Eigentlich aber waren es Veränderungen, die gegen die Spielweise der Düsseldorfer in der ersten Halbzeit geeignet gewesen wären. Zwei Stoßstürmer für die langen Bälle, Meré für den gepflegten Spielaufbau und Drexler als geeignete Relaisstation – das hätten Optionen sein können, um das hohe und laufintensive Pressing der Gäste aus der Landeshauptstadt verpuffen zu lassen. Dennoch darf sich FC-Coach Gisdol rühmen, das richtige Näschen gehabt zu haben. Drexler bereitete von der rechten Seite zunächst den Anschlusstreffer durch Modeste vor, danach zeichnete er für die Vorlage zu Cordobas 2:2 verantwortlich. Kopfballtreffer 13 und 14 in dieser Saison übrigens für den 1. FC Köln – das ist Bundesliga-Bestwert.
Die Bank macht auf sich aufmerksam
Und obwohl der FC 88 Minuten eigentlich alles schuldig geblieben war, was ein Team im Derby auf den Rasen bringen sollte, konnten alle Beteiligten neben dem Punktgewinn noch so einige positive Aspekte aus der Partie mitnehmen. Nicht nur die Moral stimmt bei den „Geißböcken“, die eine Woche nach einer verschenkten 2:0-Führung einen 0:2-Rückstand innerhalb weniger Minuten aufholen konnten und so den Abstand zu den Abstiegsrängen konstant halten konnten. Auch die Bank machte im Derby auf sich aufmerksam: Drexler konnte in den zwei Geisterspielen nach der Fortsetzung der Bundesliga-Saison als Einwechselspieler gleich drei Vorlagen verbuchen und dürfte damit ein heißer Kandidat für die Startelf bei den anstehenden Aufgaben sein.
Das gilt auch für jemanden, den selbst viele Hardcore-Anhänger schon beinahe abgeschrieben hatten. Anthony Modeste war nicht nur aufgrund seines Treffers zum 1:2 (sein erster seit dem 3. Spieltag in Freiburg) ein belebendes Element im Kölner Spiel, der Franzose war mit großer Einsatzfreude und weiteren Abschlüssen in vorderster Front präsent wie in besten Zeiten. Gerade im Hinblick auf den eng getakteten Spielplan kann ein formstarker Modeste dem FC nur gut tun. Auch Jorge Meré konnte nach einer bislang wenig glücklichen Saison aufzeigen, dass er wie beispielsweise der ebenfalls eingewechselte Elvis Rexhbecaj eine wertvolle Alternative für die „Geißböcke“ ist.
Der 1. FC Köln vermisst die Fans
Nach dem zweiten Heimspiel in Serie ohne Zuschauer darf ein Faktor allerdings nicht zu kurz kommen. Die Anpassung an die ungewohnte Atmosphäre im Müngersdorfer Stadion scheint dem FC-Team noch nicht gelungen zu sein. „Ohne Fans ist es nicht dasselbe“, erklärte Mark Uth bereits nach dem 2:2 gegen Mainz, als die „Geißböcke“ eine 2:0-Führung herschenkten. Auch eine Folge der fehlenden Unterstützung von den Rängen, wie Toni Leistner freimütig zugab. Ähnliches ließ sich auch im Derby gegen Düsseldorf beobachten: Die vor der Corona-Pause gerade im Heimspiel noch hochemotionalisierte Mannschaft wirkte seltsam leblos und blutleer, die Leichtigkeit aus Partien wie gegen Freiburg oder Schalke war wie weggeblasen.
“Wir merken, dass es uns schwer fällt, mit diesen Umständen umzugehen.”
„Es ist menschlich, mit dieser Situation Probleme zu haben. Es sind keine Roboter, die da auf dem Platz stehen. Sich damit auseinander zu setzen und einen Weg zu finden, damit umzugehen, ist das große Thema für uns“, gab auch FC-Sportgeschäftsführer Horst Heldt am Tag nach dem Last-Minute-Remis unumwunden zu. „Wir wurden vor Corona von den Fans getragen. Man konnte es kaum abwarten ins Stadion zu kommen. Die Atmosphäre war so positiv. Man hat sich wie ein kleines Kind auf das Stadion und die Fans im Rücken gefreut“, betonte der 50-Jährige und sieht die Situation als Herausforderung für die Mannschaft: „Wir merken, dass es uns schwer fällt, mit diesen Umständen umzugehen. Aber sie sind, wie sie sind. Jetzt müssen wir uns Lösungen erarbeiten, damit uns das leichter fällt.“