Als im Mai das Interesse des 1. FC Köln an Kingsley Ehizibue bekannt wurde, waren viele Fans der „Geißböcke“ zunächst einmal verwundert. Der Rechtsverteidiger des niederländischen Erstligisten PEC Zwolle hatte sich noch keinen großen Namen gemacht und sich erst in der gerade abgelaufenen Spielzeit in der Eredivisie in den Vordergrund spielen können.
Auch nach der Verpflichtung des schlaksigen Abwehrmannes mit nigerianischen Wurzeln schwangen in der Beurteilung Zweifel mit, ob Ehizibue überhaupt Bundesliga-Format habe. Nach gerade einmal zwei Partien in der höchsten deutschen Spielklasse ist klar: Der pfeilschnelle Außenverteidiger ist ein Gewinn für den 1. FC Köln.
Schon in der Vorbereitung beeindruckte der 24-Jährige, der in München geboren wurde und bald darauf mit seinen Eltern in die Niederlande zog, auf der rechten Außenbahn – und bestätigte diese Einschätzung umgehend durch seine Auftritte im Pokalkrimi beim SV Wehen Wiesbaden und beim Bundesliga-Auftakt in Wolfsburg.
Szenenapplaus der FC-Fans für Ehizibue
Aggressiv gegen Ball und Gegenspieler, mutig mit Ball und beeindruckend schnell auf den Beinen: Ehizibue macht in der Defensive des 1. FC Köln gewaltig Spaß. Schon in Wiesbaden wurde der Niederländer nach seiner verletzungsbedingten Auswechslung nach riesigem Einsatzwillen von den Fans mit Applaus verabschiedet. Bei den „Wölfen“ glänzte er mit starker Zweikampfquote (89 Prozent der direkten Duelle gingen an den effzeh-Verteidiger) und Vorwärtsdrang.
War er schon nach diesen wenigen Einsätze auf dem besten Wege in die Herzen der Kölner Fans, konnte der neue Rechtsverteidiger im Heimspiel gegen Borussia Dortmund die bisherigen Eindrücke noch einmal toppen. Mit großer Leidenschaft trieb Ehizibue sein Team auf der rechten Außenbahn immer wieder an, schmiss sich gegen die BVB-Offensive in jeden Zweikampf und riss so auch das Publikum mit.
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Bezeichnend, wie er auch eigenen Ballverlusten immer wieder hinterherging und so manchen Dortmunder Spieler dabei fair aus dem Weg räumte – Szenenapplaus der effzeh-Anhänger inklusive. „Die Atmosphäre war wirklich großartig, die Fans standen 90 Minuten hinter uns“, schwärmte der Rechtsverteidiger nach seinem Debüt im Müngersdorfer Stadion und schob auf Instagram hinterher: „Was für eine Stimmung – es war der helle Wahnsinn!“
“Das zweite Tor ist meine Schuld”
Belohnen konnte der 1. FC Köln seine Fans und sich für den riesigen Aufwand allerdings nicht – und das hatte leider auch mit Kingsley Ehizibue zu tun. Beim Gegentreffen zum 1:2 durch Achraf Hakimi verlor der effzeh-Verteidiger den heranrauschenden Dortmunder aus den Augen und musste hilflos zusehen, wie der Marokkaner zur Führung für den Titelkandidaten einnickte. „Das zweite Tor ist meine Schuld“, gestand der 24-Jährige nach der Partie auch sichtlich geknickt ein.
„Es war eine gute Flanke von Dortmunds Rechtsverteidiger, Hakimi kam vor mich und hat sie reingeköpft“, schilderte Ehizibue die Schlüsselszene des Freitagabends ebenso so erfrischend offen wie sein Auftritt zuvor auf dem Platz gewesen war. „Wir haben viel Druck auf Dortmund ausgeübt, leider haben sie dann etwas geändert in ihrem System und haben uns so enorm unter Druck gesetzt. Und wir haben keine Lösung gefunden“, analysierte der niederländische Neuzugang.
Die zweite Niederlage im zweiten Saisonspiel machte ihm aber angesichts der starken Leistung der Kölner Mannschaft nicht übermäßig zu schaffen. „Wenn man sieht, wie wir gespielt haben, hat man gesehen, dass wir eine wirklich gute Mannschaft sind. Die Punkte werden sicher kommen“, bleibt der Abwehrmann zuversichtlich für die anstehenden Aufgaben.
“Easy going” auf der Rechtsverteidiger-Position
Die Herzen der Kölner Fans fliegen „Easy“ dank seiner bisherigen Auftritte nur so zu, auch die Verantwortlichen der „Geißböcke“ sind überaus zufrieden mit dem Rechtsverteidiger. „Easy hat das sehr gut gemacht und setzt das um, was wir im Scouting gesehen haben er ist aggressiv in die Zweikämpfe gegangen. Er wird sich auch noch weiterentwickeln“, prophezeit FC-Coach Achim Beierlorzer. Eine Aussicht, die den 1. FC Köln frohlocken lassen sollte, hat Ehizibue doch anscheinend schon jetzt eine nahezu ewige Baustelle im Verein schließen können.
Nun heißt es also „Easy going“ auf der Rechtsverteidiger-Position, denn dort klaffte beim 1. FC Köln seit Jahren eine riesige Lücke. Nach Miso Brecko, der diesen Posten über Jahre recht solide bekleidete, kam in Köln auf der defensiven rechten Außenbahn nicht mehr viel. Pawel Olkowski startete furios, war aber nach einem Mittelfußbruch nicht mehr wiederzuerkennen. Lukas Klünter schien zwischenzeitlich den Durchbruch zu schaffen, versank dann aber wie die gesamte Mannschaft im Abstiegschaos.
“Easy setzt das um, was wir im Scouting gesehen haben. Er wird sich auch noch weiterentwickeln.”
Abwehrhüne Frederik Sörensen fungierte öfter, als ihm vermutlich lieb gewesen ist, dort als Aushilfe und verlor nahezu minütlich an Form und Marktwert sowie letztlich seinen Stammplatz. Marcel Risse ist als offensiver ausgerichteter Rechtsverteidiger nach seinen schweren Verletzungen leider nur noch ein Schatten seiner selbst. Benno Schmitz und Matthias Bader, beide von Armin Veh vor der Zweitliga-Saison geholt, konnten in ihren wenigen Einsätzen nicht überzeugen und sich letztlich nicht entscheidend durchsetzen.
Ein Einstand nach Maß – nicht nur sportlich
Das scheint jetzt Ehizibue spielerisch leicht zu gelingen: Mit 35,14 Kilometern pro Stunde katapultierte sich der Niederländer im BVB-Spiel an die Spitze der Sprinter in der Bundesliga – im laufenden Kalenderjahr war lediglich der ehemalige Kölner Lukas Klünter schneller. Im Eiltempo ist der 24-Jährige nicht nur auf dem Platz unterwegs, auch in der Mannschaft ist der positiv verrückte Ehizibue rasend schnell angekommen.
Schon mit seinem Einstand, als er die effzeh-Hymne schmetterte, sorgte er für ein Grinsen im Gesicht aller Beteiligten. Das hat sich in letzter Zeit bestätigt – der Neuzugang vom PEC Zwolle ist bereits jetzt bestens integriert beim Aufsteiger. Aus dem Nobody aus der niederländische Eredivisie ist in kürzester Zeit ein Leistungsträger geworden, aus dem großen Unbekannten der neueste Publikumsliebling beim 1. FC Köln.