effzeh.com-Informationen zufolge hat der Vorstoß Vehs daher auch zu heftigen internen Reaktionen seitens des Mitgliederrats geführt. Walther Boecker, Bürgermeister a.D. und somit kaum im Verdacht der Amateurhaftigkeit, hat sich am Mittwoch mit einem Brief an Armin Veh gewandt, den man guten Gewissens als schallende Ohrfeige bezeichnen kann. Unserer Redaktion liegt der Text vor. Die Einordnung Vehs sei entweder bösartig und damit ein Verstoß gegen die Charta des 1. FC Köln oder sie entspringe der ungenügenden Auseinandersetzung mit dem Mitgliederrat. „Das konnten Sie ja vielleicht auch deshalb nicht, weil sie bisher nur einmal bei einer Sitzung des Mitgliederrates anwesend waren“ so Boecker. Damit ist auch klar, dass Veh sich um das von ihm beleidigte Gremium bisher kaum geschert hat – also auch keinerlei Grundlage für seine Äußerungen hat.
Keinerlei Revolutionsbestrebungen bekannt
Der Vorwurf, Mitglieder des Gremiums wollten den „Verein übernehmen“, also sich ins Tagesgeschäft einmischen und „mitregieren“, ist ohnehin hanebüchen, da der Verein den Mitgliedern gehört. Mehr als die in der Satzung verankerte Kontrollfunktion möchte und darf das Gremium nicht wahrnehmen – Revolutionsbestrebungen sind effzeh.com auch nie bekannt geworden.
“Gerade nach den Äußerungen von Herrn Wehrle zum respektvollen Umgang wundern mich die persönlichen Angriffe doch sehr.”
Widerspruch gibt es aber nicht nur von Boecker, auch Ho Yeon-Kim, ebenfalls amtierender Mitgliederrat, äußert sich auf effzeh.com-Nachfrage deutlich zum Vorstoß des Geschäftsführers. „Die Äußerungen von Herrn Veh sind völlig deplatziert. Ich weiß, mit welchem Engagement Stefan und Carsten für den Verein aktiv sind. Als Vertreter unseres Gremiums sollen sie kritische Fragen stellen. Gerade nach den Äußerungen von Herrn Wehrle zum respektvollen Umgang wundern mich die persönlichen Angriffe doch sehr.“ Die Vorsitzenden Müller-Römer und Wettich verzichteten auf persönliche Stellungnahmen.
Dass mit Müller-Römer ein einzelner Vertreter unter der Gürtellinie angegriffen wurde, ist beim 1. FC Köln leider nichts Neues – und belegt, wie sich die aktuelle Führungsetage seinen Vorgängern angenähert hat. Schon Ex-Präsident Wolfgang Overath sah im damaligen FC-Reloaded-Chef einen persönlichen Feind. „Der mit den Haaren“, nannte Overath seinen Kritiker – und agierte dabei ähnlich stillos wie nun Veh.
Müller-Römer war maßgeblich an Neuausrichtung beteiligt
Wolfgang Overath | Foto: Lars Baron/Bongarts/Getty Images
Müller-Römer nahm das ohne öffentliches Klagen hin. Als Overath sich selbst erledigte und den Verein (fast insolvent) im Regen stehen ließ, übernahm er Verantwortung, entwickelte in der Satzungskommission die neue Satzung und übernahm ehrenamtlich den Vorsitz des neuen Mitgliederrats. Der Jurist hat sich also durchaus um den Verein verdient gemacht – der 1.FC Köln hat ihm mehr zu verdanken als etwa Armin Veh. Müller-Römer gilt als hartnäckiger Kontrolleur – genau das ist allerdings auch seine Aufgabe im Mitgliederrat. Das Problem: Die Vereinsführung möchte sich offensichtlich nicht kontrollieren lassen.
Selbst bei eindeutig den Verein und nicht die KGaA betreffenden Vorgängen verweigert die Club-Führung dem Mitgliederrat unseren Informationen zufolge mittlerweile regelmäßig die Akteneinsicht. In Sachen Jörg Jakobs, so viel erklärte der Club auf Anfrage dann doch, seien die beiden Vorsitzenden rechtzeitig informiert gewesen. „Eine darüber hinausgehende Informationspflicht gegenüber dem Gremium Mitgliederrat bestand und besteht nicht” – eine vielsagende Andeutung.
Es mag derzeit unrealistisch erscheinen, aber zu Beginn ihrer Tätigkeit beim 1. FC Köln arbeiteten Spinner, Schumacher und Ritterbach noch konstruktiv mit dem Mitgliederrat zusammen. Im Laufe der Zeit distanzierte sich das Vorstandstrio ebenso wie Ex-Geschäftsführer Jörg Schmadtke und nun offenbar auch sein Nachfolger Veh zunehmend vom Kontrollgremium – stets mit der Begründung, der Mitgliederrat habe kein Recht auf Akteneinsicht.
Das Schweigen des Vorstands spricht Bände
Es ist geradezu ironisch: Ohne das langjährige Engagement Müller-Römers wäre der aktuelle Vorstand schließlich wohl nicht im Amt. Das Schweigen des Trios Spinner, Ritterbach und Schumacher nach Vehs unterirdischer Attacke, spricht Bände. Statt Veh zurechtzuweisen, gibt der Vorstand mit der stillschweigenden Billigung der öffentlichen Pöbelei des Geschäftsführers erneut ein schwaches Bild ab.
Es scheint der Vereinsführung nur noch um Eigeninteressen und einen für sie möglichst günstigen Ausgang der Wahl zum Mitgliederrat zu gehen – egal mit welchen Mitteln. Demokratische Verhältnisse, ein vereinter Verein und die Werte der FC-Charta stehen da offenbar hinten an. Und so ist klar: Es dürften turbulente Wochen und dann schließlich eine furiose Mitgliederversammlung auf den 1. FC Köln und seine Anhänger zukommen. Einiges wird in der Lanxess Arena zur Sprache kommen. Armin Veh hoffentlich nicht.
Text: David Schmitz und Christopher Kohl