Zumindest auf der Seite der Neuzugänge hat der 1. FC Köln seine Transferperiode bereits abgeschlossen – bereits vor dem Saisonstart im Pokal am Sonntag bei Wehen-Wiesbaden dürfte Achim Beierlorzer nun die komplette Mannschaft beisammen haben, mit der er das Unternehmen Klassenerhalt angehen wird. Bewegung im Kader des Bundesliga-Aufsteigers wird es wohl nur noch bei den Abgängen geben, denn aktuell ist der Kader mit 33 Spielern dann doch relativ groß. Frederik Sörensen, Jannes Horn und Salih Özcan sind Kandidaten für einen Verkauf, bei Niklas Hauptmann steht eine Leihe im Raum. Matthias Bader spielte sich zuletzt ein wenig mehr in den Fokus, könnte aber trotzdem ebenfalls noch an einen Verein ausgeliehen werden, der ihm ein wenig mehr Spielzeit gönnt.
Bis zum Montag, den zweiten September, kann der 1. FC Köln noch Spieler abgeben – dazu ist er nicht nur aus sportlichen, sondern auch finanziellen Gründen mehr oder weniger gezwungen. Aktuell weist die Transferbilanz für den Sommer 2019 ein Minus von etwa 13 Millionen aus, wenn man mit den Summen der kolportierten bisherigen Ablösesummen kalkuliert. Bei den potenziellen Abgängen ist nicht damit zu rechnen, dass ein Transferüberschuss erzielt werden kann – Sörensen hat zwei schwierige Jahre hinter sich, Özcans Vertrag läuft im kommenden Jahr aus. Jannes Horn dürfte ebenfalls weniger als die sieben Millionen einspielen, die er 2017 kostete.
Ein Transferminus von etwa 13 Millionen Euro für den Aufsteiger
Durch den Verkauf von Serhou Guirassy, der sechs Millionen in die Kassen spülte, das nachhaltige Wirtschaften in den vergangenen Jahren und ein wenig unternehmerisches Risiko konnte Armin Veh in Zusammenarbeit mit Alexander Wehrle und Frank Aehlig die wichtigsten Baustellen im Kader des 1. FC Köln schließen. Zu Beginn des Transfersommers hatte es danach nun wirklich nicht ausgesehen, weil dem Vernehmen nach die Guirassy-Millionen fest eingeplant waren – er schaffte mit seinem Klub Amiens allerdings erst spät den Klassenerhalt, woraufhin die Kaufpflicht griff und dem FC die Millionen in die Kasse gespült wurden.
Sebastiaan Bornauw, der sich aus Anderlecht kommend dem FC anschließt, komplettiert nun einige Wochen später den Bundesliga-Kader – mit ihm verfügt Beierlorzer nun über einen talentierten jungen Innenverteidiger, der den Anspruch hat, in der Bundesliga Stammspieler zu werden. Ähnlich war es bei den Verpflichtungen von Ellyes Skhiri, Birger Verstraete und Kingsley Ehizibue – alle schlossen sich dem FC in dem Willen an, in der Bundesliga sofort Fuß zu fassen. Insgesamt kosteten alle vier den dreifachen Deutschen Meister etwa 20 Millionen Euro an Ablösesummen. Kingsley Schindler und Julius Krahl kamen ohne Ablöse.
Baustellen schließen und Transferwerte schaffen
Ein neues Duo im zentralen Mittelfeld, ein neuer Rechtsverteidiger und Rechtsaußen mit Tempo und dazu ein entwicklungsfähiger Innenverteidiger – auf den ersten Blick erscheinen die Verstärkungen sinnvoll. Nachdem der 1. FC Köln eigentlich seit 2015 eher suboptimale Transfersommer hinter sich hatte, scheint das Jahr 2019 möglicherweise eine Grundlage zu schaffen für die mittelfristige Zukunft des Vereins. 2015 kamen Spieler wie Modeste, Bittencourt, Sörensen und Heintz – allesamt Akteure, die noch nicht am Ende ihrer Entwicklung waren und zumindest theoretisch für mehr Geld verkauft werden konnten.
