Am Ende bleibt stehen, dass der 1. FC Köln es in die nächste Runde des DFB-Pokalwettbewerbs geschafft hat. Und tatsächlich ist schon ab der zweiten Runde ganz egal, wie das gelungen ist. Was also bleibt an Erkenntnissen aus dem ersten Pflichtspiel und welche Beobachtungen haben für die Bundesliga überhaupt eine gewisse Relevanz? Denn eins ist sicher, eine solche Partie wie gegen den Viertligisten Carl Zeiss Jena, wird den Jungs von Steffen Baumgart in den kommenden Wochen erspart werden. Damit ist vor allem gemeint, dass der Gegner nach der Anfangsphase eigentlich so gar nicht mehr nach vorne spielte, sich aufs Stören und Zerstören konzentrierte und die FC-Offensive damit vor eine Herkulesaufgabe stellte.
Nun kann man argumentieren, dass Mark Uth, Jan Thielmann und Anthony Modeste, unterstützt von Jonas Hector und Florian Kainz zu wenig eingefallen ist, dass das Offensivspiel zu wenig kreative Ideen oder zu wenig Tempo geboten hat, wie Trainer Steffen Baumgart selbst kritisch angemerkt hatte, jedoch hinkt jeglicher Vergleich zu einem Bundesliga-Spiel. Dort gibt es andere Räume, eine andere Raumaufteilung und eben Gegner, die vollkommen andere Ansätze wählen werden als Carl Zeiss Jena, so teuer die Heimmannschaft sich auch verkauft haben mag. Dennoch legt das Spiel in Jena den Finger tief in die offene Wunde der FC-Kaderplanung. Die Problemposition seit Jahren ist und bleibt die Außenverteidigung.
Ein Gegentor zum Zittern
Und dann sind wir eben doch ganz schnell im Spiel des glorreichen 1. FC Köln gegen Jena, im Duell Bundesligist gegen Viertligist. Hier treffen hochbezahlte Vollprofis auf vermeintliche Amateure, das macht zu einem großen Teil den Charme des Pokalwettbewerbs aus, vor allem dann, wenn der Klassenunterschied in einzelnen Situationen auf dem Spielfeld eben gar nicht erkennbar ist. Wir schreiben die fünfte Spielminute, die Partie in Jena ist gerade erst angepfiffen worden. Und auf der linken Offensivseite wird der Jenaer Spieler Maximilian Krauß geschickt. Krauß ist neu in Jena, spielte zuvor drei Jahre in Unterhaching. Der 24-Jährige nimmt die Position des linken Außenverteidigers ein, ist gegen Köln damit Teil einer Fünfer-Abwehrreihe. Bei den seltenen Vorstößen hat er aber eben auch die Rolle des Linksaußen. Er trifft damit im direkten Duell auf Kingsley Ehizibue, der Niederländer ist zwei Jahre älter, groß gewachsen und pfeilschnell. Sein Zweikampfverhalten lässt aber des Öfteren zu wünschen übrig, zu wild, zu ungestüm, zu unvorsichtig.
Und Maximilian Krauß, der Viertligaspieler, weiß die Schwächen seines Gegenspielers aus der Bundesliga in dieser Situation auszunutzen. Im Zweikampf setzt er sich durch, legt den Ball an Ehizibue vorbei und der schafft es eben trotz seiner Schnelligkeit und seiner langen Beine nicht die Flanke des Jenaer Außenverteidigers zu verhindern. Es ist dem Trainerteam um Steffen Baumgart anzuraten, dass sie Ehizibue die Szene wieder und wieder vorspielen. Was genau hat der Kölner Rechtsverteidiger falsch gemacht? Wo verliert er den Zugriff? Wieso kann er die Situation nicht unter Kontrolle bringen?
Und keiner redet hier davon, dass Ehizibue den Ball stibitzen und den direkten Gegenangriff einleiten müsse, es geht in dieser Situation schlicht und einfach darum die Flanke in den Strafraum zu unterbinden, den letzten Pass in die gefährliche Zone zu verhindern. Das gelingt nicht. Und die Flanke des Maximilian Krauß ist eine besonders gute. Sie fliegt hoch über die Kölner Verteidiger, die sich im Strafraum befinden. Timo Hübers, Rafael Czichos und Benno Schmitz sind das. Doch hinter ihnen hat ein weiterer Maximilian, Maximilian Wolfram, ebenfalls Neuzugang und Rückkehrer nach Jena, sich davongestohlen. Den Platz, den die Kölner Defensive ihm lässt, nutzt der Angreifer und netzt äußerst sehenswert mit links per Volley aus sieben Metern ins lange Eck ein.
