Ohne weiteren Neuzugang geht der 1. FC Köln in die Hinrunde. Damit lässt der Verein eine historische Chance liegen. Der effzeh.com-Kommentar.
Etwas mehr als 100 Tage liegen zwischen dem Ende der Bundesliga-Saison 2016/17 und dem Schließen des Transferfensters in diesem Sommer. Gefühlt liegen zwischen der Euphorie-Eruption nach dem erstmaligen Erreichen des Europapokals für den 1. FC Köln nach einem Vierteljahrhundert und dem ernüchternden Ende der Möglichkeit, Spieler zu verpflichten, Epochen. Man könnte sagen: Vom Rausch ist nur ein schaler Geschmack im Mund geblieben, der Kater hat bei den „Geißböcken“ Einzug gehalten.
Das liegt natürlich an dem verkorksten Saisonstart, dessen Niederlagen im Derby und zuhause gegen den Hamburger SV den effzeh-Fans mächtig zugesetzt haben. Das liegt aber auch an der wenig ambitionierten Transferpolitik des Vereins, der in der Ansicht vieler eine historische Chance hat liegen lassen. Mit dem Einzug in die Europa League, dem neuen, besser dotierten TV-Vertrag sowie der horrenden Ablösesumme für Anthony Modeste hatte der 1. FC Köln einen ungekannten Spielraum für die Weiterentwicklung seiner Mannschaft erhalten – und diesen spätestens mit der Absage an einen Last-Minute-Transfer nur zögerlich genutzt.
Die Strategie in Köln: Perspektive statt Gegenwart
So ist der effzeh nicht nur in der Tabelle, sondern auch auf dem Papier schwächer in die Saison gestartet als noch im Vorjahr. Außer Jhon Cordoba, der für eine zweistellige Millionenablöse (Vereinsrekord!) ans Geißbockheim geholt wurde und 25-Tore-Mann Modeste ersetzt, gingen die Stöger-Schützlinge ohne von außen dazu geholten Stammspieler in die neue Saison. Jannes Horn duelliert sich auf Augenhöhe mit Konstantin Rausch, Jorge Meré steht erst einmal im Abwehrzentrum hinter Dominique Heintz und Frederik Sörensen in der Warteschlange. Klare Verstärkungen, die von Beginn an zünden? Fehlanzeige!
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Beim 1. FC Köln wurde im Sommer mehr an Perspektive denn an die Gegenwart gedacht. Bei aller Dankbarkeit dem Team, das uns Europa bescherte, gegenüber: Mit den i-Tüpfelchen, die Jörg Schmadtke versprochen hat, ist es nichts geworden. Weder im zentralen defensiven Mittelfeld noch auf der Außenbahn wurde reagiert, stattdessen sehr viel Geld in einen Stürmer mit geringer Trefferquote und talentierte, aber doch teure Abwehrspieler gesteckt. Um die durchaus vorhandenen Baustellen im Kader wurde dagegen auf dem Transfermarkt ein großer Bogen gemacht. Erkannt hatten die Verantwortlichen den Bedarf, sonst hätte man beispielsweise nicht an Mark Uth gegraben. Einen Plan B, wie schon im vergangenen Sommer in der Causa Sané, schien es derweil nicht zu geben.
Entwicklung aus den eigenen Reihen erwünscht
Das ist wahrlich ernüchternd, hatten doch viele Beobachter gedacht, der effzeh könne mit den Modeste-Millionen und dem Europapokal im Gepäck einen Entwicklungsschritt überspringen und die Gunst der Stunde für ungeahnte Verstärkungen nutzen. Nun muss die Entwicklung abermals aus dem vorhandenen Kader her geschehen. Ob dies Peter Stöger ein weiteres Mal gelingt? Fraglich. Ein bisschen Qualität hätte nicht nur den gewachsenen Ansprüchen an sein Team gut getan. Sonst kommt nach dem Rausch die post-euphorische Depression schneller als manch einem lieb ist. Mitunter dauert es auch nur etwas mehr als 100 Tage.