Das 1:1 im Endspiel der Endspiele gegen Mainz 05 dürfte für den 1. FC Köln zu wenig im Abstiegskampf sein. Die bittere Erkenntnis: Es reicht für den effzeh auf Strecke einfach nicht für die Bundesliga!
Die Enttäuschung stand den Beteiligten ins Gesicht geschrieben. Nach nahezu 100 intensiven Minuten in Müngersdorf war dem 1. FC Köln im „Endspiel der Endspiele“ gegen Mainz 05 der Big Point verwehrt geblieben. Mit gesenkten Köpfen schritten die Spieler, begleitet von Trainer Stefan Ruthenbeck, Richtung Südkurve und holte sich den obligatorischen Applaus ab. Es schien für einige Sekunden, als wäre ein gemeinsames Übereinkunft getroffen worden. Der Titel: Das dürfte es gewesen sein. Durch das verdiente, aber in der Schlussphase sogar höchst glückliche Remis tritt der effzeh im Schlussspurt auf der Stelle – und rutschte am Abend sogar wieder auf den letzten Tabellenplatz ab.
Dabei fing alles so hervorragend an: Mit dem ersten vernünftigen Kölner Angriff köpfte Kapitän Jonas Hector sein Team in Führung und ließ das motivierte Müngersdorf erstmals an diesem Samstagnachmittag erbeben. 20 Grad, Sonnenschein, Sechs-Punkte-Spiel, frühe Führung: Es sah nach dem perfekten Drehbuch aus. Und dann noch der Treffer des Nationalspielers, der ganz wohlige Erinnerungen weckte. Schon im vergangenen Mai, als der effzeh das Märchen vom Europapokal perfekt machte, war es an Jonas Hector, den Brustlöser zu servieren. 323 Tage später ging der Linksverteidiger abermals mit bestem Beispiel voran – doch das so sehnlich erwünschte Happy End blieb 2018 aus.
Bruchteile, die Fußballspiele entscheiden
Das lag vor allem an wenigen Sekunden, die zeigen, dass Fußballspiele manchmal in Bruchteilen der Partie entschieden werden können. Direkt zu Beginn der zweiten Halbzeit hat effzeh-Torjäger Simon Terodde das 2:0 für die „Geißböcke“ auf dem Fuß, doch scheitert an Mainz-Keeper Rene Adler. Fast im Gegenzug gleichen die Nullfünfer durch de Blasis zum 1:1 aus – es sollte in einem wilden Spiel das aus Kölner Sicht enttäuschende Endergebnis sein. „Wir müssen damit leben, das ist bitter. Wir wussten, dass heute nur drei Punkte zählen. Das ist enttäuschend“, erklärte ein sichtlich geknickter Terodde nach dem Abpfiff und fügte hinzu: „Wir hatten die Chance auf das 2:0, ich stehe in der Situation völlig frei. Das muss ich mir ankreiden lassen, es tut mir sehr leid für die Mannschaft.“
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Doch es lag nicht allein an Teroddes Fehlschuss, dass der effzeh den eminent wichtigen Sieg im Abstiegskampf nicht hat einfahren können. In der erwartet zerfahrenen Partie bekamen die Schützlinge von Trainer Stefan Ruthenbeck zu selten richtigen Zugriff auf den Gegner, dazu fehlte es insbesondere im letzten Drittel gegen vor allem nach dem überflüssigen Ausgleich massiert verteidigende Mainzer an der notwendigen Präzision. Die bekannten Schwächen, wenngleich in leicht veränderter Formation: Auf der rechten defensiven Seite zauberte Ruthenbeck Lukas Klünter, zuletzt häufiger überhaupt nicht im Kader, aus dem Hut, vor ihm agierte anstelle des angeschlagenen Marcel Risse diesmal Christian Clemens. Das eh schon linkslastige effzeh-Spiel verzichtete dadurch nahezu über die komplette Spieldauer auf einen zweiten schlagkräftigen Flügel.
effzeh-Coach Ruthenbeck sieht Reaktion
Zwar nahmen die „Geißböcke“ den Abstiegskampf gegen Mainz an, es fehlte allerdings an den passenden Lösungen und auch dem nötigen Spielglück. Mitunter wirkte es freilich nach dem Motto: Der Geist ist willig, doch das Fleisch ist schwach. Dass es um extrem viel ging, schien die Beine der effzeh-Spieler schon schwer werden zu lassen. Dennoch war Coach Ruthenbeck nicht unzufrieden mit dem Einsatzwillen seiner Schützlinge: „Im Vergleich zu Hoffenheim habe ich schon eine Reaktion gesehen. Das war eine ganz andere Laufleistung, wir haben alles versucht und eine Menge investiert“, konstatierte der effzeh-Coach. Nicht alle Beobachter wollten sich dieser Deutung anschließen, fremdelten die Kölner mit der Herausforderer-Rolle spätestens nach dem 1:1 doch sehr. Daran änderten auch die Einwechslungen von Claudio Pizarro und Jhon Cordoba nichts mehr.
