Folge uns
.

Auswärtsspiel

“Von uns ist kein Fußballfest zu erwarten”

Vor dem wichtigen Duell beim Hamburger SV zum Rückrundenauftakt bleibt auch das Auswärtsspiel nicht aus. Mit HSV-Fan Sascha sprechen wir über den Volkspark, Klaus-Michael Kühne und die sportliche Situation an der Elbe!

Foto: Sascha Rebiger
Foto: Sascha Rebiger

Foto: Sascha Rebiger

Zu den Spielen unseres geliebten und glorifizierten ersten Fußballclubs Köln stellen wir in dieser Saison einem Fan der gegnerischen Mannschaft ein paar Fragen. Und weil Gegner ja immer irgendwie “auswärts” sind, egal ob der effzeh zu Hause oder auf fremdem Platz antritt, und weil die Sichtweise von “auswärts” kommt, heißt die Kategorie folgerichtig “Auswärtsspiel”. Vor dem Duell beim Hamburger SV sprechen wir mit “Rothose” Sascha Rebiger (Twitter), der auf seinem 140+-Blog über das Leben und Leiden als HSV-Fan berichtet.

effzeh.com: Eine holprige Vorbereitung scheint hinter dem HSV zu liegen. Noch keine Verstärkungen, dazu aber verletzte Schlüsselspieler – wie ist derzeit der Stand an der Elbe?

Sascha: Die Vorbereitung fand ich gar nicht so holprig, zumindest nicht für HSV-Verhältnisse. Immerhin haben wir gegen Eintracht Frankfurt drei Treffer erzielt (Man bedenke: Das ist ein Drittel aller in der Hinrunde geschossen Tore!), und dieses Spiel sah sogar stellenweise nach Fußball aus. Was mich weiter positiv stimmt: Es war die erste Vorbereitung unter Trainer Joe Zinnbauer. Will sagen: Erstmals hatte unser Cheftrainer Gelegenheit, seine Mannschaft über einen längeren Zeitraum auf das Kommende einzustimmen, Laufwege und Spielzüge etc. zu trainieren. Deshalb hoffe ich, dass die Rückrunde besser laufen wird als die Hinrunde. Ein wenig Glück dazu, und wir halten die Klasse früher als in der vorangegangenen Saison.

effzeh.com: In der Öffentlichkeit nimmt man den HSV mittlerweile als Chaosclub wahr. Eine Rolle, die in der Vergangenheit häufig der effzeh ausfüllte. Habt ihr etwa nichts aus unseren Fehlern gelernt?

Sascha: Was habe ich in den 80ern über Schalke gelacht! Und ja, auch der effzeh hat später für das eine oder andere Skandälchen gesorgt. Ich habe aber das Gefühl, dass der HSV alles bisher Dagewesene noch toppt. Man lernt eben nicht aus den Fehlern anderer, sondern muss sie erst selbst machen. Wenn es tatsächlich so ist, dass man aus Fehlern lernt und gestärkt aus einer Misere herausgeht, prognostiziere ich dem HSV bei all’ dem, was er sich in den vergangenen Jahren so geleistet hat, eine rosige Zukunft.

effzeh.com: Bald wird – dank Eures Mäzens Klaus-Michael Kühne – das Volksparkstadion auch offiziell wieder Volksparkstadion heißen. Wie stehst du zu der Aktion?

Sascha: Moooooment! Klaus-Michael Kühne war nie ein Mäzen – es ist ja nicht so, dass er uns Geld geschenkt hat. Er hat uns Mittel zur Verfügung gestellt und dafür wurden diverse Gegenleistungen vereinbart. Inzwischen ist er sogar Investor, und wir müssen damit leben, dass er fortan sogar das Recht hat, seinen Mund aufzumachen. Die Umbenennung des Stadions ist schön, aber nicht mehr als ein kluger Schachzug aller Beteiligten gewesen, damit der saure Drops “Kühne wird Investor” ein bisschen süßer wird. Interessant wird es sein, wie es mit dem Stadionnamen ab Sommer 2019 weitergeht. Welches Unternehmen traut sich, diesen Namen wieder wegzunehmen? Im besten Fall keine – dann aber könnten wichtige Einnahmen fehlen.

Foto: Sascha Rebiger

Foto: Sascha Rebiger

effzeh.com: Kühne und sein gesamtes Verhalten wird von außen oft sehr kritisch betrachtet. Sieht das innerhalb der HSV-Anhängerschaft ähnlich aus?

Sascha: Natürlich. Kein anderer Bundesligaklub dürfte ein Fanlager haben, das derart gespalten ist wie das des HSV – und Kühne hat einen Großteil dazu beigetragen. Die einen wünschen ihn sich zum Teufel, andere akzeptieren ihn, wiederum andere haben einen wie ihn herbeigesehnt. Ich meine: Der HSV ist den richtigen, weil unausweichlichen Weg gegangen. So hat sich das Fußballgeschäft nunmal entwickelt: Wilst Du die Chance auf Erfolg haben, führt nichts daran vorbei, sich mit Investoren einlassen zu müssen. So viele T-Shirts kann man gar nicht verkaufen.

effzeh.com: Sportlich dürfte man in Hamburg mit der Hinrunde eher nicht zufrieden sein. Woran lag’s aus deiner Sicht?

