Die Leipziger Millionentruppe ist in der letzten Saison aufgestiegen und pflügt seitdem mit großen Schritten durch die deutsche Fußballlandschaft – einen Platz in der Bundesliga-Spitzengruppe inklusive. Möglich macht das ein Konstrukt, das einzigartig im deutschen Fußball ist. Mit der Lizenz eines unterklassigen Vereins holte sich Red Bull zunächst die Spielberechtigung und pumpte „Rasenball“ dann kontinuierlich auf. Mit einem Fußballverein im eigentlichen Sinn hat das Ganze natürlich nicht einmal auf dem Papier noch großartig etwas zu tun, mit sportlicher und finanzieller Fairness hatte es das ohnehin nie.
Nicht einmal zwanzig Mitglieder hat der „Club“ derzeit – was Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz von der Mitbestimmung anderer hält, lässt sich aber ohnehin gut am Beispiel „Servus TV“ erahnen. Als die Belegschaft des hauseigenen Fernsehsenders die Gründung eines Betriebsrates in die Wege leitete, beschloss der Brause-Boss kurzerhand den Laden einfach dicht zu machen.
RB Leipzig: Nicht nur formal außergewöhnlich
Doch nicht nur rein formal ist RB Leipzig außergewöhnlich. Dass sich – bis auf ein paar Ausnahmen – alle anderen Vereine ihr Geld (sofern überhaupt vorhanden) erarbeiten mussten, während es in Leipzig anders herum abläuft, soll das Bild von RB jedenfalls nicht prägen – wenn es nach den Machern geht. Deshalb hat der Brausegigant auch viel springen lassen, um die grundsätzliche Problematik seiner Existenz mit glitzerndem Lametta zu verhüllen.
Nicht nur, dass man in Leipzig gerne auch mal Studien in Auftrag gibt, bei denen „RB interessierte“ Menschen gefragt werden, ob sie die Leipziger mögen und dann – oh, Wunder – auch noch großteilig mit „Ja“ antworten. Nein, man hat auch keine Kosten und Mühen gescheut mit einem hochmodernen Nachwuchszentrum für ein positives Image zu sorgen. Und natürlich hat man sich in Fuschl am See die ostdeutsche Großstadt nicht ohne Hintergedanken als Franchisenehmer ausgesucht. Endlich wieder Fußball im Osten, toll oder? Wen interessiert da schon noch, ob das ganze vor allem dazu dient, noch mehr Plörre zu verkaufen? Dass sich die Fans der sogenannten Traditionsvereine gegen RB wehren würden, war den Leipzigern, die nicht viel dem Zufall überlassen, natürlich trotzdem von vornherein klar.
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RB-Manager Ralf Rangnick hat mit der Materie ohnehin ausreichend Erfahrungen: Auch beim Aufstieg von Mäzen-Projekt 1899 Hoffenheim war der jetzige Leipzig-Macher beteiligt. Und er wusste auch damals schon, wie man Debatten steuert. Statt einer Diskussion über die ebenso fragliche Legitimität der Hoffenheimer gab es ganz schnell eine darüber, ob und in welchem Ausmaß Geldgeber Dietmar Hopp angefeindet werden dürfe, oder nicht. Der Mäzen selbst zeigte sich fleißig persönlich betroffen von den Beleidigungen, gleichzeitig wurde auffällig oft über die wohltätigen Spenden Hopps berichtet – und schon konnte man sich als zu Unrecht angefeindeter Wohltäter positionieren.
Kick it like Hoffenheim
Wie auch damals die Hoffenheimer erleben die Leipziger nun einen sportlichen Höhenflug, setzen dabei auf junge, aufregende Spieler und positionieren sich so als Bereicherung für die Bundesliga. Mit dem Verweis auf mögliche künftige Nationalspieler aus dem Leistungszentrum auch für den DFB. Sobald sich Verantwortliche anderer Vereine kritisch über das Vorgehen in Leipzig äußern oder es Proteste von anderen Fanszenen gibt, diskutiert man bei RB aber lieber ganz schnell über die Anfeindungen, die man aushalten müsse oder den vermeintlichen Kommerz der anderen.
Oliver Mintzlaff nutzte natürlich auch nach dem Duell mit dem BVB die Gelegenheit und warf den Dortmundern vor, dass man „mehr Kommerz als beim BVB gar nicht finden könne.“ Perfider noch erklärte der RB-Vorstandschef: „Wir haben hier in Dortmund einen Präsidenten mit Herrn Rauball, der auch in der DFL verantwortlich ist. Da haben wir uns schon gewünscht, dass man damit etwas sorgfältiger und fairer umgeht.“
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