Zu den Spielen unseres geliebten und glorifizierten ersten Fußballclubs Köln werden wir in dieser Saison einem Fan der gegnerischen Mannschaft ein paar Fragen stellen. Und weil Gegner ja immer irgendwie “auswärts” sind, egal ob der effzeh zu Hause oder auf fremdem Platz antritt, und weil die Sichtweise von “auswärts” kommt, heißt die Kategorie folgerichtig “Auswärtsspiel”. Wir sind nicht nur gespannt, wieviel effzeh in den Anhängern der anderen Bundesligisten steckt, sondern erwarten auch eine Einschätzung zur Situation der eigenen Mannschaft.
Aufgepasst: Der SC Freiburg macht seine Aufwartung in Müngersdorf. Gegen den stets sympathischen Klub aus dem Breisgau mit dem etwas verrückten Trainer an der Seitenlinie könnte der effzeh sich erstmals deutlich von den Abstiegsrängen entfernen. Doch es gilt auch im Duell mit den bisher sieglosen Freiburgern den ersten Schritt vor dem zweiten zu machen. Grund genug, mit SC-Blogger Sven über den schwachen Saisonstart, das Image als Ausbildungsverein, vergiftete Komplimente, seine Erinnerungen an den glorreichen effzeh und den Eke Uzoma-Gedächtnismoment zu sprechen.
effzeh.com : Noch kein Sieg in dieser Saison für den Sport-Club. Wie optimistisch bist du, dass sich das bald ändert?
Sven: Eigentlich zeigt die Leistungskurve in der Bundesliga die letzten vier Spiele nach unten. Konnte man sich die ersten Wochen die Ergebnisse noch damit schönreden, dass die Mannschaft ja guten Fußball spiele, sich aber nicht dafür belohne, ist diese Ausrede seit einiger Zeit nicht mehr ernst zu nehmen. Aber neben dem natürlichen positiven Denken eines SC-Fans, gibt es einen wirklichen Grund daran zu glauben, dass es besser wird: Christian Streich. Er hat bisher noch jedes Jahr die Mannschaft entwickelt, besser gemacht und gezeigt, was möglich ist. Er wird dies auch diese Saison schaffen. Kein Zweifel an ihm. Und da gibt es wohl niemanden in Freiburg, der das anders sieht.
effzeh.com : Woran liegt der schwache Saisonstart? Konnten die Abgänge von Baumann und Ginter nicht kompensiert werden?
Sven: Beim SC muss jede Saison sehr sehr viel passen, damit der Klassenerhalt gelingt. Dieses Jahr passt es an vielen Stellen nicht und davon nehme ich Roman Bürki, der bisher mehr als nur ein Ersatz für Oliver Baumann ist, eindeutig aus. Aber auf den Außenverteidigerpositionen passt es nicht so gut, das Spiel nach vorne ist behäbig und langsam, wenig Druck kommt über die Flügel und vorne ist Admir Mehmedi nach einer anstrengenden Saison, WM-Teilnahme und längerer Verletzung noch nicht auf dem Level des letzten Jahres. Aktuell sind aber aus Verletzungsgründen weder Schahin noch Freis noch Zulechner Alternativen, so dass der SC kaum Torgefahr ausstrahlt. Verstehe bis heute nicht, dass während der Transferperiode nicht noch ein weiterer spielstarker Stürmer verpflichtet wurde.
Die Abgänge des #scf seit dem Wiederaufstieg. Wäre das eine geile Mannschaft! pic.twitter.com/4tEY9RgChL
— Sven (@Zugzwang74) 31. August 2014
effzeh.com : Ihr geltet als Ausbildungsverein, müsst immer wieder Spieler an die finanzstarke Konkurrenz abgeben – wie wird man als Fan damit klar, dass jeder gute Spieler mit einem Bein schon bei einem anderen Bundesliga-Club kickt?
