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Analyse

Mark Uth kehrt zurück zum 1. FC Köln: Das Risiko mit dem Risikospieler

Mark Uth kehrt abermals zum 1. FC Köln zurück: Von Absteiger Schalke 04 wechselt der Offensivallrounder zu seinem Heimatverein. effzeh.com analysiert die Chancen und Risiken dieser Personalie.

Foto: Jörg Schüler/Bongarts/Getty Images

Die Rückkehr ist perfekt: Mit sofortiger Wirkung wechselt Mark Uth vom FC Schalke 04 ablösefrei zum 1. FC Köln und unterschreibt am Geißbockheim einen Zweijahresvertrag mit Option auf eine weitere Saison. „Ich freue mich sehr, wieder zu Hause zu sein“, betonte der 29 Jahre alte Offensivallrounder bei der Verkündung des Transfers. Auch der zukünftige FC-Coach Steffen Baumgart freut sich über den altbekannten Neuzugang:”Es ist ein absolut positives Signal, dass Mark zu uns kommt. Er ist ein Spieler, der zu unserer Ausrichtung passt – er ist torgefährlich und sehr erfahren. Zudem sind seine Qualitäten im Spielaufbau und seine Übersicht ja bekannt.”

Mark Uth und der 1. FC Köln – in einem witzigen Tweet wird dieser Beziehung schon eine Dynamik unterstellt wie weiland in der Serie „Friends“ dem Immermalwieder-Liebespaar Ross und Rachel. Nun ist die „Beziehungspause“ wieder einmal beendet, der gebürtige Kölner zum vierten Mal die Schuhe für den ortsansässigen Bundesligisten schnüren. Doch macht dieser Transfer in der jetzigen Konstellation überhaupt Sinn? effzeh.com analysiert die Chancen und Risiken, die dieser Personalie innewohnen.

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Chancen: Qualitätsspieler mit Identifikationspotential

Mark Uth mag den 1. FC Köln. Das ist erst einmal eine recht banale Feststellung, aber im heutigen Profifußball durchaus eine Bemerkung wert. Wie in der Einleitung erwähnt ist der 29-Jähirge in Köln geboren und dort fußballerisch ausgebildet worden – von der TuS Langel (einem Porzer Stadtteil) ging es von der FC-Jugend nach kurzem Zwischenstopp bei der Viktoria schließlich zurück in die U17 der “Geißböcke”. Über einen Umweg in die Niederlande schaffte er seinen Durchbruch schließlich in Hoffenheim. Doch wie so oft: Du kannst den Kölner zwar aus Köln holen, aber Köln nie ganz aus dem Kölner – selbst in Gelsenkirchen soll er wohl noch mit Kölner Sporttasche gesichtet worden sein.

Von Spielern, denen der Verein mehr bedeutet als der aktuelle Gehaltsscheck, erwarten die Fans gemeinhin auch die Extraportion Leistung. Und: Nachdem Uth bereits das Schicksal erdulden musste, sowohl in den Niederlanden als auch in Hoffenheim als auch in Gelsenkirchen leben beziehungsweise arbeiten zu müssen, sollten ihn auch die diversen Erregtheiten rund um das Geißbockheim nicht mehr schocken können – diese dürfte er ja ohnehin schon kennen. Hoch anzurechnen ist ihm, dass er laut offizieller Pressemitteilung sogar bereit war, dem FC finanziell “ein großes Stück” entgegen zu kommen, um die Beziehung wieder aufflammen zu lassen.

