Spinner und Overath zelebrieren die große Versöhnung – ein schieferes Bild der Vergangenheit konnte man kaum zeichnen. Warum der effzeh sich auf dieses unwürdige Spiel einlässt, ist unklar. Ein Kommentar.
Die Versöhnung zwischen Werner Spinner und Wolfgang Overath ist perfekt, der Weg des 74er-Weltmeisters zur Rückkehr ins Stadion ist frei: Mit einem Doppelinterview auf der Vereinshomepage zelebriert der 1. FC Köln die Übereinkunft, die Vergangenheit Vergangenheit sein zu lassen. Das veröffentliche Gespräch entpuppt sich dabei als pure Verhöhnung, denn die Art und Weise der Geschichtsverklärung ist erschreckend.
Dabei ist eigentlich zum ehemaligen Präsidenten und seiner Ära alles gesagt. Inzwischen weiß jeder, wie die fußballerische Legende seinen Verein in die schlimmste Krise der Geschichte führte. Unter seiner Leitung etablierte sich eine beispiellose Kultur des Nehmens, er machte Nepotismus wieder salonfähig, warf Trainer und Manager nach Belieben raus, ihnen aber auch überteuerte Abfindungen hinterher und er zerstörte mit seinem Verhalten gegenüber Mitgliedern jeden Ansatz respektvollen Umgangs im Club. Im Nachhinein zeigte er sich stets uneinsichtig, zornig und beleidigt, weil die Nachfolger das Erbe als das Desaster benannten, das es war.
Eine fragwürdige Version der Geschichte
Foto: Christof Koepsel/Getty Images
Am 30. Januar 2017 darf Wolfgang Overath unwidersprochen seine Version der Geschichte wiederholen – ergänzt von verständnisvollen Worten Werner Spinners. Natürlich hat die Presseabteilung Overaths Aussagen glatt gebügelt, damit die ganz dreisten Lügen gar nicht oder nur schwer sichtbar auftauchen. Aber ganz gelingt das dann doch nicht; Overath behauptet, der alte Vorstand, also “wir”, hätte die Mitgliederzahl auf 53.000 gesteigert und REWE als Hauptsponsor gewonnen.
Die hohen Verbindlichkeiten setzt er dagegen in Verbindung mit dem langsamen Erkenntnisgewinn, dass die Führung eines Unternehmens wie dem effzeh ja durchaus schwierig ist, es aber deswegen natürlich auch eine verantwortliche Geschäftsführung gab. Bei Overath gilt nach wie vor ein altes Motto: Ich bin für alles verantwortlich, aber an nichts schuld.
Bei Overath gilt nach wie vor das alte Motto: Ich bin für alles verantwortlich, aber an nichts schuld.
Der effzeh hilft einem Mann, der behauptet, die Lage sei erst im April 2012 “ganz problematisch” gewesen – also lediglich einige Monate nach seinem Rücktritt. Die Geschichtsklitterung zugunsten Overaths wird vom Verein mitgetragen, er bietet ihr sogar die Vereinshomepage als Plattform. Einen erkennbaren Grund dafür gibt es nicht.
Foto: Lars Baron/Bongarts/Getty Images
Aber dass Werner Spinner in diesem Theater eine Hauptrolle einnimmt, sollte jedem zu denken geben. Dadurch, dass er Overaths Darstellungen nicht widerspricht und sie somit de facto als gültig akzeptiert, stößt er all jene vor den Kopf, die sich damals über Overath empörten und die Präsidentschaft des Ex-Chefs von Bayer damit letztlich erst ermöglichten.
Offiziell läuft der Prozess unter dem Schlagwort “Versöhnung”. Wer sich hier eigentlich versöhnt, sind nur zwei Personen. Mit dem Verein und den Mitgliedern, die er damals beleidigte, hat sich Overath nicht versöhnt. Es sei denn, es wird geglaubt, das Präsidium sei der Verein. Auszuschließen ist das nicht.