Dass auch die Schlussoffensive in Überzahl ohne Erfolg blieb, beinahe sogar den endgültigen Niederschlag via Niederlage heraufbeschwor, lag derweil kaum an der Einstellung im Team. Den Willen, den Big Point einzufahren, konnte nicht abgesprochen werden, vielmehr mangelte es an der Qualität. Im Zentrum konnte sich das Duo Höger-Koziello nicht entscheidend in Szene setzen, in der Defensive leistete sich das Team nicht nur beim 1:1 einmal mehr kollektive wie individuelle Aussetzer. Und im Angriff ist der effzeh abhängig von den Treffern eines Simon Terodde, der spätestens seit der vergebenen Großchance im Heimspiel gegen den VfB Stuttgart glücklos wirkt. All das zeigt auf: Es muss weiterhin viel passen, damit der 1. FC Köln in der Bundesliga Spiele gewinnen kann. Bricht nur ein Baustein weg, haben die „Geißböcke“ nicht genügend Qualität auf dem Platz, um auch gegen Widerstände ordentlich punkten zu können.
Die positive Serie gelingt einfach nicht
So sind es auch nicht nur die Altlasten der Hinrunde, die dem effzeh zu schaffen macht. Auch mit den Leistungen in der Rückrunde setzt sich das Ruthenbeck-Team nicht entscheidend von den restlichen Abstiegskandidaten ab. Insbesondere in den Duellen gegen die Konkurrenz auf Augenhöhe bekommen die Kölner ihre Leistungen nicht in Siege umgemünzt. Hatte der Heimspiel-Auftakt gegen Borussia Mönchengladbach mit dem glücklichen Last-Minute-Erfolg noch Hoffnungen geweckt, trat die Ernüchterung danach in Müngersdorf schnell wieder zutage. Hart formuliert: Wer in den Partien gegen Augsburg, Hannover, Stuttgart und Mainz keinen einzigen Sieg vor den eigenen Fans einfahren kann, der braucht es nicht zu wagen, von einer historischen Aufholjagd im Abstiegskampf zu träumen.
Das liegt auch daran, dass es dem effzeh nicht gelingt, eine positive Serie zu starten. Starken Auftritte wie gegen Leverkusen folgten zu oft Enttäuschungen wie in Sinsheim. Einen solchen Lauf bräuchte es allerdings, um in den verbleibenden fünf Spielen nach der verheerenden Hinrunde die Klasse doch noch zu halten. Der Glaube daran ist mittlerweile beim Großteil der Kölner Fans kaum mehr lebendig. Aufgeben will effzeh-Coach Ruthenbeck auch nach dem Rückschlag gegen Mainz allerdings nicht: „Solange es rechnerisch möglich ist, glauben wir daran. Natürlich ist die Wahrscheinlichkeit mit dem 1:1 gegen Mainz verringert worden. Das ist uns allen bewusst“, sagte der 45-Jährige am Sonntag und schob die nächste Kampfansage direkt hinterher: Wenn wir in Berlin gewinnen und Mainz verliert, sind wir wieder näher dran. Wir müssen jetzt weiter angreifen und dürfen keine Kaffeefahrt nach Berlin machen.“
Fünf Spiele, eine Abschiedstour
Es dürfte allerdings der Auftakt zur Abschiedstour werden. Geschieht kein unerwartetes Wunder mehr, verbleiben dem glorreichen 1. FC Köln noch fünf Spiele in der Beletage des deutschen Fußballs. Berlin, Schalke, Freiburg, München, Wolfsburg – das sind die Aufgaben, die vor dem effzeh liegen. Aufgaben, die das Schicksal der „Geißböcke“ entscheiden werden. Vor einem Jahr katapultierte sich eine entfesselte Stadt auf den letzten Drücker in den Europapokal. 323 Tage später zeigt ein Blick in die Gesichter der Beteiligten: Der bedingungslose Glaube an das große Wunder im Abstiegskampf ist nicht mehr vorhanden. Auch deshalb spricht aus Kölner Sicht sehr viel dafür, dass es am 12. Mai 2018 in Wolfsburg heißen wird: Bye bye Bundesliga!