Die Achillesferse des 1. FC Köln
Bei allem Respekt für die Jenaer Akteure, die hier wirklich einen starken Spielzug auf den Rasen gezimmert haben, so ist es eben doch bezeichnend, dass Kölns Rechtsverteidiger Kingsley Ehizibue die Flanke zulässt und Kölns Linksverteidiger, Benno Schmitz, genau wie Ehizibue mit 26 Jahren im besten Fußballeralter, nicht nah genug an seinem Gegenspieler ist, um ihn am Abschluss zu hindern. Die Außenverteidigerpositionen sind seit Jahren die Achillesferse des 1. FC Köln. Gut, wer würde schon so weit gehen zu behaupten, diese Zone sei die einzige, in der der FC verwundbar wäre, aber es ist eben doch die Zone, die jeder ohne großen Aufwand als Problembereich identifizieren kann. Und dabei gilt sowohl für Ehizibue als auch für Schmitz, dass ihnen der Einsatzwille und die Bereitschaft nicht abzusprechen sind. Allein, es fehlt an Qualität. Und das gilt eben nicht nur für die beiden Akteure, die in Jena in der Startelf standen.
Als Linksverteidiger käme in Köln Jannes Horn in Frage. Auch hier könnte man über das Anlaufverhalten sprechen oder über die Fähigkeit, die jeder Außenverteidiger mitbringen sollte, den Weg nach innen auf jeden Fall dichtzumachen. Doch Jannes Horn fällt ohnehin monatelang aus. Der ist also eh keine Alternative. Dann ist da Noah Katterbach. Das Eigengewächs hat den Sprung zu den Profis geschafft, es bahnte sich bereits die nächste Erfolgsgeschichte des Kölner Nachwuchsleistungszentrums an, doch schon in der vergangenen Saison befand sich Katterbach im Grunde durchgehend im Leistungsloch. Nun muss man einem jungen Spieler solche Phasen zugestehen. Doch auch bislang scheint Katterbach nicht zurückzufinden zu seiner Stärke. Und dass selbst Rechtsfuß Benno Schmitz ihm auf links den Rang abgelaufen hat und er gegen Jena gar aus dem Kader flog, spricht leider Bände. Die Hoffnung auf Besserung ist also gering. Jonas Hector gäbe es da noch. Der spielte spät gegen Jena nominell auch Linksverteidiger, als Ehizibue ausgewechselt war und Schmitz die Seiten wechselte. Hector zeigte dabei einerseits, dass er ohne große Umschweife der mit Abstand beste Linksverteidiger in den Reihen des FC ist. Andererseits wurde er gegen Jena zu später Stunde dort kaum gebraucht und konnte sich weiter auf den Spielaufbau konzentrieren.
Kann Ehizibue Kostic?
Auf rechts ist die Lage nicht viel besser. Ehizibue hat momentan die Nase vorn, seine Schwächen bleiben. Wenn Baumgart aus ihm nicht einen Kostic-ähnlichen dauerangreifenden Rechtsaußen formt, der dadurch, dass er offensiv so dermaßen viel Druck erzeugt, hinten eben weniger zu tun bekommt, werden ihm die Gegenspieler in der Bundesliga die Schwächen eiskalt vorführen. So wie es eben Maximilian Krauß in dieser einen Szene tat. Danach erledigte Ehizibue seinen Job ordentlich, aber selbst gegen Jena reicht eben eine einzelne solche Szene und es steht 0:1. Und Kingsley Ehizibue hat bislang noch zu viele solcher Momente, in denen es an der letzten Konsequenz oder der Präzision fehlt, in seinem Spiel.
Die sportliche Führung des 1. FC Köln und das Trainerteam um Steffen Baumgart werden sich Gedanken machen müssen. Rechts wird es auf Ehizibue hinauslaufen – Schmitz stünde als die Variante “hinten wenigstens einigermaßen dicht“ sonst noch zur Verfügung, wenn Baumgart und Jonas Hector doch entscheiden, dass der Kapitän seine Rolle von links hinten wird prägen müssen. Dafür wäre aber ein klares Jobprofil erforderlich, denn bevor Hector endgültig ins Mittelfeld beordert wurde, verzettelte er sich allzu oft im Bemühen für alles zuständig zu sein, das Verteidigen links hinten, den Spielaufbau im Zentrum und das Hereinbringen von Flanken. Es steht ja auch im Raum, dass noch einer kommen soll für die Linksverteidigerposition. Dumm nur, dass es im Weltfußball wohl kaum eine Position ist, auf der Qualität so rar und Spieler damit so begehrt sind, wie hier. Trotzdem, gerade die Partie in Jena hat wieder einmal klar gezeigt, wo beim 1. FC Köln der größte Handlungsbedarf besteht: Hinten. Außen.