Denn dass der 1. FC Köln in der Bundesliga eine Identität als Ausbildungsverein wählen muss, scheint mit Blick auf die Konkurrenz und die Wirtschaftskraft einiger Vereine klar. In den letzten Jahren gab es eigentlich bis auf Yannick Gerhardt, der 2016 zu Wolfsburg wechselte und den abstrusen Modeste-Transfer nach China kaum Momente, in dem sich durch Spielerentwicklung auf der Haben-Seite des FC richtig etwas tat. Durch den Abstieg 2018 wurden massiv Transferwerte zerstört, Spieler wie Bittencourt, Osako und Heintz gingen für weitaus geringeres Geld als ursprünglich geplant. Mittlerweile verfügen die “Geißböcke” aber über eine talentierte Achse an Spielern um die 25 Jahre Lebensalter, die eventuell in Zukunft für mehr Geld verkauft werden könnten.
Zweifel bleiben, aber das Gesamtpaket stimmt
Voraussetzung dafür ist allerdings, dass sie sofort in der Bundesliga funktionieren. Denn der 1. FC Köln wird als Aufsteiger nicht in die Lage kommen, herumexperimentieren zu können – der Großteil der Mannschaften, auf die Beierlorzers Mannschaft treffen wird, ist stärker als der FC. Von daher ist es zwar gut, junge Spieler aus dem Ausland zu holen – diese müssen allerdings sofort ihre Leistung bringen. Bundesliga-Erfahrung bringt keiner der Neuzugänge mit, wenngleich die Achse um Horn, Höger, Hector, Modeste und Co. dem Selbstverständnis nach Erstligaspieler sind. Den Neuzugängen eine großartige Eingewöhnungszeit einzuräumen, würde den FC mit großer Wahrscheinlichkeit frühzeitig ins Hintertreffen bringen, weswegen die Transfers nicht gänzlich ohne Risiko sind. Bei allem Potenzial gibt es keine Garantie, dass es funktioniert – auch wenn man für eine neu zusammengestellte Mannschaft Geduld braucht.
Aufgrund der Marktlage und dem Status als Aufsteiger ist es jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit so, dass der FC für diesen Sommer ideale Transfers tätigen konnte. Baustellen wurden mit potenziellen Stammspielern geschlossen, die gleichzeitig die Grundlage für die Schaffung von Transferwerten mitbringen und bereits vor dem Saisonstart zusammen trainieren – das ist gewiss nicht selbstverständlich. Der überproportional große Kader muss aber noch ausgedünnt werden, um die finanzielle Schieflage in der Transferbilanz ein wenig auszugleichen. Ein weiterer Bonus: Mit Jannes Horn und Salih Özcan stehen zwei Spieler vor dem Abgang, die von der Kölner Agentur “SportsTotal” betreut werden – die Abhängigkeit dürfte sich also verringern, obwohl Timo Horn, Terodde, Risse, Krahl und Bader ebenfalls dort unter Vertrag stehen.
“Das sind alles Top-Verpflichtungen, und ich freue mich darauf, sie weiterentwickeln zu können.”
Insgesamt ist die Stimmung daher verständlicherweise gut. “Das ist ein Abschluss unserer Transferperiode, den ich mir nicht schöner hätte vorstellen können”, sagte Achim Beierlorzer nach dem Bornauw-Deal. “Das sind alles Top-Verpflichtungen, und ich freue mich darauf, sie weiterentwickeln zu können”, ergänzte er abschließend. Und auch für Armin Veh, der sich in den kommenden Monaten mit dem noch zu wählenden Vorstand über einen neuen Vertrag unterhalten dürfte, waren die bisherigen Transfers nicht das schlechteste Arbeitszeugnis. Viele Fans, die ansonsten eher daran gewöhnt waren, aufgrund der Kaderzusammenstellung mit großer Sorge in die Saison zu gehen, sind zur Abwechslung mal optimistisch – und das ist im Vergleich zu den Vorjahren schon ein Quantensprung. Der wahre Gradmesser hingegen wird die erste Bilanz nach den ersten Spielen sein. Und dann wird man auch mehr wissen, ob sich das finanzielle Risiko für den FC gelohnt hat.