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Meinung

“Gastspiel” von Robin Loew-Albrecht: “Aus vielen Ichs beim 1. FC Köln wieder ein Wir machen”

Vor der Mitgliederversammlung des 1. FC Köln kochen abermals Diskussionen um den Vorstand und die Vereinsstruktur hoch. In einem Gastbeitrag plädiert Robin Loew-Albrecht, Vorsitzender des mitgliederstarken Fanclubs “Wilder-Süden”, für mehr Miteinander im Club.

17.06.2020 - Fußball, Frauen Bundesliga, 2019/2020, 20. Spieltag, 1. FC Köln - FC Bayern München: Symbol 1. FC Köln Fahne DFB REGULATIONS PROHIBIT ANY USE OF PHOTOGRAPHS AS IMAGE SEQUENCES AND/OR QUASI-VIDEO. Foto: Noah Wedel Köln Nordrhein-Westfalen Deutschland Franz-Kremer-Stadion *** 17 06 2020 Football, Women Bundesliga, 2019 2020, 20 Matchday, 1 FC Cologne FC Bayern Munich Symbol 1 FC Cologne Flag DFB REGULATIONS PROHIBIT ANY USE OF PHOTOGRAPHS AS IMAGE SEQUENCES AND OR QUASI VIDEO Photo Noah Wedel Cologne North Rhine-Westphalia Germany Franz Kremer Stadium
Foto: imago images / Noah Wedel

Gastbeitrag von Robin Loew-Albrecht (Vorsitzender des Fanclubs Wilder-Süden)

Führungskraft beim 1. FC Köln zu sein, das hört sich schön an, ist aber mit einer großen Verantwortung verbunden, selten mit Lob oder Applaus. Als ehemaliger Präsident in einem durchaus erfolgreichen Amateurverein (6.+ 7. Spielklasse) sind mir die Probleme, unterschiedlichen Aufgaben, Herausforderungen und Strömungen sehr wohl bekannt. Die getroffenen Entscheidungen sind nicht immer populär, aber eben oftmals notwendig. Sie sind nicht immer richtig, aber man vertritt sie, steht zu ihnen, setzt sie aber auch durch und übernimmt hierfür im Scheitern die Verantwortung. Jede Entscheidung ist angreifbar und lässt sich im Nachhinein leicht kleinteilig zerlegen. In diesem Amateurverein konnte ich in sportlichen und in finanziellen Fragen auf sehr kompetente und loyale Kollegen zurückgreifen. So konnte ich abgeben und delegieren, hatte in die Geschicke der Anderen volles Vertrauen. Es wäre illusorisch zu glauben, in allen Aufgaben die notwendige Kompetenz aufzubringen. Jeder soll sich nach seiner Stärke einbringen!

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Auf Augenhöhe die Kommunikation suchen

Im Grunde ist es selbstverständlich, dass in einem Verein alle Verantwortlichen an einem Strang ziehen und ihre Energie sich dem Wohle des Vereines widmen. Dieses Miteinander würde ich mir als FC-Fan auch in unserem Verein sehr wünschen, denn dies scheint mir nicht immer vorhanden zu sein, wenn man seine persönlichen Einsichten im Verein mit denen der Berichterstattung abgleicht. Der konstruktive Austausch und Dialog mit allen Beteiligten – so er denn regelmäßig stattfände – würde aufkommende Problemen und Herausforderungen deutlich abmildern und man könnte Vorteile daraus ziehen.

“Erstmals seit 30 Jahren haben wir das Gefühl, dass ein Präsidium sich unseren Fragen nicht nur annimmt, sondern auf Augenhöhe die Kommunikation sucht. Diese positive Entwicklung setzt sich nun im Fandialog fort.”

Dass dieses Miteinander eigentlich möglich sein könnte, habe mir diverse Protagonisten der Führung schon gezeigt. Werner Wolf und Carsten Wettich kenne ich schon seit Längerem. Ersteren aus der Zeit, als er unseren FC nach dem plötzlichen Rücktritt von Wolfgang Overath als Präsident kommissarisch führte. Carsten ist mir aus der Fankurve des Vereins bekannt. Unsere Zusammenarbeit intensivierte sich mit Amtsantritt des derzeitigen Vorstands. Die Nähe zum Fan und Mitglieder beweisen uns alle drei Vorstände. Erstmals seit 30 Jahren haben wir vom Wilder-Süden das Gefühl, dass ein FC-Präsidium sich unseren Fragen nicht nur annimmt, sondern auf Augenhöhe die Kommunikation zu uns sucht. Diese positive Entwicklung setzt sich nun in der Zusammenarbeit im Fandialog des Vereins fort.

