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Meinung

FC-Sportchef Armin Veh: Der entspannte Novize ohne Wohlfühlcharakter

Seit einem Jahr ist Armin Veh der sportlich Verantwortliche beim 1. FC Köln. Seine Transferpolitik und seine Außendarstellung sind nicht immer unumstritten. Ein Kommentar zum Einjährigen.

Foto: Simon Hofmann/Bongarts/Getty Images

Eine Wunschlösung für den 1. FC Köln? Das war Armin Veh bei seiner Verpflichtung nicht unbedingt. Offensiv und öffentlich hatte der effzeh in den Wochen zuvor bei der Suche für einen Nachfolger des von Bord gegangenen Jörg Schmadtke um Horst Heldt, damals wie heute Sportdirektor bei Hannover 96, gebuhlt. Vizepräsident Toni Schumacher war sogar im Pay-TV vorgeprescht, doch 96-Boss Martin Kind blockte die Annäherungsversuche unsanft ab. Heldt blieb an der Leine, Veh übernahm die sportlichen Geschicke am Geißbockheim.

Zum damaligen Zeitpunkt stand der effzeh sieglos nach 15 Spielen mit lediglich drei Punkten auf Platz 18 und hatte ein absurdes Spiel gegen den SC Freiburg zuhause nach 3:0-Führung noch mit 3:4 verloren. Es gibt zweifellos angenehmere Startbedingungen für einen neuen Sportchef. Noch dazu für einen, der diesen Job in der Form zuvor nur für kurze Zeit in Wolfsburg ausgeführt hatte und damit bei so manchem effzeh-Fan Erinnerungen an die eher unglückliche Amtszeit Volker Finkes weckte.

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Umbruch in Kader und Verein

Ein Jahr später bleibt festzustellen: Veh hat vieles umgekrempelt beim 1. FC Köln. Als Sportdirektor steht ihm sein Intimus Frank Aehlig, den er aus Leipzig loseiste, zur Seite. Auf dem Trainerposten hatte er zunächst Stefan Ruthenbeck als Interimscoach bestätigt, um alsbald mit Markus Anfang einen talentierten Trainer für die Saison 2018/19 zu verpflichten. Auch den Kader gestaltete Veh seinem Posten entsprechend nach seinem Gusto. Das sei nur seine Mannschaft, verkündete der Meistertrainer von 2007 im Sommer vollmundig – und diese sei qualitativ besser als das Team in der Abstiegssaison.

Foto: Dean Mouhtaropoulos/Bongarts/Getty Images

Dass er für den abermaligen Absturz in die 2. Bundesliga nicht die Hauptverantwortung trägt, daran besteht kein Zweifel. Veh setzte die undankbare Aufgabe, einen nahezu designierten Absteiger anzuführen, im Winter klassisch um: Mit den Verpflichtungen von Vincent Koziello und Simon Terodde gelang es ihm, Spieler zu holen, die sowohl direkt Verstärkungen darstellten als auch bei einem damals noch hypothetischen Gang ins Fußball-Unterhaus funktionieren würden.

Auf dringend benötigte Verstärkungen auf den Außenpositionen verzichtete er dagegen – ob aus Kalkül oder mangelnde Alternativen scheint unklar. Gerade auf der rechten Abwehrseite hätte ein Neuzugang, der auch offensichtlich angedacht war, sehr gut getan. Einige hätten sich, gerade nach den Anfangserfolgen unter Ruthenbeck, hier eine ambitioniertere Herangehensweise gewünscht. War da nicht doch mehr drin für den 1. FC Köln?

Eine durchwachsene Transferpolitik

Im Sommer stellte Armin Veh den besten Zweitligakader der Liga zusammen – angesichts der finanziellen Möglichkeiten konnte der gebürtige Augsburger allerdings auch nahezu aus dem Vollen schöpfen. Die Offensive aus Louis Schaub, Simon Terodde, Dominick Drexler und dem auferstandenen Jhon Cordoba ist allen Konkurrenten haushoch überlegen – 42 Tore in den bisherigen 15 Spielen sprechen eine deutliche Sprache. Er schaffte es darüber hinaus, Leistungsträger wie Timo Horn und Jonas Hector zu halten und sogar deren Verträge zu verlängern – ein wichtiges Signal, wenngleich sich das Ganze natürlich finanziell für das Duo auszahlen dürfte.

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Kritiklos ist sein Wirken im Sommer jedoch nicht zu betrachten: Veh stattete Rafael Czichos und Lasse Sobiech – zwei Spieler im durchaus gehobeneren Profialter ohne großartigen Meriten in der Bundesliga – mit Vierjahresverträgen aus. Dominic Maroh, dessen Vertrag auslief, ließ er dagegen ebenso gehen wie Dominique Heintz, der trotz Willen zum Verbleib letztlich seine Ausstiegsklausel für einen Wechsel nach Freiburg nutzte. Während der einst hochgeschätzte Frederik Sörensen kaum mehr eine Rolle spielt, stachen die Neuzugänge auf der defensiven Außenbahn noch nicht: Benno Schmitz und Matthias Bader sind, insbesondere nach der Systemumstellung auf eine 3-5-2-Formation – aktuell nicht für die Rechtsverteidigerposition eingeplant.