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Aber nur wegen Identifikation ist ein Spieler noch nicht zwingend eine Verstärkung – diverse Rückholaktionen in der Vergangenheit stehen sinnbildlich für diese Aussage (siehe unten). Aber Mark Uth hat unzweifelhaft auch fußballerische Qualität zu bieten – und sogar ein Qualitätspaket, welches dem FC gut zu Gesicht stehen kann. Nicht nur hat der Offensivallrounder beim letzten Engagement in der Domstadt maßgeblich zur Siegesserie unter Markus Gisdol beigetragen, auch durfte er in dieser Zeit gar als „Unterschiedsspieler“ bezeichnet werden. Mit Uth holt der FC nun einen spielstarken, explosiven Spieler zurück, der sehr viele Offensivpositionen bekleiden kann und dem lahmenden Kölner Angriff neue Impulse – und nicht zuletzt Tore – zuführen könnte.

Mark Alexander Uth Freistoßtor zum 5:0 / / Fußball Fussball / DFL Bundesliga Herren / Saison 2019/2020 / 22.02.2020 / Hertha BSC Berlin vs. 1.FC Köln / DFL regulations prohibit any use of photographs as image sequences and/or quasi-video. / *** Mark Alexander Uth free-kick goal to 5 0 Sport Football Football DFL Bundesliga Men Season 2019 2020 22 02 2020 Hertha BSC Berlin vs 1 FC Köln DFL regulations prohibit any use of photographs as image sequences and or quasi video

Foto: imago images / Contrast

Aufgrund seiner Flexibilität könnte Uth sowohl vor Ondrej Duda auf der Zehn und neben Sebastian Andersson in einem Zweiersturm spielen oder aber auch jeweils einen der beiden ersetzen und seinerseits die offensive Mittelfeldposition oder die Sturmspitze besetzen. Vorbei dürften die Zeiten sein, da Duda oder Jonas Hector notdürftig den Ersatzstürmer geben mussten. Einen solch variablen Abschlussspieler, der zudem realistische Torgefahr ausstrahlt und auch bei Freistößen und Elfmetern eingeteilt werden könnte, bekommt der FC mit seinen begrenzten Mitteln nur schwer beziehungsweise nur mit sehr gutem Scouting.

Bei Uth weiß man, was man hat – und das ist nicht wenig. Zudem hatte er seine beste Zeit bei Hoffenheim. Damals konnte er mit Andrej Kramaric kombinieren und gemeinsam mit diesem den großgewachsenen Zentrumsstürmer Sandro Wagner bedienen oder von dessen Ablagen profitieren. Eine Konstellation, die schon von den Spielerprofilen und der Kombination her sehr an Duda und Andersson erinnert.

Risiken: Risikospieler mit Gefahrenpotential

Bei aller oben gelobten Qualität ist Uth aber natürlich nicht frei von Schwächen und Problemen – sonst käme er ja gar nicht in das Regal des 1. FC Köln. Von den hochgeschätzten Kollegen von spielverlagerung.de wurde Uth vor einem halben Jahr als Risikospieler analysiert. Vereinfacht gesagt heißt das, dass Mark Uth von zwei möglichen Optionen, die sich ihm auf dem Platz bieten, immer die riskantere wählt. Einen solchen Spielertypen muss eine im Abstiegskampf befindliche Mannschaft auffangen können, zumal man mit Ondrej Duda schon einen Mann in seinen Reihen hat, der zu Ballverlusten in gefährlichen Situationen neigt, da er sich oft zu spät vom Ball trennt.

Gerade einem Team mit eher schlechterer Konterabsicherung wie Köln in der letzten Saison kann so etwas durchaus Gegentore bescheren. Hier wird Steffen Baumgart gefragt sein, Uths und Dudas Spiel in ein Mannschaftsgefüge einzubinden, das stabiler daher kommt als zuletzt. Und apropos Baumgart: Dieser Trainer neigt dazu, selbst ins Risiko zu gehen, und schätzt Spieler, die das ebenfalls tun. Nicht umsonst gilt Uth daher als Baumgarts Wunschspieler und wird von diesem nach seiner Verpflichtung in höchsten Tönen gelobt.