FC-Vorstand: Wettich, Wolf, Sauren | Foto: imago images / Herbert Bucco

Unseren Vorstand sehe ich also insgesamt nicht als Quertreiber – ganz im Gegenteil als jeweils für sich sehr kompetente Personen. Daher bin ich der Meinung, dass wir das für die Mitgliederversammlung am 17. Juni angekündigte Konzept abwarten und daran feilen sollten. Die Ausarbeitung hat erst einmal Respekt verdient und stellt eine Diskussionsgrundlage dar, auf der sich aufbauen lässt. Dass nicht jeder das aktuell so sieht, habe ich, haben alle zu akzeptieren. Dennoch sind Beschuldigungen ohne Fakten und Beweise sowie Hetze im Internet und Medien nicht ganz mein Verständnis von Werten im Miteinander.

Generelle Entwicklung im Fußball: Aus „Wir“ wird „Ich“

In meiner Funktion als Fanclubvorsitzender, als Beirat im Fanprojekt, als Teilnehmer im Fandialog des Vereins, als FC-DFB-Fanvertreter, als Mitwirkender bei „Unserer Kurve“, aber auch als ehemaliger Vereinsvorsitzender habe ich viel über die unterschiedlichen Gesichter des Profifußballs gelernt. Aber auch ohne meine Eindrücke schaue ich als Fan sowie als Unternehmer eher kritisch auf die generelle Entwicklung im Fußball und würde mir wahrlich eine Erdung des Profifußballs mit einem wirklichen Fair-Play und einer Integrität des Wettbewerbes wünschen.

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Der gesellschaftliche Blick hat sich durch die Folgen der Pandemie, also mit der Offenlegung der auf Kante gestrickten Geschäftsgebaren der Proficlubs, deutlich zum Negativen verändert. Ohnehin sind Spielertransfersummen in astronomischen Höhen genauso wenig wie der notgedrungene Druck nach immer mehr Kapital, um Spieler zu verpflichten oder/und Schuldenlöcher zu stopfen, heute nicht mehr vermittelbar. Erst recht nicht, wenn hierzu staatliche Sicherheiten erforderlich sind. Alle diese Praktiken werden vom Bürger mit zunehmend Unverständnis und Antipathie vernommen. Ohne Zweifel sollten wir in diesem Kontext auch über die Deckelung von Spielergehälter und Beraterhonoraren diskutieren.

“Leider war die versprochene Demut und die groß angekündigte Task-Force offenbar einmal mehr nur ein geschicktes Ablenkungsmanöver, um gegenüber uns Fans wieder falsche Hoffnungen zu schüren und letztlich so weiter zu machen wie bisher.”

Um den Irrsinn und ständigen Lechzen nach immer steigenden Kapitaleinsatz ein Ende zu bereiten, bedarf es dringender Reformen. Leider war die von den Funktionären versprochene Demut und die groß angekündigte Task-Force offenbar einmal mehr nur ein geschicktes Ablenkungsmanöver, um gegenüber uns Fans wieder falsche Hoffnungen zu schüren und letztlich so weiter zu machen wie bisher. Die Farce um die TV-Geldvergabe ist ein guter Beweis hierfür. Die Glaubwürdigkeit geht verloren, aus „wir“ ist zunehmend „ich“ geworden!

Haltung und Position einnehmen

Daher betrachte ich eine generelle Nähe der Funktionäre zum Fan und die besondere Aufmerksamkeit hierfür auch einer evtl. Folgen der Pandemie mit einer möglichen Entfremdung für nachhaltig und klug. Es ist vorbildlich, seine Basis nicht nur als Konsumenten zu sehen und als Proficlub sich fanpolitischen Haltungen sich mehr denn je zu widmen. Ohnehin sehe ich unserem 1.FC Köln als viertgrößten deutschen und ausschließlich mitgliedergeführten Fußballverein in einer interessanten Ausgangs- und in einer sehr guten Wirkungslage. Nämlich dann, wenn er die Karte seiner Stärke zieht und unserer Gesellschaft verantwortungsvoll neue Antworten für eine gerechtere Bundesliga liefert.

