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Meinung

Stillstand gleich Rückschritt?

Peter Stöger und Jörg Schmadtke sind auffallend häufig dazu gezwungen, sich zu vermeintlichen Transfers zu äußern. Panik muss noch nicht ausbrechen, doch Sorgen sind berechtigt.

Foto: Dennis Grombkowski/Bongarts/Getty Images

Mit dem Sprichwort „Stillstand ist Rückschritt“ ist es wie mit dem Transfergebaren, das sich Jahr für Jahr in den besten Fußballligen der Welt abspielt. Keiner weiß so recht, vom wem das Sprichwort stammt. Namen werden viele gehandelt. Erich Kästner, Konfuzius oder Sepp Herberger werden als Urheber der Floskel herangeführt, bestätigen lässt sich allerdings kein Name.

Der glorreiche 1. FC Köln hat in den letzten Jahren zumeist entgegen den Gesetzen der sommerlichen Gerüchteküche gearbeitet. Landete die Meldung, dass der effzeh an der Verpflichtung eines Spielers interessiert sei, früher schon zum Zeitpunkt des ersten Telefonats in der Presse, wurden Spielerwechsel in den letzten Jahren zumeist erst publik, als der betroffene Spieler bereits zum Medizincheck in der Domstadt verweilte.

Hin und wieder verpflichtete der effzeh auch Spieler, deren Namen zuvor kein einziges Mal mit dem Verein in Verbindung gebracht wurden, so wie es im letzten Jahr bei Leonardo Bittencourt der Fall war. Und auch in diesem Jahr schien wieder alles seine gewohnte Bahn zu gehen. Schon während der abgelaufenen Saison wurde beinahe heimlich mit Marco Höger ein Spieler mit Champion-League-Erfahrung präsentiert. Verglichen mit den Resultaten der letzten Jahre schien das erst der Anfang zu sein.

Einige Monate später ist die bereits im Februar getätigte Höger-Verpflichtung allerdings noch immer der Höhepunkt der kölschen Transferphase vor der Saison 2016/2017. Dass der verletzungsanfällige Ex-Schalker bis hierher der Königstransfer ist, liegt vor allem daran, dass es weiterhin nicht gelungen ist, sich auf einer der zentralen Mittelfeldpositionen entsprechend zu verstärken.

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Überraschung wie Bittencourt?

Es bleibt ganz richtig festzustellen, dass der 1. FC Köln in diesem Sommer nicht geschwächt wurde. Trotz aller Gerüchte um Horn, Hector und Modeste konnte der effzeh seine in ganz Europa gefragten Leistungsträger halten, verlor mit Yannick Gerhardt lediglich einen vermeintlichen Stammspieler und rüstete in Person von Konstantin Rausch und Artjom Rudnevs gerade hinsichtlich der Bundesligaerfahrung noch einmal nach. Der so wichtige Kern wurde zusammengehalten.

Nun macht man in Köln trotz allem Understatement keinen Hehl daraus, dass man nicht dauerhaft weiter gegen den Abstieg spielen will. Das Wort Europa wird zwar nicht in den Mund genommen, erscheint aber nach einem neunten Platz im letzten Jahr nicht mehr so fern.

So rechnete man bis zuletzt mit mindestens einem Transfer der Größenordnung Bittencourt, um den effzeh qualitativ und quantitativ nach vorne zu bringen. Geschehen ist, auch dank der Sturheit eines fehlgeleiteten Mäzens, noch wenig. So bleibt Fans des 1. FC Köln nur die Hoffnung auf einen weiteren Transfer aus dem Nichts.

Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images

Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images

Ausfälle ein Problem

Angesichts der ungewohnt hochfrequent auftauchenden Wasserstandsmeldungen Jörg Schmadtkes zu den Gerüchten um Salif Sane und zuvor auch zum Transfer von Sehdou Guirassy erscheint es aber zunehmend unrealistisch, dass man noch einen bislang nicht genannten Spieler in der Hinterhand hat. Peter Stöger erklärte die Transferperiode sogar schon für beendet.

Sollte dies der Fall sein, muss der gemeine effzeh-Fan nicht in Panik ausbrechen. Leistungstechnisch sollte der einzig wahre Karnevalsverein den Abstieg wieder vermeiden können. Vom mittlerweile unfassbar breiten Bundesliga-Mittelfeld zwischen den Rängen 8 und 16 konnte man sich aber in diesem Sommer auch nicht absetzen, weswegen ein Jahr in den unteren Tabellenregionen nicht völlig abwegig erscheint.

So hatte der effzeh beispielsweise in den beiden letzten Spielzeiten kaum Verletzungen von Schlüsselspielern zu beklagen. Ein längerer Ausfall von Jonas Hector könnte wohl noch aufgefangen werden, eine Verletzungspause von Anthony Modeste möchte man sich dagegen nicht ausmalen. Zoller, Osako und Rudnevs passen kaum in ein System mit einer einzigen Spitze, Guirassy sollte vielleicht nicht umgehend als Alternative eingeplant werden. [perfectpullquote align=”right” cite=”” link=”” color=”” class=”” size=””]”So richtig und wichtig es ist, vor allem die Entwicklung im eigenen Kader voranzutreiben und jungen Spielern wie Salih Özcan eine Chance zu geben, bräuchte es mindestens eines weiteren hochwertigen Mittelfeldspielers, um einen Schritt nach vorne zu machen.”[/perfectpullquote]

Leistungssprung scheint auszubleiben

Gerade im Hinblick auf das System wird der Aspekt des Stillstands aber besonders deutlich. Trotz der vermeintlich dauerhaften Umstellung auf eine Dreierkette hat sich die Hauptproblematik der fehlenden Kreativität aus dem zentralen Mittelfeld heraus weiter nicht geändert. Auch der physisch starke und technisch ansprechende Sechser, der dem effzeh derzeit fehlt und den Sane sehr gut verkörpert hätte, wurde weiterhin nicht gefunden.

Peter Stöger hat in den letzten beiden Spielzeiten gefühlt das Maximum aus der eigenen Mannschaft herausgekitzelt. Angesichts des derzeit vorhandenen und wenig aufgebesserten Personals dürfte ein Leistungssprung hinsichtlich Spielkultur, Zielstrebigkeit, Chancenkreierung und -verwertung nicht erwartet werden.

So richtig und wichtig es ist, vor allem die Entwicklung im eigenen Kader voranzutreiben und jungen Spielern wie Salih Özcan eine Chance zu geben, bräuchte es mindestens eines weiteren hochwertigen Mittelfeldspielers, um einen Schritt nach vorne zu machen und nicht im Sog der Mittelfeldteams zu ersticken. So wenig Europapokal-Ambitionen noch immer bringen, so falsch ist es aber auch, sich auf den eigenen Lorbeeren auszuruhen.

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