Das liegt an kollektiven Problemen wie beim 0:2, als gleich mehrere FC-Profis schlecht aussahen. Das liegt an individuellen Aussetzern wie vor dem ersten Gegentreffer, als Skhiri im eigenen Strafraum die spielerische Lösung suchte und damit das Unheil auslöste. „Das kann immer passieren. Aber in einer solchen Situation musst du den Ball natürlich auch einmal aus den Sechzehner heraushauen, nicht immer nur spielerische Lösungen suchen“, sprach auch Friedhelm Funkel nach der Partie von einem kapitalen Fehler des Tunesiers, der 2021 bisher der wohl formstärkste und stabilste Spieler der „Geißböcke“ war. Auch deshalb war es für die Kölner doppelt bitter, dass ein Eckpfeiler derart schwer patzte und danach sichtlich mit sich zu kämpfen hatte. Schon zuvor hatte Freiburg den Mittelfeldmotor der Kölner als bevorzugtes Ziel ausgemacht, um die spielerischen Qualitäten des Abräumers nicht zur Geltung kommen zu lassen.
Auch ein zweiter Leistungsträger der vergangenen Woche wurde an diesem dramatischen Sonntagmittag zur tragischen Figur: Ondrej Duda, zuletzt als Antreiber der Kölner Mannschaft ebenso unverzichtbar wie als sicherer Elfmeterschütze, vergab vom Punkt die große Chance zum Ausgleich, rutschte bei der Ausführung des Strafstoßes unglücklich aus, schoss sich den Ball gegen das eigene Bein und verfehlte dadurch das Freiburger Tor. „Er macht sich selber die größten Vorwürfe“, nahm Funkel den slowakischen Spielmacher nach dem Fehlschuss in Schutz. Es wäre die vorläufige Krönung einer Aufholjagd gewesen, die sich der FC durch eine deutliche Leistungssteigerung nach der Pause erarbeitet hatte. Es sollte einfach nicht sein – und das hatten sich die „Geißböcke“ gegen Freiburg größtenteils selbst zuzuschreiben.
45 Minuten reichen nicht für die Bundesliga
Denn: Wie schon in Augsburg spielte das Funkel-Team nur eine Halbzeit so wirklich mit. Hatte der FC sich beim Auswärtssieg in der Fuggerstadt zu seinem Glück einen ordentlichen Vorsprung herausgeschossen, der dennoch noch einmal in Gefahr geriet, mussten die Kölner diesmal einem Rückstand hinterherlaufen, der letztlich nicht mehr aufzuholen war. Die Leistungssteigerung nach dem Seitenwechsel war spürbar, doch reichte am Ende nicht aus, um nach einer desolaten Vorstellungen vor der Pause noch etwas Zählbares mitzunehmen. „Zu langsam, zu behäbig“ habe sein Team gespielt, ordnete Friedhelm Funkel ein und deutete bei sommerlichen Temperaturen ein Donnerwetter in der Kabine an: „Ich habe der Mannschaft gesagt, wir müssen ein anderes Gesicht zeigen, wir müssen den inneren Schweinehund überwinden, wir müssen gegen die Hitze ankämpfen, wir müssen schneller spielen. Das hat die Mannschaft in der zweiten Halbzeit auch viel, viel besser gemacht.“
“Ich habe der Mannschaft gesagt, wir müssen ein anderes Gesicht zeigen, wir müssen den inneren Schweinehund überwinden.”
Das Lob hatte auch mit einer personellen Umstellung zu tun: Ismail Jakobs kam zur Pause und verlieh den Angriffen der „Geißböcke“ deutlich mehr Tempo und Tiefe. Seine Hereingabe kurz nach Wiederbeginn verwandelte Sebastian Andersson mit einem herausragenden Abschluss zum Anschlusstreffer, sein Lauf in die Tiefe endete mit einem Fall im Strafraum und sorgte so für die Ausgleichschance per Elfmeter. Dass im Anschluss an den vergebenen Strafstoß offensiv beim FC nicht mehr viel ging, war allerdings nicht nur dem psychologischen Tiefschlag zu verdanken: Nach etwas mehr als einer Stunde war für Andersson, der im Vorfeld der Partie aufgrund seiner chronischen Kniebeschwerden wieder einmal nur dosiert trainieren konnte, Schluss, ohne den schwedischen Sturmtank fehlte es den Gastgebern an der nötigen Wucht und Qualität im letzten Angriffsdrittel. „Extremen Aufwand“ müsse der FC betreiben, wie Kapitän Jonas Hector feststellte, die Belohnung dafür blieb einmal mehr aus.
Schuld sind nicht die anderen
Das lag auch (und die Betonung liegt hier sehr auf dem auch) am Unparteiischen Marco Fritz, der gegen Ende der Partie entscheidend in den Spielverlauf eingriff: Hector legte einen langen Ball an der Strafraumgrenze mit der Schulter (oder doch dem Arm?) auf Thielmann ab, der Kölner Youngster schoss wuchtig zum vermeintlichen Ausgleich für verzweifelt angreifende „Geißböcke“ ein. Der Schiedsrichter entschied auf „Hand“, verweigerte dem Treffer ebenso seine Anerkennung wie einen angesichts der Bedeutung der Entscheidung angebrachten Gang in die Review Area. Eine knappe Kiste, auch nach mehrfacher Ansicht der TV-Bilder: Viele FC-Fans wie auch der beteiligte Spieler verorten den Ballkontakt an Hectors Schulter, andere sehen den Kölner Kapitän mit dem Arm am Spielgerät. An der Entscheidung ändern die immer noch andauernden Diskussionen um diese Szene nichts mehr, der Pfiff des Schiedsrichters besiegelte zusammen mit den beiden Gegentoren, die danach noch fielen, die nächste Niederlage des Funkel-Teams.
So lautstark (und vermutlich auch berechtigt) die Klagen über das weggepfiffene Tor auch ausfielen: Wer eine solche Hälfte anbietet wie der 1. FC Köln vor dem Gang in die Kabine, der sollte mit einer Schiedsrichterschelte vorsichtig sein. Wer nur einen einzigen bundesliga-tauglichen Mittelstürmer im Kader hat, der darüber hinaus bereits seit April 2020 (und damit vor dem sieben Millionen teuren Transfer) an Knieproblemen laboriert, sollte sich Anwürfe Richtung DFB sparen. Wer monatelang an einem sichtlich überforderten Trainer festhält, braucht sich über zweifelhafte Entscheidungen eher nicht zu beklagen. Sollten die „Geißböcke“ in zwei Wochen zum siebten Mal in 23 Jahren den Gang in die 2. Bundesliga antreten müssen, dann war es nicht Marco Fritz und sein umstrittener Pfiff, der daran Schuld ist. Sollte der FC den Kampf um den Klassenerhalt nicht erfolgreich zu Ende bringen können, dann hat er sich das einzig und allein selbst zuzuschreiben.