Folge uns
.

Meinung

Viel Geld und etwas Strategie: Chinas Pläne für den Fußball

Die Kooperation des effzeh mit der Provinz Shenyang war für unseren Autor der Anlass, sich mal näher mit Chinas Plänen für den Fußball auseinanderzusetzen. In unserem Longread werden die chinesischen Ambitionen, eine fußballerische Supermacht zu werden, näher beleuchtet.

Foto: NICOLAS ASFOURI/AFP/Getty Images

Zweifelhafte Partner und eine Menge Geheuchel

Es ist sehr schwierig, zu beurteilen, wie gravierend die Verbesserungen im chinesischen Fußball genau sein werden und ob die generalstabsartige Planung ihn tatsächlich innerhalb weniger Jahre auf Spitzenniveau hievt. Die diktatorischen Verfügungen und die Vehemenz, mit der die Planer ans Werk gehen, sollten nicht nur fußballerisch hellhörig machen. China kann nur deshalb so stark und zielgerichtet auftreten, weil die diktatorische Staatsform es zulässt, Menschen als Mittel zum Zweck einsetzen zu können. Dass viele Eltern ihre Kinder auf Fußballschulen anmelden wollen, weil dort der militärische Drill weniger stark ausgeprägt sein soll als an normalen Schulen, gibt einen Wink auf das gnaden- und rücksichtslose System, das auch den Fußball Chinas im Griff hat. Wenn 100.000 chinesische Fußballer im Jahr 2017 aktiv sein sollen, bedeutet das auch, dass ungefähr 99.000 von ihnen nicht in den Topligen oder der Nationalelf spielen werden. Was aus ihnen wird, ist ungewiss.

Den Europäern sind die chinesischen Aktivitäten nur deshalb ein Dorn im Auge, weil sie ernsthaft befürchten, in den nächsten Jahren als maßgeblicher Fußballkontinent (in sportlicher wie finanzieller Hinsicht) abgelöst zu werden. Nach der Verkündung des Transfers von Oscar nach China bezeichnete beispielsweise Jürgen Klopp den Wechsel sinngemäß als Fehlentscheidung und stellte den Spieler als geldgierigen Faulenzer dar, der sämtliche sportlichen Ambitionen des Geldes wegen zum Teufel gejagt hätte, zumal es in Europa ja auch genug zu verdienen gäbe.

Übersetzt bedeutet das: ihr habt gefälligst hier zu bleiben, selbst wenn ihr dort mehr als das Doppelte verdient. Wenn ihr dahin geht, seid ihr nämlich für uns nichts mehr wert, denn euer Charakter muss verdorben sein, in ein Land wie China zu wechseln. Dass erwachsene Menschen in der Lage sind, eigene Entscheidungen zu treffen, die uns erstmal nicht interessieren müssen, ist uns jetzt egal, denn ihr habt uns und unsere Prinzipien verraten.

Auch interessant
Clemens-Transfer zum effzeh: Eine sinnvolle Rückholaktion

Gibt es wirklich uneigennützige Fußballweltverbesserer?

Neben diesem moralischen Denunziantentum kommt eine Menge Heuchelei dazu, dessen Pendel nach zwei Seiten ausschlägt. Die eine Seite ähnelt der Aussage Klopps: Antonio Conte und weitere Trainer und Funktionäre warnen länderübergreifend sinngemäß davor, durch China könne der Fußball gewaltigen Schaden nehmen. Schließlich liefen die Spieler ja nur dem Geld hinterher und könnten deswegen nicht mehr sportliche Topleistungen bringen. Hinter der “Sorge um den Fußball” steht natürlich nichts anderes als die Sorge um sich selbst.

Die andere Seite wird von Karl-Heinz Rummenigge symbolisiert, der im SZ-Magazin behauptet: “Wir wollen hier nicht nur abkassieren, wir wollen auch etwas für den Fußball tun, und zwar nachhaltig. Wir wollen in China Grassroots-Programme unterstützen, vielleicht Trainer in München ausbilden.” Der FC Bayern und im Besonderen Karl-Heinz Rummenigge als praktisch uneigennützige Fußballweltverbesserer, die dem Reich der Mitte fußballerische Gaben zukommen lassen – wer sollte diesen Worten keinen Glauben schenken?

Wirtschaftliche Ambitionen als Hauptantrieb

Wie handhaben es die deutschen Vereine, die nicht FC Bayern München heißen, aber mit der Moral, die ja wichtig für das Gewissen ist? Hier gleicht die weit verbreitete Haltung der eines radikal pragmatischen Geschäftsmanns, der sich im Zweifel aus der gesellschaftlichen Verantwortung stiehlt, weil der absehbare Profit wichtiger ist, als der Rest. Alexander Wehrle brachte sie (leider) perfekt auf den Punkt: “Der Fußball kann verbinden. Und für uns als FC ist klar: Wir stehen zu unserer Charta und unseren Wertvorstellungen und die werden wir mit Sicherheit in die Kooperation mit einfließen lassen. Alles andere sind gesellschaftspolitische Themen, die nicht unsere vorderste Aufgabe sind. Dafür haben wir die Politik.”

In diesem Sinne: nǐ hǎo und auf eine gute Zusammenarbeit!

Seite 7 von 7Weiter

Mehr aus Meinung

.