Die DFL besteht aus 36 Mitgliedern – sprich aus allen Bundesligisten der Bundesliga und der 2. Bundesliga. Bislang entnehmen wir dort, dass unser Verein sich bei den entscheidenden Abstimmungen zumeist zu Gunsten der Rädelsführer verhält. Ist dieses Handeln richtig? Oder wäre es nicht an der Zeit als 1. FC Köln diesbezüglich eine klare Position einzunehmen und aktiv eine positive Veränderung des Profifußballs einzuleiten. Eine Reform um die uns eigentlich unsere Gesellschaft als Signal sendet und bittet. Eine sportlich und wirtschaftlich ausgeglichenere Bundesliga würde vielschichtige positive Aspekte mit sich ziehen, seiner Verantwortung bis in den Kreis- und Jugendfußball gerecht werden und zudem die Investorenfrage wieder unter einem anderen Blickwinkel setzen.

Welchen Preis will man für den Erfolg zahlen?

Sicherlich konnte ich mir durch meine Fanarbeit unterschiedliche Einblicke gewinnen und kann mir das eine oder andere Urteil erlauben. Dennoch: Ich bin Fan, ich lasse mich von meinem FC-Herzen und Bauchgefühl leiten. Hin und wieder erwische ich mich dabei, mich zu sehr von Schlagzeilen voll falscher Hoffnungen beeinflussen zu lassen. Als gemeiner Fan bleiben mir nicht viele Informationsquellen und das erweckt in mir mehr denn je der Eindruck, dass sich viele Funktionäre sich einen Vorteil am generellen Desinteresse der Anhänger an fan-, vereins- und verbandspolitischen Themen zu verschaffen. So birgt dieses geringe Wissen auch hinsichtlich der kommenden Mitgliederversammlung die Gefahr einer nicht ausführlichen und ausgeglichenen Informationspolitik. Daher kann ich auch die Bedenken für eine zukünftig hybride Mitgliederversammlung verstehen, ohne mir selbst ein abschließendes Urteil hierzu gebildet zu haben. Es gibt in meinen Augen hierfür viele Fürs, aber auch genauso viele Widers.

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Ich sehe sehr wohl die Problematik in den letzten 30 Jahren mittelmäßigen Fußball serviert zu bekommen und dabei sechs Abstiege hinnehmen zu müssen. Die Sehnsucht nach höheren und erfolgreicheren Fußball ist nachvollziehbar und erstrebenswert. Jedoch zu welchem Preis ist hier die Frage? Ergo ist das Thema Investoren, ob Ja oder Nein, eine derzeit heiß diskutierte Schlüsselfrage. Eine bislang, die mit klaren Fronten geführt wird. Und es scheint, als gäbe es nur Schwarz oder Weiß. Dies ist eine sehr sensible Aufgabenstellung, die meiner Ansicht nach konstruktiv besprochen gehört.  Ich betreibe im Kleinen mein persönlicheres FC-Sponsoring – also sozusagen Kommerz mit Herz -, aber für all meine finanziellen Einbringungen würde ich niemals Mitsprache einfordern. Es ist eben eine Frage, mit welcher Intention ich diese Förderung sehe und wie ich zu meinem Verein stehe. Vor allem Invest steht in jedem Unternehmen erstmal ein Konzept, eine Strategie und eine Philosophie. Dann folgen die Personen, die es tragen, sich damit identifizieren, leben und gestalten! Dann kommt als dritte Komponente das Geld ins Spiel. Eigentlich bitte in dieser Reihenfolge und nicht andersherum.

Ist der Schrei nach einem Investor aus Not oder Überzeugung?

Alle unseren Mitgliedern im Wilder-Süden vereint dieses Gefühl der besonderen Gemeinschaft, der von der sympathischen Ausstrahlung und dem Flair unseres Vereins ausgeht sowie aus einer besonderen und außergewöhnlichen Stadt resultiert. Wir sind alle wahrlich keine Erfolgsfans, wir stehen trotz allem Spiel für Spiel zusammen. Unser FC verbindet und schenkt uns Fans besonderen Halt und Lebensgefühl. Es sind viele andere Faktoren, die zu diesem Phänomen beitragen – aber der fußballerische Erfolg kann es wahrlich nicht sein. Wir sollten nun alle einen klaren Kopf wahren und nicht Schnellschüsse aus einem rein emotionalen Handeln verursachen, die wir im Nachhinein bitter bereuen.

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