Sven: Es gibt in Freiburg keinen anderen Weg als diesen. Nur so ist es überhaupt möglich dauerhaft zu den besten 21 Vereinen Deutschlands zu gehören. Und mich persönlich freut es beispielsweise für Matthias Ginter, dass er den Weg zum BVB gegangen ist. Ich erinnere mich noch genau an sein erstes Bundesligaspiel gegen Augsburg, das Kopfballtor vor der Süd zum 1:0. Es ist großartig, dass der SC es schafft, solch einen tollen Fußballer von der D-Jugend an zu entwickeln. Und dann kommt eben der Moment, wo solch ein Spieler in seiner Entwicklung den nächsten Schritt gehen muss.
effzeh.com : Das Umfeld in Freiburg gilt als sehr besonnen, auch die Fans sorgen seltenst für Schlagzeilen. Wünscht du dir manchmal etwas mehr Leben in der Bude wie beim effzeh?
Sven: Ich bin froh über die Fans in Freiburg, die das Dreisamstadion in den letzten Jahren mit einer Stimmung füllen, die ich vor zehn Jahren noch für unmöglich gehalten habe. Auch auswärts sind mittlerweile deutlich mehr Fans dabei als noch vor einigen Jahren. Ob ich solch ein Leben in der Bude wie beim effzeh haben möchte? Siehe einen Teil der Antwort auf die übernächste Frage.
effzeh.com : In Köln wird häufig, wenn es um solides, erfolgreiches Arbeiten mit wenig Geld geht, euer Namen genannt. Schmeichelt Euch das sehr?
Sven: Natürlich ist es toll, von vielen Seiten Komplimente für das vorbildliche Arbeiten zu erhalten. Und es ist auch klar, dass Du als Verein bei diesen Voraussetzungen verdammt viel richtig gemacht haben musst, um dauerhaft in der Bundesliga zu spielen. Andererseits nervt mich als Fan diese Form von Sympathie ja immer, da sie davon ausgeht, dass es ja andererseits nicht so schlimm ist, wenn der SC mal absteigt. Hatte mir bereits 2012 den Ärger über diesen Quatsch von der Seele geschrieben.
effzeh.com : Was verbindest du mit dem glorreichen effzeh? Gibt es eine ganz spezielle Geschichte, wenn du an den effzeh denkst?
Sven: Zwei schöne Geschichten und eine unschöne kann ich anbieten. Das erste Mal im umgebauten Stadion war ich beim Pokalsieg des FC gegen den damals amtierenden Meister VfL Wolfsburg. Ein überragender Podolski, ein Freis, der traf und eine Feierstimmung, die mir noch lange in Erinnerung blieb. Die Feierstimmung im Freiburger Block nach dem Klassenerhalt im ersten Jahr nach dem Wiederaufstieg unter Robin Dutt war ein ganz besonderer Moment. Banovic auf dem Zaun, Idrissou mit zwei Toren und ein ausverkaufter Gästeblock.
Und dann gab es da noch die Geschichte am Freiburger Hauptbahnhof. Am 28.4.2012 gewinnt der SC gegen einen in der zweiten Halbzeit komplett in sich zusammenfallenden FC am 33. Spieltag mit 4:1. Während die Freiburger den scheinbar aussichtslosen Kampf um den Klassenerhalt souverän bewältigt haben, steht der FC auf einem Abstiegsplatz. Beim Warten am Bahnhof auf den ICE machte sich auf einmal Unruhe breit, denn die Kölner Spieler waren inzwischen ebenfalls zur Heimfahrt eingetroffen. Was sich dann abspielte, werde ich nie vergessen: Beschimpfungen, Androhung körperlicher Gewalt und Polizeischutz (!!) am Gleis für die Mannschaft vor den eigenen (!!) Fans. Die Worte, die ich zu Hause zur Beschreibung des Erlebten verwendet habe, sind nicht zitierfähig. Nur so viel und als Rückgriff auf Frage: Würde ich so etwas je beim SC erleben, wäre es von diesem Tag an mein Verein gewesen.
Liebe Kölner, letztes Jahr holte der #Scf seinen ersten Sieg in Nürnberg. Genau, am 2. November. #Historyrepeating
— Sven Metzger (@Zugzwang74) November 1, 2014
effzeh.com: Zum Abschluss: Dein Tipp für das Duell am Sonntag!
Sven: Ich hoffe auf den Eke Uzoma-Gedächtnismoment, den dieses Mal vielleicht Sebastian Freis (ja, genau der!) haben wird. Zumal auch kein Podolski dabei ist, der da in der Schlussminute einen sensationellen Heber einnetzen kann. Ein 1:0 für den SC also. (Ach ja, ich tippe übrigens immer für den SC)