Offensiv liegen, trotz der beeindruckenden Torbilanz, die Außenbahnen weiter im Argen: Dort hat Veh entgegen seiner Ankündigungen immer noch keine Abhilfe geschaffen, so dass die verletzungsanfälligen Marcel Risse (derzeit hinten rechts eingesetzt) und Christian Clemens die einzigen gelernten Flügelstürmer im Kader sind. Stattdessen holte der effzeh im Sommer für viel Geld Dominick Drexler, dessen Verpflichtung aus Midtjylland immer noch reichlich abstrus wirkt, wenn man sich den Ablauf anschaut. Niklas Hauptmann blieb bislang den Beweis schuldig, warum für ihn über drei Millionen Euro investiert wurden.

Auf Kurs Aufstieg – aber danach?

Dennoch: Derzeit steht für den 1. FC Köln eine Hinrunde zu Buche, die sich sehen lassen kann. Als absoluter Aufstiegsfavorit gestartet hat der effzeh bereits fünf Punkte Vorsprung auf Rang drei und kann diesen vor der Winterpause in zwei Heimspielen noch einmal ausbauen. Die “Mission Wiederaufstieg” scheint also bestens zu laufen. Vehs Kaderplanung allerdings wirkt in Anblick der kommende Herausforderungen nicht allzu ambitioniert – vielmehr hat es oft den Anschein, als hätte die anstehende Aufgabe absolute Priorität vor der darüber hinaus gehenden Planung gehabt. 

Foto: Maja Hitij/Bongarts/Getty Images

Ohne Frage: Veh hat gute Transfers getätigt und bewiesen, dass er talentierte Spieler wie Meré oder Koziello wertschätzt und sie spielen sehen will. Die Mannschaft ist, das haben die bisherigen Auftritte gezeigt, zweifellos aufstiegstauglich. Aber mitunter wirkt es, als ginge dem Sportchef der Antrieb ab, alle Kaderschwächen konsequent abzuarbeiten. Schon in der Vergangenheit machte es rund um den 1. FC Köln oft den Eindruck, dass das, was getan wurde, schon reichen müsste. Auch Veh lehnte sich nach für ihn getaner Arbeit zurück und beobachtete, was Markus Anfang jetzt mit diesem Kader anstellte.

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Kommentarlos tat er das allerdings nicht. Wie schon bei Stefan Ruthenbeck hielt sich Armin Veh nur selten zurück, wenn es um öffentliche Kritik an Trainer und Spielsystem ging. Schlecht laufende Dinge zu kritisieren gehört selbstverständlich zu Vehs Aufgaben, allerdings wäre es gelegentlich besser gewesen, er hätte Nachfragen von außen einfach abgeblockt und sie intern thematisiert. Wirkung scheint Veh mit seiner Kritik allerdings erzielt zu haben: Nach seinen deutlichen Worten in Hamburg gewann der effzeh vier Ligaspiele in Folge mit einem Torverhältnis von 18:2.

Vehs Außendarstellung ist mitunter befremdlich

Seine vereinspolitischen Äußerungen waren dagegen überwiegend schwach. Die öffentliche Beschimpfung von Mitgliederräten ist zwar intern nach einem klärenden Gespräch ausgeräumt worden. Doch auch abseits davon ließ Veh durchblicken, dass er den Standpunkten von Mitgliedern und Fans wenig abgewinnen kann. Mehrfach äußerte er sich nur vage zur 50+1-Regel; seine Haltung zum Mitspracherecht demokratischer Gremien hat er zudem ebenfalls klar bezeugt. Zweifellos hätte er aber auch deutlich stärker die Fans kritisieren können, als er es bislang tat.

Auch hier wirkt Veh, der sich durchaus auf pointierte Positionen versteht, bislang so, als wolle er hauptsächlich “keinen Stress”. Für Kritiker fasst das auch seine Tätigkeiten auf anderen Feldern zusammen – der als Genießer bekannte FC-Sportchef nimmt sich bei weitem nicht so ernst wie viele seiner Berufskollegen. Doch gilt das auch für seinen Job am Geißbockheim? Für den Aufstieg muss der Kader reichen. Aber viele werden das Gefühl nicht los, dass ein anders konzipierter, deutlich zukunftsgewandterer Kader ebenfalls möglich gewesen wäre. Armin Veh setzte hier auf die konservative Karte, um die Rückkehr in die Bundesliga deutlich wahrscheinlicher werden zu lassen. Wird nach dem angepeilten Aufstieg mit der gleichen Einstellung in einem halben Jahr am Erstligakader gearbeitet, könnte es schnell wieder ein böses Erwachen geben.

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