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Meinung

“Super League”-Pläne bei Top-Clubs: “Football Leaks” sind mehr wert als ein Achselzucken

Die “Football Leaks” sorgen für weitere Enthüllungen: Neben Skandalen bei UEFA, PSG und Man City stehen vor allem “Super League”-Planungen unter Beteiligung des FC Bayern München im Fokus. Die Pläne der Top-Clubs sind reichlich asozial. Doch die Reaktion der Fußballwelt fällt wie bei Enthüllungen zuvor eher mau aus. So ist der Fußball nicht zu retten.

HAMBURG, GERMANY - NOVEMBER 05: DFB fan protest during the Second Bundesliga match between Hamburger SV and 1. FC Koeln at Volksparkstadion on November 5, 2018 in Hamburg, Germany. (Photo by Oliver Hardt/Bongarts/Getty Images)
Die deutschen Fanszenen protestierten mit einem Aktionsspieltag gegen die Verbände | Foto: Oliver Hardt/Bongarts/Getty Images

Von den „Football Leaks“ dürften die meisten Fußballfans mittlerweile schon einmal gehört haben. Darum geht’s: Zunächst veröffentlichte eine anonyme Gruppe auf einer gleichnamigen Website interne Dokumente aus der Fußballwelt. Vor allem Spielerverträge deckten die Aktivisten zunächst für die Öffentlichkeit auf. Aber parallel sammelten sie weiter Dokumente und Informationen, die einen Einblick in die Branche, der weit über Jahresgehälter der Hauptdarsteller hinaus ging, ermöglichten.

Im Jahr 2016 entschied sich das Team von „Football Leaks“ dann dazu, enorme Datenmengen an ein Journalisten-Netzwerk rund um „Spiegel“-Autor Rafael Buschmann zu übergeben. Die folgenden Recherchen brachten schnell Cristiano Ronaldo und andere Superstars in Bedrängnis. Die Steuertricks der ganz großen Kicker wurden aufgedeckt, heftige Nachzahlungen und Bewährungsstrafen ausgesprochen. Doch „John“, wie sich Buschmanns „Football Leaks“-Kontaktmann nennt, und seine Mitstreiter ließen offenbar nicht locker – und lieferten weiterhin Daten an den „Spiegel“-Reporter und somit auch an das Recherchenetzwerk „European Investigative Collaborations“. Über 80 Journalisten sind nunmehr damit befasst, das Material auszuwerten. Nun haben sie wieder neue Ergebnisse vorgestellt.

Erneut belegt “Football Leaks” schmutzige Deals

Erneut kann das Recherchenetzwerk mit Hilfe der „Football Leaks“ belegen, wie schmutzig das Fußball-Business und wie pervertiert die Planspiele der Mächtigen sind. Die im “Spiegel” beschriebenen Hinterzimmer-Strukturen – ob bei FIFA und UEFA oder Manchester City und Bayern München – sind nichts Unvorstellbares. Aber sie wurden selten so genau belegt. Einen echten Aufschrei gibt es deshalb aber nicht: Niemand geht offenbar noch von sauberen Geschäftspraktiken im Fußball aus. Wer die mächtigen Fußballverbände für blütenweiß-strahlende Institutionen hält, muss in den letzten Jahren schließlich ziemlich viel nicht mitbekommen haben. Und an einen fairen Wettbewerb glauben auch maximal nur noch diejenigen, die vor lauter Taurin in der Birne ohnehin kaum noch klar denken können.

Den Traum vom sauberen Fußball und Fairness haben viele Anhänger und Begleiter der Branche daher schon lange begraben. Und so überrascht es manche vielleicht auch gar nicht, dass der FC Bayern sich laut „Spiegel“-Recherche an geheimen Planungen für eine „Super League“ beteiligt hat – oder noch immer daran beteiligt ist. Die UEFA ist bei den Planspielen der europäischen Top-Clubs nicht eingebunden, dass mittelgroße oder kleine Vereine irgendwie Zugriff auf diese „Super League“ bekommen, ist ebenfalls nicht vorgesehen. Wirtschaftlich gesprochen bedeuten die Planspiele der Großen schlichtweg: Die an der Planung beteiligten Top-Clubs wollen niemand etwas vom Kuchen abgeben, sondern selbst regeln, wer für welche Leistung wie viel Kohle einstreichen kann.

