augenscheinlich nicht zurecht kommt. Und auch wenn gegen Leipzig erstmalig das Gästeteam deutlich mehr vom Spiel hatte, waren es wieder einmal Probleme im eigenen Spielaufbau und individuelle Aussetzer, die den Hoffnungen der „Geißböcke“ auf etwas Zählbares letztlich den Garaus machten. Dennoch: Die Gisdol-Elf muss versuchen, das Positive aus diesem Auftritt mitzunehmen.
Cordoba ist unersetzlich für diesen FC
Insbesondere in der Anfangsphase zeigte der 1. FC Köln, dass er selbst einer äußerst spielstarken Mannschaft wie der Leipziger Probleme bereiten kann. Aggressiv anlaufend stifteten die „Geißböcke“ durch ihr intensives Pressing Unruhe im Spielaufbau der Gäste und konnte damit nicht nur das Geschehen weit weg von der eigenen Defensive halten, sondern auch viele Ballgewinne provozieren. Enorm wichtig dabei: Das Anlaufverhalten in vorderster Front, das Jhon Cordoba mittlerweile verkörpert wie kein anderer Spieler im Kölner Kader. Gegen Leipzig grundsätzlich ballsichere Defensive war es der Kolumbianer, der mit seiner körperlichen Wucht vorrangig Impulse setzte.
Kombiniert mit seiner Zweikampfpräsenz und der mittlerweile entwickelten Fähigkeit, Bälle vorne festzumachen und auf die nachrückenden Mitspieler abzulegen, ist Cordoba mittlerweile die Nummer eins im Kölner Sturm. Dass er sich in der Frühphase der Partie mit dem 1:0 (sein bereits zwölftes Saisontor!) für seinen großen Einsatz belohnte, kommt nicht von ungefähr. Das gilt allerdings auch für die Probleme des 1. FC Köln, die nach der verletzungsbedingten Auswechslung des Kolumbianers wieder vermehrt auftraten. Anthony Modeste ist ein gänzlich anderer Stürmertyp als Cordoba – und konnte ihn besonders im Spiel gegen den Ball an diesem Abend nicht gleichwertig ersetzen.
Nur zweiter Ball funktioniert nicht
Allerdings war auch in den Offensivbemühungen zu merken, dass der FC mit Cordoba in vorderster Front anders agiert als mit dem eingewechselten Franzosen. Dass die „Geißböcke“ vermehrt mit langen Schlägen versuchen, das eigene Mittelfeld zu überbrücken, ist mittlerweile kein Geheimnis mehr. Der so genannte „zweite Ball“ hat es dem Team von Trainer Markus Gisdol äußerst angetan. Sprich: Spielaufbau aus der eigenen Defensive über einen der Innenverteidiger oder Torwart Timo Horn und dann mit Wucht auf die gegnerische Abwehr nachrücken. Das gelingt zum einen vor allem dann gut, wenn sich der Kontrahent noch nicht sortieren konnte, zum anderen aber auch nur dann mit Erfolg, wenn in vorderster Front in ausreichender Besetzung genug Durchschlagskraft und Dynamik vorhanden ist.
Foto: INA FASSBENDER/AFP via Getty Images
Spätestens, als sich die Leipziger auf die Tiefenläufe der „Geißböcke“ und die neue Besetzung auf der Mittelstürmerposition eingestellt hatten, wurde es im Spielaufbau der Gastgeber reichlich eindimensional. Die langen Schläge kamen schneller zurück, als es der Kölner Abwehr lieb gewesen sein kann. Und dass vor allem Toni Leistner im Spielaufbau nicht zu den filigransten Vertretern seiner Zunft gehört, dürfte mittlerweile jedem in der Bundesliga bewusst geworden sein. Das gilt allerdings auch für den Mann zwischen den Pfosten beim FC: Dass die Gegner öfters gezielt Richtung Timo Horn lenken, ist alles andere als Zufall. Situationen wie vor dem 1:2, als der Kölner Keeper den Ball unter Druck eher planlos nach vorne bringt, sollen provoziert werden.
Auf der nächsten Seite: Das “Ärgernis”, das den 1. FC Köln
begleitet und die unpassende Spieldynamik nach der Corona-Pause