Sascha: Nicht zufrieden? Hey, wir haben einen Punkt mehr geholt als in der Hinrunde der Saison 2013/14. Das ist ein Fortschritt. Im Ernst: Nach den Gründen zu süchen, ist müßig. Hätten wir besser gespielt, wenn wir gleich Zinnbauer gehabt hätten statt Slomka? Wäre unsere Abwehr mit Jonathan Tah stärker und unser Mittelfeld mit Kerem Demirbay kreativer gewesen? Hätte man Milan Badelj mit allen Mitteln halten müssen? Und hätte man Pierre-Michel Lasogga doch nicht so schnell und untrainiert vorn rein stellen sollen? Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Das ist alles hypothetisch – und nicht mehr zu ändern.

effzeh.com: Wie groß ist die Angst in der Hansestadt, dass die berühmte Uhr des Bundesliga-Dinos am Saisonende ihren Geist aufgibt?

Sascha: Ach, die Uhr. Ich habe erst in der vergangenen Saison bemerkt, dass sie ein derart großes Hassobjekt für Fans anderer Klubs darstellt. Mir ist sie im Grunde egal. Sie ist ein kleines, nettes Gimmick, mehr nicht. Ja, es ist ein Alleinstellungsmerkmal, dass der HSV hat: das Urgestein der Liga zu sein. Und? Davon kann er sich weder etwas kaufen, noch bringt es Punkte. Fans aller Vereine – auch des HSV – sollten dieser Uhr nicht zu viel Bedeutung beimessen. Aber sicher zielte die Frage nicht wirklich auf die Uhr ab. Deshalb: Ich kann nur für mich sprechen, glaube aber, dass die Abstiegsangst bei den meisten HSV-Fans durch Köpfe wie Beiersdorfer, Knäbel, Peters und Zinnbauer kleiner geworden ist. Das sind Männer, die einen Plan zu haben scheinen. Die wissen, was sie tun. Dass nicht jeder Plan aufgeht, versteht sich. Aber es sind kleine Fortschritte sichtbar – in allen Belangen.

effzeh.com: Diesmal steht nicht – wie beim 0:0 zum Auftakt – Mirko Slomka an der Seitenlinie, sondern Joe Zinnbauer. Was macht der neue Trainer anders?

Sascha: Wie soll ich es sagen? Joe Zinnbauer ist vom Typ her ein Trainer, wie ihn sich sicher einige Verein wünschen. Slomka ist ein smarter, netter Herr, der sich freut, wenn seine Mannschaft gewinnt. Der seine Elf nach Statistiken aufstellt. Zinnbauer baut Pläne, die zum Erfolg führen sollen. Er hat bestimmte Vorstellungen von Spielsystemen und Verhaltensweisen seiner Spieler auf und neben dem Feld – und kann sehr ungemütlich werden, wenn diese nicht umgesetzt werden. Gleichwohl ist er aber auch immer Mensch. Das kommt gut an. Was ich persönlich grandios finde: Bei seiner Antrittsrede sagte er (sinngemäß), dass wenn die Herren Profis nicht mitziehen, er keine Probleme damit hat, die Jungs aus der U23 hochzuziehen. Und das zieht er bis heute durch. Ashton Götz, Ronny Marcos, Tolgay Cigerci, Mohamed Gouaida – das sind alles Typen, die zu Saisonbeginn niemand kannte, die aber in die Bresche gesprungen sind und ihre Sache teils sehr gut gemacht haben. Das ist das, wovon jeder Fan träumt: Wenn es Spieler aus dem eigenen Unterbau zu den Profis schaffen.

Foto: Dirk Unschuld

Foto: Dirk Unschuld

effzeh.com: Das Duell zum Saisonstart zwischen dem effzeh und dem HSV war ein zähes Ringen zweier Teams, die nicht so recht wussten, wo sie stehen. Wird es diesmal ähnlich unansehnlich?

Sascha: Der HSV hat derzeit nur eine Rumpftruppe zu bieten. In der Abwehr fallen Cleber Reis und Dennis Diekmeier aus, im Mittelfeld mit Valon Behrami der beständigste Mann der Hinrunde. Auch Petr Jiracek ist angeschlagen, und von Lewis Holtby brauche ich erst gar nicht zu sprechen. Sollte Pierre-Michel Lasogga aufgestellt werden, ist er wieder mal unfit. Von unserer Seite ist kein Fußballfest zu erwarten.

effzeh.com: Es ist das 88. Aufeinandertreffer beider Traditionsklubs. Gibt es ein Spiel, das dir besonders in Erinnerung geblieben ist? Was verbindest du sonst noch mit dem effzeh?

Sascha: Na klar: Das 6:2 im März 2011. Es war das erste Spiel unter der Leitung Michael Oennings, der Armin Veh abgelöst hatte. Zur Halbzeit stand es schon 4:0, allein dreimal traf Petric. Und was wir da für Leute auf dem Feld hatten: Petric eben, aber auch Zé Roberto, Ruud van Nistelrooy, später Heung-Min Son. Ach, war das schön! Was ich mit dem effzeh verbinde? Nun ja: Der erste Spieler, den ich richtig gern mochte, war ein Kölner. Bei der WM 1982 wurde ich Fan von Pierre Littbarski – im Grunde hält das bis heute an, wenn auch in abgeschwächter Form. Klar wurde ich HSV-Fan, aber nach Köln habe ich immer gern geguckt, weil da so coole Typen herumliefen. Stephan Engels mit seinem Armbändchen, Toni Schumacher, Paul Steiner, Klaus Fischer natürlich – das war schon toll. Bis heute zählt der effzeh zu meinen fünf Lieblingsprofiklubs – trotz Zeiten, in denen die Stars beispielsweise Andreas Gielchen oder Frank Greiner hießen.

effzeh.com: Zum Abschluss: Dein Tipp, bitte!

Sascha: Wir bomben Euch mit 1:0 aus dem Volksparkstadion!

Mehr aus Auswärtsspiel

.