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Doch gibt es auch einige „biologische“ Faktoren, die gegen eine Verpflichtung gesprochen hätten: Da wäre zum einen ganz schnöde das Alter. Uth wird am 24. August 30 Jahre alt. Im heutigen Profifußballgeschäft klingt dieses Alter zwar fast schon biblisch, aber nur mal zur Einordnung: Der schon erwähnte Kramaric ist gleich alt, Robert Lewandowski sogar fast auf den Tag genau drei Jahre älter. Bei beiden würde sich wohl niemand gegen eine Verpflichtung rein auf Grund des Alters wehren und beide sind der Beweis, dass Qualität und Torgefahr nicht nach dem dreißigsten Geburtstag verschwinden – beiden haben schließlich soeben ihre jeweils beste Bundesligasaison absolviert. Weitere „Oldies“ in der Top-Torschützenliste: Lars Stindl, Max Kruse und Thomas Müller.

Foto: imago images / Poolfoto

Also Alter gut, alles gut? Mitnichten. Denn seit der coronabedingten Unterbrechung der Bundesliga lief bei Uth nicht mehr viel. Zunächst war er beim FC ein Gesicht der krisenhaften Rückkehr in den Spielbetrieb und auch nach der Rückkehr zum FC Schalke 04 gelangen ihm nur noch drei Tore in 20 Spielen – allerdings in einer völlig desolaten Schalker Mannschaft. Und den Willen konnte man ihm in keiner dieser Phasen absprechen. Jedoch kamen auf Schalke Verletzungsprobleme hinzu – der Offensivspieler verpasste aufgrund diverser Blessuren zwölf von 34 Partien.

Die Frage nach der Altersstruktur in der Kölner Offensive

Aber auch hier gilt es, genauer hinzusehen und festzuhalten, dass zum einen der Schalker Kader in der abgelaufenen Saison sehr viele muskuläre Verletzungen zu verzeichnen hatte, was vermutlich eher auf die dortige Trainingsarbeit zurückzuführen ist und man Uth zum anderen seine Gehirnerschütterung nach dem Zweikampf mit dem Augsburger Felix Udokhai nun wirklich nicht in das Buch der „Verletzungsanfälligkeit“ schreiben kann. In der Rückrunde 2020, die er an den FC ausgeliehen war, fehlte er nur ein Spiel verletzt.

Bleibt noch die Frage nach der Altersstruktur gerade in der Offensive. Mit Sebastian Andersson, Dominick Drexler und Anthony Modeste hat man bereits diverse Ü30-Stürmer und der neu entdeckte Sturmstar Jonas Hector ist auch nicht mehr ganz taufrisch. Spieler im mittleren Fußballalter hat der FC für das Sturmzentrum gar nicht; sucht man solche, muss man schon auf das offensive Mittelfeld (Duda) oder die Flügel (Limnios) blicken. Aber selbst Florian Kainz oder die zurückkehrenden Kingsley Schindler und Marcel Risse gehen stramm auf die 30 zu beziehungsweise haben diese bereits überschritten.

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In diesem Mannschaftsteil muss der FC perspektivisch besonders auf die Altersverteilung achten und längerfristig planen. Denn dahinter lauern dann die ganz jungen Hüpfer mit Jan Thielmann, Tim Lemperle, Marvin Obuz und auch Ismail Jakobs. Fraglich ist, ob Uth einem der hoffnungsvollen Jungtalente den Platz im Kader oder gar der Startelf streitig machen und so etwa die Entwicklung blockiert: Während Thielmann und Jakobs eher die Außen bekleiden, wo Uth auf Grund abnehmender Schnelligkeit nicht mehr erste Wahl sein dürfte – zumal Neu-Coach Baumgart hier besonders Wert auf Geschwindigkeit legt – sind sich gerade Lemperle und Uth vom Spielerprofil her recht ähnlich. Darin kann aber für den Youngster auch eine Chance liegen, wenn Uth sich selber als eine Art Mentor für die jungen Spieler versteht. Und: Nur auf Lemperles Schultern sollte man die Mission Klassenerhalt ohnehin nicht legen. Hier sind Uths Schultern schon die bessere Ablagestelle.