Die Umsätze der „Super League“-Clubs würden so noch einmal nach oben schnellen. Die von der UEFA ausgerichtete, zumindest noch auf dem Papier für jeden Verein erreichbare Champions League als bisherige „Königsklasse“ im europäischen Fußball wäre wohl Geschichte – oder hätte den Stellenwert, den jetzt bereits die Europa League bei vielen Vereinen auf Grund der vergleichsweise geringen Erlöse besitzt. Das wiederum würde die nationalen Ligen entwerten: Schließlich ginge es in der Bundesliga nur noch um die Deutsche Meisterschaft und die Qualifikation für den Champions-League-Nachfolger. Also den neuen zweitklassigen Europapokal abseits der allmächtigen „Super League“. Finanziell wäre die neue Eliteklasse laut den vom „Spiegel“ aufgedeckten Plänen abgekoppelt – die Creme de la Creme würde also ihr eigenes Ding machen.

“Super League” statt Bundesliga?

Die Bayern würden also in der Bundesliga antreten, gleichzeitig aber der UEFA den Rücken kehren und stattdessen parallel in der „Super League“ auflaufen. Finanziell wäre der Rekordmeister damit noch unerreichbarer, als er es heute für die meisten nationalen Konkurrenten bereits ist. Der Verbleib in der Bundesliga scheint für die Münchner allerdings gar kein unbedingt notwendiges Szenario zu sein – im Zuge der „Super League“-Planungen, die in einer ersten Variante offenbar seit 2016 im Hintergrund liefen, wurde vom FC Bayern laut “Spiegel” auch geprüft, ob und wie man die Bundesliga verlassen könnte, um sich der selbst gestalteten Goldgrube „Super League“ anschließen zu können.

„Das ist eine Falschmeldung“

Mittlerweile beteuert man in München zwar, weder Bundesliga- noch UEFA-Ausstieg kämen in Frage. Gleichzeitig ist der Berichterstattung zufolge bei Real Madrid aber ein aktuelles Dokument durchgesickert, in dem sich namenhafte Top-Clubs noch im November bindend bereit erklären sollen, eine „Super League“ zu gründen – ab dem Jahr 2021 und ohne Beteiligung der UEFA. Auch der FC Bayern München wird dort aufgeführt. Borussia Dortmund hingegen ist als Gastmannschaft der neuen Liga vorgesehen. Eine skurrile Konstruktion, die vermutlich nur dazu dient, dass die „Super League“ nicht mit EU-Recht kollidiert. Ein geschlossenes System ohne Auf- bzw. Abstiegsmöglichkeiten könnte für Ärger mit den Gesetzeshütern sorgen, daher hat man wohl die Option mit wechselnden Gastmannschaften entworfen.

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In München will man davon freilich nichts wissen. „Das ist eine Falschmeldung“ kommentierte Uli Hoeneß am Samstag bei „SKY“. Auch Karl-Heinz Rummenigge weißt derartige Planungen von sich. Dass man über eine „Super League“ nachgedacht habe, sei seit 2016 bekannt. Man habe die Pläne aber verworfen. Der Vorstandschef der Bayern sei daher „irritiert“ ob der Berichterstattung, ließ er ebenfalls den TV-Sender “SKY” wissen.

Bemerkenswert beim Verhalten der Bayern-Bosse: Noch vor wenigen Wochen hatten sie eigens eine Pressekonferenz einberufen, um der Presse dort dann zu erklären, dass man ab sofort gegen alle Falschmeldungen und Unwahrheiten vorgehen werde und sich das alles nicht mehr gefallen lassen wolle. Von juristischen Schritten gegen den „Spiegel“ war in den ersten Reaktionen von Rummenigge und Hoeneß nun jedoch nicht die Rede.

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