„Gemeinsam gewinnen alle“: Unter diesem Wahlkampfmotto präsentierten sich im September 2019 in der Kölnarena das spätere Präsidium den anwesenden Mitgliedern des 1. FC Köln. Werner Wolf, Jürgen Sieger und Eckhard Sauren warben in einer hitzigen Veranstaltung um das Vertrauen der Anhänger, den Verein in den kommenden Jahren zu führen. Wichtig waren dem Führungstrio der „Geißböcke“ in diesem Marketingslogan sämtliche Worte: Gemeinsam. Gewinnen. Alle. Doch weder die Einigkeit im Club noch die Wettbewerbsfähigkeit des Vereins ist ein Jahr später wirklich vorhanden – die jüngere Vergangenheit mit Problemen bei den Profis und Problemen in der Administration zeigt das allzu deutlich.
Dass der 1. FC Köln vermutlich kein Club ist, den die Führung sämtlich auf Linie bekommen kann, sollte dabei die wichtigste Einsicht sein. Es braucht ein klares Konzept, das dann professionell auch umgesetzt werden muss. Dazu gehört es ebenso, dass harte Entscheidungen getroffen werden, die auch Verlierer produzieren. Ein Unternehmen, das der FC mittlerweile zweifellos ist, kann auf Dauer nicht anders geführt werden. Die Illusion, dass rund um den Verein alle gewinnen, wenn gemeinsam an einem Strang gezogen wird, sollte angesichts des Jahrmarkts der Eitelkeiten, der am Geißbockheim ständig Station hat, ein für allemale ad acta gelegt werden. Stattdessen sollte auch der Vorstand einsehen, dass er nicht alle zufrieden stellen kann. Aber halt auch nicht muss. Die Konzentration auf eine mehrheitsfähige Linie reicht völlig aus.
Viele Unterstützer in kürzester Zeit verprellt
Schon früh in seiner Amtszeit haben es Werner Wolf und Co. allerdings geschafft, zahlreiche Unterstützer, die den einstigen Bitburger-Manager auf seinen Posten gehievt hatten, zu verprellen. Viel Vertrauen, das in den neuen Vorstand gesetzt wurde, haben die Verantwortlichen in lediglich einem Jahr verspielt. Weil wenig, was vor der Wahl auf den Tisch kam, sich nach der Wahl wiederfand. Weil sich nach außen, aber auch nach innen wenig änderte – personell wie strukturell. Weil mit Jürgen Sieger ein großer Hoffnungsträger der einstigen Opposition schnell die Segel strich. Weil eigentlich ausgelatschte Pfade der schlechten Zusammenarbeit innerhalb des Vereins wieder betreten wurden. Weil den handelnden Personen in der KGaA wieder zu viel Handlungsspielraum gegeben wurde. Weil öffentlich Zurückhaltung geübt wurde, wo mitunter ein deutliches Statement vonnöten gewesen wäre.
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Es hatte oft den Anschein, dass das neue Präsidium die vielleicht schmerzhaften, aber notwendigen Entscheidungen scheut. Schon bei der Posse um eine mögliche Verlängerung mit Armin Veh machten Wolf und Co. keinen guten Eindruck. Und auch wenn der jetzige FC-Vorstand um die Ausgangslage innerhalb des Vereins und den äußeren Umständen während des ersten Jahres sicherlich nicht zu beneiden ist: Etwas mehr Gestaltungswillen bei einer durchaus notwendigen Neustrukturierung am Geißbockheim hätte den Entscheidern in der jüngsten Vergangenheit gut getan. Dass Kurskorrekturen offensichtlich nicht einfach sind, beweisen zwar die Diskussionen um die vollkommen verständliche Trennung von Medienchef Tobias Kaufmann. Das schwierige Binnenklima im Grüngürtel darf dabei aber nicht zur Schutzbehauptung für unterlassene, aber sinnvolle Einschnitte sein.
“Gestalten statt verwalten” muss das Leitmotiv sein
Um zu gewinnen (und das war unbestritten der wichtigste Teil des Wahlkampfmottos), müssen auch Risiken eingegangen werden. Der einstige Dortmunder Meistertrainer und heutige Liverpool-Coach Jürgen Klopp wurde in einer Werbung mal mit den Worten „Ich glaube nicht daran, dass die Angst vor dem Verlieren dich eher zum Sieger macht als die Lust aufs Gewinnen“ zitiert. Das muss auch für den FC-Vorstand in den kommenden Jahren gelten, soll die aktuelle Amtszeit als Erfolg gelten. Aus Angst vor Veränderung in den Stillstand zu gehen: Das darf nicht die Lösung für den 1. FC Köln sein, will er auf Dauer in der Bundesliga konkurrenzfähig sein. Gestalten statt verwalten – das müssen Werner Wolf und Co. für die kommenden Jahre als Leitmotiv ausgeben.
Die Aufgaben werden dabei nicht kleiner werden: Der teure Ausbau am Geißbockheim, der die Trainingsbedingungen auf ein halbwegs profitaugliches Niveau bringen soll. Die Ausbau-Diskussionen rund um das Müngersdorfer Stadion, wo der Mietvertrag des Vereins 2024 ausläuft. Die allgemeine Lage im Profifußball, wo die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinandergeht und sich viele Fans zunehmend von ihren Clubs entfremden. Doch auch die Verwerfungen innerhalb des 1. FC Köln, der Vertrauensverlust zahlreicher Unterstützer, das Misstrauen zwischen den zahlreichen Fraktionen in und um die „Geißböcke“. Es liegt viel Arbeit vor dem FC-Vorstand: Auch Vereinspolitik ist letztlich das langsame Bohren ziemlich dicker Bretter. Nur Mut, das nun auch anzugehen!