Bildnummer: 09077792 Datum: 12.11.2011 Copyright: imago/Dünhölter SportPresseFoto 12.11.2011, Fussball, Regionalliga West, Saison 2011/2012, 19. Spieltag, Stadion an der Poststraße, Verl SC Verl - 1. FC Köln II 1 - 0 Mark-Alexander Uth (1. FC Köln), Aktion, Einzelaktion, Quer; Fussball Ger Regionalliga West 2011 2012 Verl xdp x0x 2011 quer Image number 09077792 date 12 11 2011 Copyright imago Dünhölter SportPresseFoto 12 11 2011 Football third division West Season 2011 2012 19 Matchday Stadium to the Post Street Univ SC Univ 1 FC Cologne II 1 0 Mark Alexander Uth 1 FC Cologne Action shot Individual action horizontal Football ger third division West 2011 2012 Univ x0x 2011 horizontal

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Bleibt lediglich die Kritik an der Höhe des Gehaltes. Kolportierte 1,8 Mio. Euro Jahressalär plus Punkteprämien sind für den klammen FC – bei dem das Wort „Insolvenz“ immer öfter die Runde macht – eine (zu?) große Summe. Zumal man nicht damit rechnen darf, für einen Spieler seines Alters noch einmal Ablöse zu sehen. Gleichwohl: Man bezahlt auch keine solche an Schalke. Es ist durchaus marktüblich, ablösefreien Spielern mehr Gehalt zu zahlen (fragen Sie nach bei Simon Terodde) – und Uth verzichtet bereits auf rund die Hälfte.  Einen Spieler mit den oben genannten Qualitäten für weniger Jahresgehalt zu bekommen, ist äußerst selten. Zwar gibt es sie natürlich, und beispielsweise der VfB Stuttgart dürfte davon einige in seinen Reihen haben, aber das hier beschriebene Gesamtpaket aus Identifikation und fußballerischer Qualität gepaart mit Erfahrung im Abstiegskampf brächte keiner davon mit – denn gerade im Ringen um den Klassenerhalt braucht es Soforthilfen, während Stuttgart Spieler wie Silas in der 2. Bundesliga erst einmal heranführen konnte.

Chance und Risiko: Der FC und seine Rückholaktionen

In Köln und um Köln herum ist es fast schon zum geflügelten Wort geworden, dass der FC mit seinen Rückholaktionen keinen Erfolg habe. Jedoch muss man dies wohl als Pauschalaussage in das Reich der Fabeln verweisen: in den letzten 15 Jahren war sowohl die zweite Amtszeit von Christoph Daum (Aufstieg und Klassenerhalt) als auch jene von Lukas Podolski (immerhin 33 Tore in 88 Bundesligaspielen) durchaus individuell erfolgreich – auch wenn man mit Poldi abstieg, an ihm lag es mit 18 Toren in der Abstiegssaison eher weniger. Simon Terodde konnte zwar den Abstieg nicht verhindern, allerdings lag das Kind da ja schon im Brunnen und seine zahlreichen Tore trugen entscheidend zum Wiederaufsteig bei.

Lediglich unter die Wiederanstellung von Christian Clemens und Anthony Modeste muss man den Stab brechen – bei Modeste „Stand jetzt“. Aber: Uth selbst war ja durchaus auch ein erfolgreicher Rückkehrer und half mit fünf Toren und vier Assists entscheidend dabei mit, 2019/2020 die Klasse zu halten. Die Chancen überwiegen das Risiko. Insofern man das Gehalt seriös stemmen kann, ist das Wagnis kalkulierbar und man sollte es eingehen. Ein Abstieg kostet im Zweifelsfall immer mehr. Und – Serienfreunde wissen es längst: Am Ende bekamen Ross und Rachel ihr Happy End.

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